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Landkreis Günzburg: Corona reißt Wirtschaft im Kreis Günzburg in den Keller

Landkreis Günzburg

Corona reißt Wirtschaft im Kreis Günzburg in den Keller

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    So sah es wochenlang aus im Corona-Lockdown: Leere Stühle und Tische vor einem geschlossen Restaurant.
    So sah es wochenlang aus im Corona-Lockdown: Leere Stühle und Tische vor einem geschlossen Restaurant. Foto: Britta Pedersen/dpa

    Eine solche Kurvenlage kennen die Herren der Industrie- und Handelskammer (IHK) nicht – Weder Regionalvorsitzender Hermann Hutter noch Regionalgeschäftsführer Oliver Stipar noch Vizepräsident Roland Kober. Auch die weltweite Finanzkrise vor elf Jahren hatte nicht die weitreichenden Auswirkungen dieses Virus, heißt es übereinstimmend während des Pressegesprächs zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise, zu dem die Wirtschaftskammer geladen hatte.

    Denn nun sind wirklich alle betroffen: Viele Firmen haben Kurzarbeit angemeldet, weil sie damit vermeiden wollen, Mitarbeitern zu kündigen. Die Beschäftigten haben weniger Geld in der Lohntüte beziehungsweise auf dem Konto. Der Handel profitiert nicht in dem Maße nach der Lockerung der Corona-Einschränkungen, wie vielleicht gehofft worden war. Verbraucher sind nach wie vor eher zurückhaltend.

    Ein Drittel hält die Geschäftslage für gut

    Das alles spiegelt sich auch in der Lage und den Perspektiven wider, die Unternehmer aus dem Landkreis Günzburg in der Frühjahrsumfrage der IHK angegeben haben. Danach beurteilt nur noch ein knappes Drittel der Teilnehmer (32 Prozent) die Geschäftslage als gut. Im vergangenen Herbst, also in der Vor-Corona-Zeit, waren das noch zwei Drittel (66 Prozent). Noch viel deutlicher fällt der Negativ-Wert aus. 28 Prozent betrachten die Geschäftslage im Frühjahr 2020 als „schlecht“. Vor einem halben Jahr hatten das lediglich drei Prozent getan.

    Hermann Hutter braucht weniger Bürokratie, nicht mehr.
    Hermann Hutter braucht weniger Bürokratie, nicht mehr. Foto: A. Kaya

    Die Krise wird eine längere Zeit noch nicht überwunden sein. So schätzen es jedenfalls diejenigen ein, um deren Meinung die IHK gebeten hatte. Dass demnächst wieder bessere Geschäfte gemacht werden, daran glauben 14 Prozent. Allerdings lag im Herbst 2019 der Wert mit zwölf Prozent noch niedriger. Deshalb hellen sich die Geschäftserwartungen aber nicht auf. Denn dass es sich weiter verschlechtern wird, davon gehen 42 Prozent der antwortenden Unternehmer aus. Der Saldo (Verbesserung abzüglich der Verschlechterung) liegt bei minus 28 und ist damit noch schlechter als der in ganz Schwaben (minus 21). „Das wird ein steiniger Weg bleiben“, ist sich Hutter sicher.

    Besonders gebeutelte Branchen: Tourismus und Energie

    Von den Branchen ist – wenig überraschend – der Tourismus und die Gastronomie besonders gebeutelt. Für Westschwaben, so definiert die IHK die Landkreise Günzburg und Neu-Ulm, liegt dieser Saldopunkt bei einem Minus von 96. Der Durchschnitt der Gesamtwirtschaft beträgt minus 3. Weiterer Corona-Verlierer der jüngsten Vergangenheit ist der Einzelhandel trotz der Zuwächse im Lebensmittelbereich (-36). Die Industrie beurteilt die aktuelle Geschäftslage (-8) ebenfalls negativ. Die Exportorientierung spielt dabei nach Ansicht der Fachleute eine Rolle.

    Eine pessimistische Einschätzung, wenn man nach vorne blickt, betrifft den Großhandel (-36), gefolgt von der Industrie (-29; Hutter: „Da müssen Lieferketten erst wieder repariert werden“) und dem Tourismus beziehungsweise der Gastronomie.

    Am besten steht derzeit die Bauwirtschaft da (+38), wobei sich die Erwartungen eintrüben. Die öffentliche Hand ist der größte Auftraggeber für diesen Wirtschaftszweig. Wenn die Kommunen sich nach der Decke strecken müssen, weil die Steuereinnahmen längst nicht mehr so sprudeln werden wie vor Corona, werden auch Investitionen verschoben – und die Auftragsbücher der örtlichen Baufirmen werden nicht mehr so gefüllt sein.

    Mehr als die Hälfte rechnet mit weniger Umsatz

    Drei von zehn Unternehmern in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm gehen davon dass, dass ihr Umsatz konstant bleiben wird, acht Prozent rechnen mit einer leichten oder moderaten Verbesserung. 56 Prozent hingegen rechnen mit weniger Umsatz, der für sechs Prozent sogar um mehr als die Hälfte einbrechen soll. Noch sind die IHK-Betriebe in der Region zahlungsfähig. 82 Prozent sahen ihren Liquiditätsstatus Ende April als gut oder befriedigend an. Personalanpassungen gab es wegen der schwächeren Nachfrage in der Corona-Krise dennoch bei 42 Prozent der Unternehmen. Dabei sind die wichtigsten Instrumente die Beantragung von Kurzarbeit, die Nutzung flexibler Arbeitszeitmodelle und die Streichung von Stellen. Nach dem Ausscheiden von Mitarbeitern werden diese nicht wiederbesetzt.

    Roland Kober lobt die Bundesregierung für ihre Impulse.
    Roland Kober lobt die Bundesregierung für ihre Impulse. Foto: A. Kaya

    Der Fahrplan der Lockerungen für die meisten Branchen mache die Situation in der Krise für die Wirtschaft „etwas kalkulierbarer“, sagt der IHK-Regionalvorsitzende Hutter. Er wünscht sich in einer solchen Lage (unterbrochene Lieferketten, fehlende Absatzmöglichkeiten, stark rückläufige Auftragseingänge, anspruchsvolle Hygienekonzepte, ein reibungsloser Grenzübertritt ist noch nicht überall möglich), dass Bund und Land Bürokratieabbau nicht nur auf dem Papier stehen haben. Ein Beispiel für ein unnützes Mehr an Bürokratie ist Hutter zufolge die Kassenbonpflicht für den Bäcker oder Metzger um die Ecke.

    Lob für die Bundesregierung - und eine Forderung

    Vizepräsident Roland Kober lobte die Bundesregierung für ihr auf den Weg gebrachtes Konjunkturprogramm (insgesamt 57 Einzelpunkte), das die Wirtschaft stütze, und für die Soforthilfen. Er plädierte als Vertreter seiner Wirtschaftskammer für eine rückwirkende Senkung der Unternehmenssteuern, wie das auch drei von vier Befragte in Westschwaben tun.

    Regionalgeschäftsführer Oliver Stipar schließlich appellierte an Firmeneigentümer und Schulabsolventen gleichzeitig, die Ausbildung nicht aus den Augen zu verlieren. Bisher gebe es im Vergleich zum Vorjahr ein beachtliches Delta – auch weil die analoge Welt gelähmt war: Jobmessen und die Qualität der geknüpften Kontakte dort könnten nur schwer ersetzt werden.

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