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AKW Gundremmingen: Erleichterung bei Atomkraftgegnern: "Wir sollten das richtig feiern"

AKW Gundremmingen

Erleichterung bei Atomkraftgegnern: "Wir sollten das richtig feiern"

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    Seit 2001 wollten die Betreiber eine Genehmigung für eine Leistungserhöhung. Diese ist jetzt vom Tisch.
    Seit 2001 wollten die Betreiber eine Genehmigung für eine Leistungserhöhung. Diese ist jetzt vom Tisch. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Seit 24 Jahren gibt es für Thomas Wolf von der Mahnwache Gundremmingen jeden Sonntag einen festen Termin. Pünktlich um 15 Uhr steht der 52-Jährige vor den Toren des Kernkraftwerks

    Jetzt haben Wolf und die Atomkraftgegner aber zumindest einen Teilerfolg erreicht: Die Erhöhung der Leistung des Kernkraftwerks Gundremmingen ist vom Tisch. Die Kernkraftwerk Gundremmingen GmbH hat, wie gestern berichtet, den Antrag wegen der ablehnenden Haltung der bayerischen Staatsregierung zurückgezogen. Mehr Leistung aus einem Kernkraftwerk – das sei in Zeiten der Energiewende ein falsches politisches Signal, ließen Ministerpräsident Horst Seehofer und Umweltminister Marcel Huber wissen. Wolf macht dies glücklich: „Das ist ein Erfolg, den wir uns erhofft haben. Wir sollten das richtig feiern.“

    6700 Bürger sprechen sich gegen Leistungserhöhung aus

    Etwa 6700 Bürger hatten sich in einer Petition an den Landtag gegen die Leistungserhöhung ausgesprochen. Die Abgeordneten wurden aufgefordert, klar gegen die Erhöhung Stellung zu beziehen. Erst vorige Woche überreichten der Bund Naturschutz und das „Forum – gemeinsam gegen das Zwischenlager“ weitere 27000 Unterschriften. RWE und Eon, die das Kernkraftwerk betreiben, ruderten schließlich zurück und legten den Antrag aus dem Jahr 1999 auf Eis.

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    Dies sei aber „nur ein Etappenziel“, sagt Wolf. „Wir kämpfen weiter fürs Abschalten.“ So sieht es auch der Vorsitzende des Vereins Forum, Raimund Kamm: „Der laufende Betrieb des Kernkraftwerks Gundremmingen birgt große Risiken.“ Professor Wolfgang Renneberg habe jetzt in einer Studie nachgewiesen, dass die Konstruktionsfehler der beiden Siedewasserreaktoren im Kernkraftwerk Gundremmingen nicht behebbar seien. „Die Anlage hätte gar nicht genehmigt werden dürfen“, sagt Kamm. Vorige Woche noch hatte der Sprecher des Forums die Betreiber aufgefordert, den Antrag auf Leistungserhöhung zurückzuziehen. Dass es nun dazu gekommen ist, habe ihn nicht überrascht, sagt Kamm: „Der Antrag, der seit 1999 läuft, war so nicht genehmigungsfähig.“

    Gegner kämpfen weiterhin für das Abschalten des Kraftwerks

    Diese Atomkraftwerke werden in Deutschland betrieben

    Wo stehen welche Atomkraftwerke in Deutschland, wer betreibt sie und wann werden oder wurden sie abgeschaltet? Eine Übersicht:

    Das Atomkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein wird von E.ON betrieben. Baubeginn war im Januar 1976, im kommerziellen Betrieb ist das AKW seit Dezember 1986. Brockdorf ist ein Druckwasserreaktor und soll 2021 abgeschaltet werden.

    Das Kernkraftwerk Isar liegt nahe Landshut und wird von E.ON betrieben. Isar/Ohu 1 ist ein Siedewasserreaktor. Bauzeit war von 1972 bis 1979. Isar/Ohu 2 ist ein Druckwasserreaktor und ging nach sechsjähriger Bauzeit im April 1988 ans Netz. Isar 2 soll im Jahr 2022 abgeschaltet werden. Der Atommeiler Isar 1 wurde bereits im August 2011 vom Netz genommen.

    Das Atomkraftwerk Philippsburg steht im Landkreis Karlsruhe (Baden-Württemberg). Betreiberin ist die EnBW. Philippsburg 2, ein Druckwasserreaktor, ging nach achtjähriger Bauzeit 1985 in den kommerziellen Betrieb, der Siedewasserreaktor Philippsburg 1 im Jahr 1980. 2011 wurde Philippsburg 1 vom Netz genommen.

    Das Kernkraftwerk Grohnde (KWG) ist ein Druckwasserreaktor und steht im Landkreis Hameln-Pyrmont in Niedersachsen. Betreiben wird es von der Firma E.ON. Baubeginn für Grohnde war im Jahr 1986, Betriebsstart 1985, Ende soll 2021 sein.

    Das Kernkraftwerk Emsland in Niedersachsen wird von RWE betrieben. Es wurde in den Jahren 1982 bis 1988 gebaut. In Betrieb bleiben soll der Druckwasserrreaktor bis zum Jahr 2022.

    Das Atomkraftwerk Neckarwestheim in Baden-Württemberg wird von enBW betrieben. Es hat zwei Druckwasserreaktoren, von denen derzeit noch einer in Betrieb ist. Neckarwestheim II soll als eines der letzten deutschen AKW 2022 vom Netz gehen.

    Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld liegt südlich von Schweinfurt am Main. Baubeginn für Grafenrheinfeld war 1974, die Inbetriebnahme war 1981. Das Atomkraftwerk wird von der E.ON Kernkraft GmbH betrieben und wurde 2015 abgeschaltet.

    Gundremmingen B und Gundremmingen C im Landkreis Günzburg sind zusammen das leistungsfähigste Atomkraftwerk Deutschlands. Betrieben werden die Siedewasserreaktoren von der RWE. Baubeginn war im Jahr 1976, Gundremmingen B ging 1984 ans Netz, Gundremmingen C ein Jahr später. Block B soll spätestens 2017 vom Netz gehen, Block C spätestens im Jahr 2021.

    Der Sprecher von RWE Power (Essen), Manfred Lang, betont dagegen, dass einzig und allein die Haltung der bayerischen Staatsregierung der Grund für die Rücknahme des Antrags gewesen sei. Sicherheitsaspekte hätten da keine Rolle gespielt.

    In der Region zeigten sich nicht nur Atomkraftgegner über die Entwicklung erleichtert. Auch der Günzburger Landrat Hubert Hafner (CSU) sagte: „Ich bin froh, dass das Thema vom Tisch ist.“ Es sei bei den Bürgern der Eindruck entstanden, als ob vor dem Abschalten „auf den letzten Drücker“ die Leistung im Gundremminger Atommeiler erhöht werden sollte. Allerdings sei der Antrag vor mehr als zehn Jahren gestellt worden.

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