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Atomausstieg beschlossene Sache: Ausbildung in Gundremmingen: Start in eine (un)sichere Zukunft

Atomausstieg beschlossene Sache

Ausbildung in Gundremmingen: Start in eine (un)sichere Zukunft

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    Das Kernkraftwerk Gundremmingen.
    Das Kernkraftwerk Gundremmingen. Foto: Archivfoto: Weizenegger

    Sicherheit wird im Kernkraftwerk Gundremmingen groß geschrieben: Zahlreiche Kontrollen sind nötig, bevor Arbeiter ins Innerste, das Reaktorgebäude, gelangen. Diverse Sicherheitssysteme und Barrieren sollen vor der radioaktiven Strahlung, einer Naturkatastrophe oder einem Terroranschlag schützen. Doch wenn es um die Sicherheit von Arbeitsplätzen geht, dann ist das künftig anders: Die Bundesregierung hat beschlossen, dass Block B 2017 und Block C 2021 vom Netz gehen wird. Trotzdem beginnen heute 13 junge Menschen mit ihrer Ausbildung im Kernkraftwerk: In sechs Berufen werden sie ausgebildet.

    Eine von ihnen ist Lisa Trögele aus Ziertheim (Kreis Dillingen). Die 16-Jährige beginnt eine Ausbildung zur Bürokauffrau. „Ich freue mich schon richtig, dass es losgeht“, sagt sie. Vor allem auf die neuen Kollegen – und natürlich auf das erste Gehalt. Dass sie in einem Betrieb ausgebildet wird, den es in dieser Form in zehn Jahren nicht mehr geben wird, ist für die junge Frau nichts Besonderes. „Mein Vater und viele meiner Freunde arbeiten hier, ich selbst habe im Kraftwerk schon ein Praktikum gemacht“, erzählt sie.

    Als am 11. März im japanischen Fukushima die Erde bebte und vier von sechs Reaktorblöcken des dortigen Kraftwerks zerstört wurden, hatte Lisa ihre Zusage aus Gundremmingen längst bekommen. „Nach diesem schlimmen Unglück habe ich mich genauestens informiert“, sagt die 16-Jährige. Angst, selbst in einem Kraftwerk zu arbeiten, hat sie nicht. Denn ihre Ausbildung ist nicht speziell auf ihren Arbeitsplatz zugeschnitten.

    „Es gibt keine Kernkraftwerks-Bürokauffrau oder Ähnliches“, erklärt Angelika Rupp, Ausbildungsleiterin in Gundremmingen. Alle sechs Ausbildungsberufe – technische und kaufmännische – seien allgemein, die Inhalte und Abläufe von der Industrie- und Handelskammer vorgegeben. „Nur der Ort ist eben etwas Außergewöhnliches“, ergänzt Lisa. Mit einer kleinen Besonderheit: Vor der Einstellung müssen sich alle Mitarbeiter einer sogenannten Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen. Das bayerische Umweltministerium prüft dann, ob ein Bewerber geeignet ist, um in einem Atomkraftwerk zu arbeiten.

    Diese Hürde hat Lisa genommen – und sich zudem gegen 90 Mitbewerber durchgesetzt. Nun wird sie drei Jahre lang Einblicke in die Bereiche Personalwesen, Materialwirtschaft, Rechnungswesen und Datenverarbeitung bekommen. Auch danach ist für die Berufsanfängerin noch nicht Schluss: „Bereits im Vorstellungsgespräch garantieren wir jedem Bewerber, dass wir ihn nach Ende der Ausbildung befristet für ein Jahr übernehmen“, berichtet Angelika Rupp. Sie kümmert sich als Ausbildungsleiterin um die derzeit 49 Auszubildenden. „Das ist ein neuer Höchststand, so viele hatten wir noch nie“, sagt Rupp.

    Neben Bürokaufleuten werden im Kernkraftwerk Industriemechaniker, Elektroniker für Betriebstechnik, Informatikkaufleute der Datenverarbeitung, Köche in der Werksküche sowie Fachkräfte für Lagerlogistik im Bereich Materialwirtschaft ausgebildet.

    Auch nach Fukushima würden sich viele junge Menschen für eine Ausbildung in Gundremmingen interessieren. „Bei den Bewerberzahlen können wir bisher keine Veränderungen im Vergleich zu den Vorjahren feststellen“, sagt Rupp. Auch in den kommenden Jahren wird dort ausgebildet, 2012 gibt es zehn Stellen. Noch bis Ende September läuft die Bewerbungsphase.

    Zudem wird investiert: Im Herbst soll eine neue Schmiede eingeweiht werden, in der angehende Industriemechaniker die Warmbehandlung von Metallwerkstücken lernen, um für das Kraftwerk nötige Werkzeuge anfertigen zu können.

    Wie es in Gundremmingen nach 2021 weitergeht, wenn auch der zweite Block heruntergefahren ist, weiß derzeit noch niemand. Sicher ist, dass es weiterhin Arbeitsplätze geben wird, weil das Kraftwerk zurückgebaut werden muss. Viele junge Mitarbeiter, insbesondere die Auszubildenden, machen sich deshalb Sorgen um ihre berufliche Zukunft.

    An die Zeit nach der Abschaltung denkt Berufsanfängerin Lisa noch nicht. „Ich kenne wenige, die ihr Leben lang in einer Firma bleiben“, sagt sie. „Bis dahin ist noch viel Zeit, jetzt freue ich mich erst einmal auf die nächsten drei Jahre.“

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