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Autobahn: Mehr Unfälle durch fehlendes Tempolimit auf der A8?

Autobahn

Mehr Unfälle durch fehlendes Tempolimit auf der A8?

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    Auf der A8 sind viele Fahrzeuge mit sehr hohen Geschwindigkeiten unterwegs.
    Auf der A8 sind viele Fahrzeuge mit sehr hohen Geschwindigkeiten unterwegs. Foto: Bernhard Weizenegger

    10. Juni: Mit einem riskanten Fahrstreifenwechsel verursacht eine 19-Jährige bei Zusmarshausen einen Unfall mit einem Auto und einem Sattelzug. Die

    Diese Meldungen aus unserer Zeitung innerhalb der vergangenen Wochen sind nur einige Beispiele für folgenschwere Kollisionen auf der A8. Wovor mancher bereits vor der Fertigstellung der ausgebauten Strecke warnte, könnte sich nun bestätigen – doch führt das fehlende Tempolimit tatsächlich zu mehr und schwereren Unfällen?

    Kreisbrandrat Robert Spiller geht davon aus. Der oberste Feuerwehrmann im Landkreis Günzburg sagt, nach der Freigabe der Straße sei es zunächst etwas ruhiger gewesen, doch das habe sich inzwischen geändert. Er hat festgestellt, dass durch das höhere Tempo mehr passiert – und dass bei Regen die Gischt durch die Betonfahrbahn dichter, die Sicht also auch schlechter ist. Zudem würden die Fahrzeuge bei einem Unfall heute oftmals wie ein Ping-Pong-Ball zwischen Leitplanke und Betonwand hin- und hergeschossen, während sie früher eher im Gras gelandet seien. Aber vielen fehle auch die Vernunft, Fahrweise und Geschwindigkeit etwa an eine schlechte Witterung anzupassen. Da es während der Bauphase durch die Geschwindigkeitsbegrenzung weniger Unfälle gegeben habe, sagt er: „Es wäre zu überlegen, ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern einzuführen – zumindest probeweise.“

    Auch die Augsburger Berufsfeuerwehr sieht einen Zusammenhang

    Der Kreisbrandrat des Kreises Augsburg, Alfred Zinsmeister, vermag keine Einschätzung zu treffen. Friedhelm Bechtel von der Berufsfeuerwehr Augsburg hingegen ist durchaus der Ansicht, dass sich die Zahl der Unfälle häufe und die Folgen schwerer seien. „Die ausgebaute Fahrbahn verleitet zum Schnellfahren, es kann aber auch sein, dass einfach mehr los ist.“ Mit Zahlen belegen könne er seine Einschätzung allerdings nicht. Das Polizeipräsidium Schwaben-Nord, mit der Autobahnpolizei Gersthofen zuständig für den Abschnitt zwischen Adelzhausen und Burgau, hat Zahlen.

    Im Jahr 2005 gab es demnach in diesem Bereich 767 Unfälle mit 231 Verletzten und drei Toten, zehn Jahre später waren es 876 Unfälle mit 232 Verletzten und ebenfalls drei Menschen, die gestorben sind. Im Jahr 2010 allerdings, der Hochzeit des Ausbaus, krachte es knapp 1000 mal. Fast 300 Menschen wurden verletzt, fünf wurden getötet. Durch den Ausbau der Strecke ist auch die Verkehrsbelastung gestiegen, wodurch der Anstieg der Unfallzahlen nicht überproportional groß sei. Schwerpunkte, an den besonders viel passiert, gebe es auch nicht, erklärt Pressesprecher Manfred Gottschalk.

    Autobahn ist nach aktuellen Sicherheitsstandards ausgebaut

    Im Gebiet der Kollegen der Autobahnpolizei Fürstenfeldbruck, die weiter bis nach München zuständig ist, sind die Unfallzahlen nur leicht gestiegen, während der heißen Phase des Ausbaus hatten sie ein Hoch erreicht, was auch für die Zahl der Verletzten gilt. Ebenso sind die Unfälle, die das Tempo als Ursache hatten, im Langzeitvergleich relativ konstant geblieben. Und wie sieht es im Bereich der Autobahnpolizei Günzburg aus, die sich um den Abschnitt von Burgau bis Ulm/Elchingen kümmert? Dienststellenleiter Werner Schedel will erst einen längeren Zeitraum und damit belastbare Zahlen abwarten, bis er sich äußert, schließlich ging der Ausbau in seinem Zuständigkeitsbereich erst Ende September 2015 zu Ende.

    Die Autobahnbetreibergesellschaft Pansuevia mit Sitz in Jettingen-Scheppach, zuständig für den Bereich Ulm/Elchingen bis Augsburg, kann jedenfalls nicht bestätigen, dass mehr passiert als anderswo. Zudem sei die A8 nach aktuellen Sicherheitsstandards ausgebaut, an allen erdenklichen Gefahrenstellen wie Schildermasten gebe es Schutzplanken. Und zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen wurden bewusst Betonwände eingebaut, damit kein Lastwagen mehr durchbrechen kann. „Es gab sogar den Vorwurf, wir hätten zu viele Sicherheitseinrichtungen eingebaut“, sagt Geschäftsführer Robert Schmidt.

    Die Fahrer müssen selbst aufpassen

    Ob ein Tempolimit überhaupt etwas ändern würde, vermag er nicht zu sagen. Denn letztlich liege viel am Verhalten jedes einzelnen Fahrers, und die Geschwindigkeit werde eben oft nicht den äußeren Bedingungen angepasst. Auch nehme die Rücksichtslosigkeit zu, etwa durch Überholen auf dem Standstreifen. Diese Einschätzung teilt auch Hermann Wenzel, Chef von Autobahn Plus. Die Firma kümmert sich um den Abschnitt Augsburg-West bis München. Und dort beobachtet Wenzel, dass oft nicht einmal eine Rettungsgasse gebildet oder sie schnell wieder geschlossen werde. Alles in allem sei die A8 durch den Ausbau aber sicherer geworden.

    Ohnehin seien Autobahnen die sichersten Straßen, sagt Josef Seebacher von der Autobahndirektion Südbayern in München. Ein Tempolimit zu verhängen sei das letzte Mittel, „wenn einem nichts mehr einfällt“. Denn die Bereitschaft in der Gesellschaft, sich an Vorgaben und Regeln zu halten, nehme kontinuierlich ab, sie würden oft auch gar nicht mehr akzeptiert. Auch das unaufmerksame Verhalten der Fahrer, vor allem das Hantieren mit dem Smartphone am Steuer, mache der Behörde Sorgen. Grundsätzlich gebe es ja auch die Vorschrift, dass jeder zu jeder Zeit in der Lage sein müsse, rechtzeitig vor einem Hindernis zum Stillstand zu kommen – Tempolimit hin oder her. „Doch das weiß eben kaum noch jemand."

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