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Atommüll: Suche nach Endlager: Amtschef stellt sich Diskussion in Günzburg

Atommüll

Suche nach Endlager: Amtschef stellt sich Diskussion in Günzburg

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    Wolfram König informierte die Besucher im Forum am Hofgarten in Günzburg auch über die Geschichte der Endlagersuche.
    Wolfram König informierte die Besucher im Forum am Hofgarten in Günzburg auch über die Geschichte der Endlagersuche. Foto: Bernhard Weizenegger

    Bei einer Dialogveranstaltung zur Suche nach einem Endlager für atomaren Müll musste die Öffentlichkeit im Januar in Ulm draußen bleiben. Nur Vertreter von Städten, Gemeinden und Kreisen aus Bayern und Baden-Württemberg konnten mit Wolfram König, Präsident des Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), über das bedeutende Thema sprechen. Nun hatten in Günzburg auch Bürger Gelegenheit, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Auf Einladung der Bürgerinitiative (BI) Forum erklärte König im oberen Foyer des Forums am Hofgarten das Prozedere, bevor er sich Fragen stellte.

    Auch wenn der Termin in Ulm hinter verschlossenen Türen stattfand: Dem Bundesamt-Präsidenten ist es wichtig, bei der Suche nach einem Endlager möglichst alle einzubinden. Damals sei es einfach darum gegangen, dass die Teilnehmer ungeschützt ihre Sicht der Dinge kommunizieren konnten, sie hätten keine „Schaufensterreden“ halten wollen. Er schätze sehr, dass sich viele Menschen für die Umwelt einsetzen, auch wenn das Thema Atomkraft mit dem Ausstieg aus dieser Energieerzeugung bei vielen leider nicht mehr auf der Agenda stehe, insbesondere bei jungen Leuten. Aber die Proteste 1979 beim Gorleben-Treck, als Tausende gegen geplante Kernenergieanlagen bei Gorleben demonstrierten, seien vergleichbar mit den heutigen Demos von Schülern für den Klimaschutz.

    Stacheldraht und Betonmauern können kein Ersatz sein

    Auch wenn viele befürchten, dass die Zwischenlager an den Kraftwerksstandorten zum Endlager werden: König machte deutlich, dass Stacheldraht und Betonmauern eine geologische Schicht niemals ersetzen könnten (Lesen Sie hier: So geht es mit dem Atommüll-Lager Gundremmingen weiter ). Zumal unweigerlich die Situation eintreten werde, dass künftige Generationen irgendwann gar nicht mehr wüssten, was da lagert und wie gefährlich es ist. Heute wisse man auch nicht mehr genau, was vor 1000 Jahren war. Der Standort müsse auch deshalb so ausgewählt und die Anlage so gebaut werden, dass man die Möglichkeit zum Vergessen haben kann. Bis 2031 soll ein Endlager gefunden sein, für das bis Ende 2046 genehmigte Zwischenlager Gundremmingen wäre bei einer absehbaren Verlängerung dann ein neues Genehmigungsverfahren nötig.

    Weil nicht alle Politiker überhaupt Interesse an dem Thema hätten, sei es umso wichtiger, dass nicht nur sie, sondern auch Umweltschützer, Behördenvertreter und ganz normale Leute an der Suche beteiligt werden. So werde die Gesellschaft bestmöglich abgebildet. Weil momentan die Erfassung geologischer Daten im Vordergrund stehe, gebe es nicht viel, was kommuniziert werden kann. Das mache es für viele schwierig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Er prophezeite aber, dass der Zeitpunkt komme, an dem trotz detaillierter Informationen die Betroffenen sagen, sie wüssten von nichts.

    Die Veranstalter und Besucher verfolgen interessiert die Ausführungen.
    Die Veranstalter und Besucher verfolgen interessiert die Ausführungen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Kritik an der Haltung der Bayerischen Staatsregierung

    Es sei nicht förderlich für die Suche, nur von einer Belastung zu sprechen, so fördere man keine Akzeptanz. Man müsse es umkehren und würdigen, dass eine Region etwas für die Gesellschaft tue, wenn dort das Endlager eingerichtet wird – verbunden mit Förderungen etwa der wirtschaftlichen Infrastruktur. Es gehe nicht, wie es im Koalitionsvertrag der aktuellen Bayerischen Staatsregierung heißt, zu sagen, Bayern sei kein geeigneter Standort für ein Endlager. Hier sei viel Atomenergie und somit atomarer Müll erzeugt worden – dann könnten Regionen, wo das nicht der Fall ist, sich erst recht herausziehen. „Wir brauchen alle an Bord.“

    Wichtig sei, dass der fachliche Prozess am Ende nicht mit politischen Mitteln torpediert werde; es brauche einen breiten gesellschaftlichen Konsens, damit gerade Populisten keine Möglichkeit hätten, das Endlager zu verhindern. Dass sich irgendwann der Bundestag damit befassen muss, ohne jetzt zu wissen, wie er dann besetzt sein wird, gehöre aber zur demokratischen Grundlage, sagte König und griff eine Frage eines Besuchers auf. Und er unterstrich, ebenfalls auf Nachfrage, dass seine Besuche in bestimmten Regionen nichts damit zu hätten, dass diese für ein Endlager bereits in der engeren Wahl seien.

