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Die Dorfkirche ist ihr zur Heimat geworden

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Die Dorfkirche ist ihr zur Heimat geworden

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    "Ego sum via, veritas, vita", "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben", diesen Altarspruch aus der Riedener Kirche hat sich Mesnerin Anni Klingler für ihr Leben zu eigen gemacht. Im Gottesdienst am Sonntag wird sie nach 20 Jahren als Mesnerin verabschiedet. Fotos: Lorenz
    "Ego sum via, veritas, vita", "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben", diesen Altarspruch aus der Riedener Kirche hat sich Mesnerin Anni Klingler für ihr Leben zu eigen gemacht. Im Gottesdienst am Sonntag wird sie nach 20 Jahren als Mesnerin verabschiedet. Fotos: Lorenz

    Auch im Dorf fühlt sich Anni Klingler längst daheim. "I bin jetzt a Riadamere", sagt sie aus vollem Herzen, "i bin geara in Riada!" Als zehntes von zwölf Kindern wurde Anni in Burlafingen (Landkreis Neu-Ulm) geboren, in die streng katholische Familie Wiedenmann hinein. Den Vater, der 50 Jahre lang mit Leib und Seele Mesner war, hat sie als Kind oft in die Kirche begleitet. Ministrantin wäre die kleine Anni gern geworden, aber für Mädchen war der Altardienst seinerzeit undenkbar. Dass sie Jahrzehnte später als Mesnerin für eine Kirche sorgen würde, ahnte sie damals noch nicht.

    Die Heirat führte die junge Frau nach Rieden, wo sie 30 Jahre im Spenglerei- und Installationsbetrieb ihres Mannes nach Kräften mithalf. "Ich bin in ein Haus gekommen, wo keine Kirchgänger waren", sagt sie, "aber ich habe eine gute Familie gefunden. Wir waren und sind immer füreinander da." Und so fand die junge Frau und Mutter von drei Kindern trotz aller Arbeit in Betrieb und Familie doch die Zeit zum Kirchgang, engagierte sich schließlich auch im Pfarrgemeinderat.

    Als Pfarrer Johann Kummer fragte, ob sie Aushilfsmesnerin werden wolle, "konnte ich nicht gut Nein sagen", berichtet Anni Klingler, und nach sieben Jahren übernahm sie das Amt ganz.

    "Die Nähe vom Altar muss man mögen", sagt sie und fügt an: "Sie bedeutet mir alles. Es ist die Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten." Die 75-Jährige hält kurz inne und fasst zusammen, was ihr der Mesnerdienst bedeutet: "Es ist der Herrgott in der Nähe!"

    Damit ist für Anni Klingler alles gesagt. Darin eingeschlossen ist der ehrfürchtige Umgang mit den Gegenständen, die sie für den Gottesdienst herrichtet, auch die Freude an der Ministrantenschar, die mittlerweile von 32 auf 14 Kinder und Jugendliche geschmolzen ist, und auf deren Gewänder Anni Klingler stets ein besonderes Augenmerk hatte. Drei prächtige Chorhemden mit breitem Spitzensaum gibt es für die Weihrauchträger in Rieden, 18 Kapuzen-Gewänder - und immer war die Mesnerin darauf bedacht, dass jeder Einzelne aus der Ministrantenschar ein passendes Gewand hatte. "Meine Kinder", sagt sie und erinnert sich an gemeinsame Feste und daran, dass sie so manchem Ministranten auch in Kummer und Problemen beistehen durfte.

    Auch ihr selber "hat die Kirche viel geholfen", sagt Anni Klingler und denkt an schwere Zeiten in ihrem Leben. Ihren Mann hat sie früh verloren, den kranken Schwiegersohn pflegt sie seit vielen Jahren treu in ihrem Haus. Nein, Antwort auf die Frage nach dem "Warum?" habe ihr der Glaube nicht unbedingt gegeben, sagt Anni Klingler, aber wenn in ihrer Kirche alles geordnet und gerichtet war, dann hat sie sich gern in eine der letzten Bankreihen gesetzt, war zufrieden und mit sich im Reinen. "Dann kannst du beten", sagt sie.

    Das Gebet hat ihr Kraft zum Tragen der Lebenslasten gegeben. Denn die, davon ist die Riedener Mesnerin überzeugt, darf man nicht einfach an Gott abgeben wollen: "Man muss schon auch tragen."

    Dabei hat Anni Klingler sich Zuversicht, Freude und Offenheit bewahrt. Sie baut weiter fest auf den Zusammenhalt in der Familie und freut sich auf ihr erstes Urenkelkind. Vielleicht kann sie bei der Hochzeit der Enkeltochter ja ausnahmsweise noch einmal den Mesnerdienst versehen?

    Am morgigen Sonntag gibt Anni Klingler diese von ihr so geliebte Aufgabe ab an eine junge Frau aus dem Ort. Karin Ellenrieder wird dann dafür sorgen, dass zu den Gottesdiensten in Rieden alles bereit ist, die Kirche hüten und die liturgischen Geräte in Ehrfurcht verwalten.

    Dass es ihr nicht leicht wird, den Dienst am Altar und in der Kirche Sankt Mauritius und Gefährten und in der Dreifaltigkeitskapelle beim Friedhof abzugeben, ist im Gespräch mit der 75-Jährigen zu spüren. "Des war mein Leaba!", sagt sie.

    Und trotz der leisen Wehmut weiß sie ganz sicher: Auch wenn sie nicht mehr als Mesnerin in die lichte, freundliche Riedener Pfarrkirche kommt - in Sankt Mauritius hat Anni Klingler ihren Platz gefunden.

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