Diesen Augenblick werden die zwei jungen Polizisten so schnell nicht vergessen. Als sie am Sonntag um kurz nach 18 Uhr im Starkregen in ihrem Streifenwagen auf der A8 zwischen Burgau und Zusmarshausen unterwegs sind, schleudert plötzlich ein Auto rechts an ihnen vorbei, überschlägt sich mehrfach im Bereich der Böschung und bleibt dann auf dem Dach liegen. Die zwei Beamte halten sofort an, rennen zur Unglücksstelle und kümmern sich um die fünfköpfige Familie, die zum Teil schwer verletzt wurde. Werner Schedel, Leiter der Autobahnpolizeistation (APS) Günzburg, mag sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn seine Kollegen nicht so schnell vor Ort gewesen wären und Hilfe geleistet hätten. Dass es an diesem Tag nicht der einzige Unfall war, sondern es im Einsatzgebiet der APS an die zehn Mal gekracht hat, macht Schedel noch nachdenklicher: "Da fragt man sich schon, was wir als Polizei tun können." In den sozialen Medien wurde wieder der Ruf nach einem Tempolimit laut.
Werner Schedel spricht am Tag nach dem schweren Unfall von "mehreren Schutzengeln, die im Regen unterwegs waren" und dafür gesorgt hätten, dass der Unfall bei Burgau nicht tragisch endete. Einen davon hätten seine zwei Kollegen gehabt, beide 25 Jahre jung. Sie hätten "Riesenglück" gehabt, dass das hinter ihnen fahrende und ins Schleudern gekommene Auto nicht ihren Streifenwagen mitgerissen habe. Die fünfköpfige Familie wiederum habe Schutzengel in Form der Polizisten gehabt, die zufällig auf dieser Strecke unterwegs waren und sofort erste Hilfe leisteten.
Unfall auf A8 bei Burgau: Drei Kinder können sich aus dem Fahrzeug befreien
"Es war eine sehr emotionale Situation", erzählt Schedel am Telefon. Doch die jungen Kollegen, die schon seit einigen Jahren im Dienst seien, hätten sehr abgeklärt reagiert. Drei Kinder im Alter von sieben, zehn und zwölf Jahren hatten sich nach dem Unfall, bei dem das Fahrzeug auf dem Dach liegen blieb, selbst aus dem Fahrzeug befreien können und liefen den Polizisten entgegen. Die zwei hätten sich sofort der Kinder angenommen und den Eltern geholfen.
Während der 51-jährige Fahrer aus dem Wagen gerettet werden konnte, war die 44-jährige Beifahrerin mit ihren Armen unter dem Fahrzeug eingeklemmt. Die Beamten hätten sie Schedel zufolge erstversorgt und stabilisiert, bis die Feuerwehr eintraf und die Frau befreite. Die Verletzten wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht. Verständigte Angehörige übernahmen die Betreuung der Kinder in den Krankenhäusern. Zeitweise war die A8 komplett gesperrt und der Verkehr wurde in Fahrtrichtung München in Burgau abgeleitet.
Vor seinen Kollegen zieht Werner Schedel seinen Hut ganz tief. "Das war eine super Sache. Das verdient ganz viel Lob." Er sei froh, ein so gutes Team um sich zu haben. Am Sonntag habe er jede Frau und jeden Mann gebraucht, da es im Einsatzgebiet auf der A7 und A8 reihenweise gescheppert hatte. "Es ist bitter, aber wenn es morgens anfängt zu regnen, dann schrillen bei uns alle Alarmglocken. Dann wissen wir, dass bald alle Mann raus müssen." Noch dazu war es das Ende eines verlängerten Wochenendes und das Ferienende in Bayern, der Rückreiseverkehr also hoch.
Tempolimit auf A8? Autofahrer verlassen sich auf die Technik der Autos
Doch obwohl alle vorgewarnt gewesen seien und eine Unwetterwarnung herausgegeben worden sei, habe es wie befürchtet gescheppert. Das größte Problem in Schedels Augen: Einige Autofahrer verließen sich zu sehr auf die Technik ihres Autos, auf ihre Fahrkünste und glaubten, auch im Regen nicht vom Gaspedal gehen zu müssen. Dass bei einem Unfall Bußgelder und Punkte in Flensburg verhängt würden, störe manche Autofahrer nicht. Er selbst verstehe es nicht, wenn Fahrer bei Starkregen und schlechter Sicht mit mehr als 140 Sachen über die A8 fahren. Gleichzeitig betont Schedel: "Wir reden hier von Einzelfällen. Nicht alle machen alles falsch."
Der Polizei bleibe nichts anderes übrig, als immer wieder daran zu appellieren, die Geschwindigkeit der Witterung anzupassen. Bei der Diskussion über ein Tempolimit, die vor allem in sozialen Netzwerken sofort wieder geführt wird, "halten wir uns bedeckt", sagt der APS-Leiter. Er persönlich hält wenig bis nichts von einer Geschwindigkeitsreduzierung. "Muss einem immer durch Ge- oder Verbote erklärt werden, was zu tun ist? Alle Autofahrer einzuschränken ist zu kurz gedacht."
Und selbst wenn an der Stelle, an der am Sonntag der schwere Unfall passiert, ein Tempolimit von 120 gelte, wäre es aus Schedels Sicht an einem regnerischen Tag mit einer Sichtweite unter 100 Metern indiskutabel gewesen, so schnell zu fahren. "80 wäre angepasst gewesen." Wer im Regen auf der Autobahn fahre, müsse mit Kopf fahren und müsse sich bewusst machen, dass die A8 keine Rennstrecke sei.
A8-Unfall bei Burgau: Leiter der Autobahnpolizei hält wenig von Tempolimit
So wenig Werner Schedel von einem Tempolimit auf der A8 hält, so sehr ist er von sogenannten Verkehrsbeeinflussungsanlagen oder Schilderbrücken überzeugt. Sie könnten vor Stau, aber auch vor extremen Wetterereignissen warnen. "Für die Verkehrssicherheit sind sie Gold wert", findet er. Die Polizei habe diese Anzeigen schon beim Ausbau gefordert, "wenn sie kommen, bin ich eine Spur optimistischer".
Ähnlich sieht es auch Robert Schmidt, Geschäftsführer der Autobahnmeisterei Pansuevia. Verkehrsbeeinflussungsanlagen seien äußerst wichtig, sie könnten helfen, Unfälle zu vermeiden, ganz könne man sie aber nie verhindern. Ein Tempolimit ist aus seiner Sicht "nicht zielführend". Die A8 sei nach Sicherheitsstandards so ausgebaut worden, dass man schneller als 130 fahren könne. Dabei gelte aber immer, die Geschwindigkeit der Witterung anzupassen.
Die Unfälle, die am Sonntag im Regen passiert seien, seien alle aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit und ohne Fremdeinwirkung passiert. Es handle sich nicht um Unfallschwerpunkte. "Mit der Natur, mit Regen oder Schnee, müssen wir leben, da hilft kein Schild der Welt", ist sich Schmidt sicher. Sonst müsse er jeden Tag ein neues Schild aufstellen, mal wegen Glatteis, mal wegen tiefstehender Sonne.
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