    Rosi Steinberger hat das Grußwort gesprochen.
    Rosi Steinberger hat das Grußwort gesprochen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Nur ein Vertreter der Grünen ist der Einladung gefolgt

    König stellte sich der Diskussion. Die Bürgerinitiative kritisierte jedoch, dass man das von den meisten im Landtag vertretenen Parteien und Gruppierungen nicht behaupten könne. Eingeladen worden seien Vertreter der CSU-, FDP-, SPD-, Grünen- und Freie-Wähler-Landtagsfraktion, nur Martin Stümpfig und Rosi Steinberger von den Grünen kamen. Fabian Mehring von den Freien Wählern sagte am Morgen der Veranstaltung ab, da der Ministerpräsident die Regierungsfraktionen in Sachen des Bienen-Volksbegehrens zusammengerufen habe und sich die Termine dann überschnitten hätten. Die AfD war nicht eingeladen, da man mit ihr über das Thema Atomenergie nicht diskutieren könne, sagte Uli Brenner aus dem Vorstand der BI.

    Das Foto zeigt den Abgeordneten Martin Stümpfig (Bündnis 90/Die Grünen).
    Das Foto zeigt den Abgeordneten Martin Stümpfig (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Bernhard Weizenegger

    Dabei waren als Zuhörer der Gundremminger Bürgermeister Tobias Bühler, der Augsburger Umweltreferent Reiner Erben, Walter Fuchsluger als Vertreter des Dillinger Oberbürgermeisters, Manfred Proksch aus dem Günzburger Stadtrat und die Dritte Bürgermeisterin Ruth Niemetz. Diese hätte für die Stadt Günzburg das Grußwort sprechen sollen, da Oberbürgermeister Gerhard Jauernig einen anderen Termin hatte. Doch BI-Vorsitzender Raimund Kamm wollte dafür nur den OB. Wenn es ihm nicht wichtig genug sei, dann brauche er auch sonst niemanden schicken, hatte er vor der Veranstaltung wissen lassen. Jauernig betonte, dass er das bedauere, aber es sei üblich, dass ihn ein Stellvertreter vertritt, wenn er andere Termine hat. Und nach der ersten Anfrage von Kamm mit mehreren Terminvorschlägen sowie der Antwort der Stadt, wann es beim OB nicht geht, habe er vom BI-Chef nichts mehr gehört. Dann sei die offizielle Einladung gekommen – in der für den Termin, an dem er nicht konnte, sein Grußwort angekündigt wurde.

    Günzburgs OB schreibt an den Umweltminister

    Ihm sei das Thema sehr wichtig, betonte der Oberbürgermeister gegenüber unserer Zeitung. So habe er auch kürzlich einen Brief an den Bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber geschickt. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. Darin heißt es unter anderem, ein Endlager sei eine unterirdische, geschützte Einrichtung. „Bei einem Zwischenlager ist eine entsprechende Sicherheit für einen Außenstehenden nicht auszumachen. Ich frage mich daher, wie es um die Terrorsicherheit des benachbarten Zwischenlagers in Gundremmingen bestellt ist.“ Es entziehe sich der Kenntnis benachbarter Kommunen, inwieweit ein erweiterter Schutz für die Anlage umgesetzt ist. „Sie haben sicherlich Verständnis, dass mich die Sorge um unsere Sicherheit gerade vor dem Hintergrund der teils beunruhigenden internationalen Entwicklungen umtreibt.“

    Diese Frage treibt auch die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag, Rosi Steinberger von den Grünen, um. Sie sprach bei der Veranstaltung im Forum das Grußwort – und sagte auch, dass es um eine größtmögliche Sicherheit beim Endlager, aber nicht um dessen Verhinderung gehen könne. In Sachen Zwischenlager betonte BfE-Chef König, dass die Sicherheit gewährleistet sei, man aus Gründen des Geheimnisschutzes aber nun einmal nicht alles öffentlich machen könne. Doch der Gesetzgeber arbeite daran, hier mehr Transparenz zu schaffen und gleichzeitig die Geheimnisse auch weiterhin sicher zu bewahren.

    Lesen Sie hier das Interview, das wir mit Wolfram König vor seinem Besuch in Günzburg geführt haben: Behördenchef König: "Zwischenlager können keine Dauerlösung sein"

    Informationen des BfE zur Endlagersuche finden Sie hier auf der Internetseite der Behörde

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