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Burgau: Landsknechte, Lagerleben und „Liebeszauber“ beim Historischen Fest

Burgau

Landsknechte, Lagerleben und „Liebeszauber“ beim Historischen Fest

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    Beim Historischen Fest wird das Mittelalter lebendig.
    Beim Historischen Fest wird das Mittelalter lebendig. Foto: Bernhard Weizenegger

    Journalisten zu verhaften ist inzwischen an der Tagesordnung. Auch in Gegenden, die einmal als zivilisiert beschrieben wurden. Nun ist in Burgau erneut ein Schreiberling während des Historischen Bürgerfests von den Stadtsoldaten eingekesselt und gefangen genommen worden. „Aber warum?“ will er wissen. Schließlich hingen keine Fahndungsplakate aus. Sie handelten nur auf Befehl, die Anklage werde später verlesen, heißt es. Also wird Christian Kirstges, noch mit Block und Stift in den Händen, in die Schandgeige gesperrt und muss hinter dem Gefängniswagen durch die Straßen der Stadt laufen. Zwar wird er nicht bequem kutschiert, aber von Vorteil ist, dass ein kleines Mädchen im Wagen sitzt, zeitweise sogar eine Banane kauend. Sie zieht die ganze Aufmerksamkeit des johlenden Volks am Straßenrand auf sich, vom Schreiberling nehmen nur wenige Notiz – aber mancher Vertreter von Stadt und Rat kann (und will) seine Schadenfreude nicht verbergen. Als Journalist macht man sich nun einmal nicht viele Freunde. So geht es durch die Altstadt und zurück zum Lager der Stadtsoldaten.

    Dort wird die Schandgeige entfernt. Wer die Wachen beauftragt hat und warum, bleibt ungeklärt, die Anklage wird nicht verlesen. Nachdem er einen Krug Wasser zum Trinken bekommen hat, darf der Schreiberling gehen. Einer der Soldaten muss ohnehin zum Entenzubereiten, ein anderer ist zum Stadttor abkommandiert, und so wird der kurzzeitige Gefangene zügig entlassen. Als Dank für die trotz der Umstände gute Behandlung lässt er ein paar Taler in die Schatulle der Stadtsoldaten wandern. Es hätte schließlich schlimmer sein können. Eine Kollegin weiß das nur zu gut...

    Vom Festumzug, zu dessen Teil er unfreiwillig geworden ist, hat er nur wenig mitbekommen. Dabei ist viel zu sehen gewesen. Edle Damen und Herren hoch zu Ross oder zu Fuß, Kinder, Ritter, Fahnenschwenker, Feuerspucker, Spielleute und viele mehr. Die Bewaffneten hatten sich in ihren Lagern gesammelt, so wie beispielsweise die Landsknechte vom Frundsbergfähnlein aus Mindelheim, die schon zum fünften Mal beim Historischen Fest dabei sind. Eine „lange und tiefe Freundschaft zur Burgavia“ verbindet sie mit Burgau, sagt Hauptmann Stefan Weber. Im unmittelalterlichen Leben ist er Großhandelskaufmann, das Interesse an der oft ungemütlichen Geschichte hat ihn dazu gebracht, ihr nachzuspüren. Die 40 Leute im Lager leben dort während der Festtage, essen und übernachten. Wenn danach zu Hause der Wasserhahn aufgedreht und das Licht angeknipst werden kann, ist das für alle eine Wohltat – anstrengend ist das Lagerleben schließlich allemal.

    Die Stadtsoldaten haben die jungen Mädchen entführt

    Das wissen auch die Konzenberger, die ihr Lager im Schlosshof aufgeschlagen haben. Am Samstagabend sind nur noch wenige dort anzutreffen. „Die Stadtsoldaten haben unsere jungen Mädchen entführt“, sagt die fast 80-jährige Manuela Hennig und lacht: „Die alten wollten sie nicht, Unverschämtheit.“ Seit fast 20 Jahren ist sie auf dem Fest dabei. Das Zelt der Konzenberger hat sie vor 16 Jahren selbst genäht. Davor versammeln sich Jung und Alt gerne, um mittelalterliche Lieder anzustimmen und saftige Steaks über ihrer Feuerstelle zu grillen. Während die Männer und Frauen in den Lagern natürlich in historischem Gewand unterwegs sind, fallen auf den Straßen auch viele in „zivil“ auf. Ändern können sie das am Stand der „flinken Nadel“ von Rudolf Fluhr aus Ehingen. Vor allem die Damen sind davon begeistert und so manche hat ihr neues Kleid direkt angezogen, sagt er. Für das Mittelalter interessieren sich ohnehin viele, weiß Fluhr, der auf vielen solchen Märkten unterwegs ist und sogar ganze Gesellschaften ausstattet, wenn in entsprechenden Gewändern Hochzeit gefeiert wird.

    Gegenüber verkaufen Sebastian Gubitz und Birgit Pointecker passende Accessoires für die Kleidung oder auch Dolche. Die sind in Burgau sehr beliebt, wie auch Trinkhörner und Spielzeug. An einem anderen Stand schenkt Jürgen Schmid von der Moosbacher Hexenküche Getränke aus. Met und Likör sind beliebt, „Liebeszauber“, „Hexentrunk“ und Ingwer gehen am besten. Gegenüber beim Burgauer Imker-Verein gibt es ebenfalls Met, aber natürlich auch Honig und den Imkertrunk. Das ist Apfelmost mit Honig, erklären Kurt Neumann und Valerio Filippini.

    Die Greifvögel sind die Attraktion im Schlosshof

    Etwas für die Ohren bekommt, wer sich Richtung Schlossberg begibt. Dort trägt der Ritterpoet Dentatus vom Eichberg seine Verse von Eifersucht, Ungeheuern und dem schwäbischen Dialekt vor. Zahlreiche Besucher lauschen, lachen und klatschen – auch wenn sie schon ganz genau hinhören müssen. Denn nur ein paar Meter weiter den Berg hinauf dröhnt Blasmusik aus dem Vorgarten der Tenne der Oberknöringer Drescher. Zur Musik drischt die Bauerngruppe das Korn.

    Im Schlosshof hat sich Martin Menter mit seinen Vögeln aus dem Greifvogelpark Konzenberg niedergelassen. Kuckuckskauz und Schleiereule sind auch nach 22 Uhr noch ein Besuchermagnet. Auf den Stufen vor den Toren des Museums steht Park-Helfer Horst Mischkolzi mit einem sibirischen Uhu auf dem Arm. „Taiga“ heißt er, wie seine sibirische Heimat, und lässt vor allem die Kinder staunen – zumindest bis sie vom „lustigen Sündgeklapper“ im Hof abgelenkt werden: dem Applaus, den die Feuerspucker für ihre Drachen-Show ernten. Den bekommt auch Ignis Fatuu. Die Mittelalter-Rockband hat hier „eines ihrer schönsten Konzerte“ gehabt.

    Die Fotos vom Wochenende sind hier in unserer Bildergalerie zu sehen.

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