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Landkreis Günzburg: 270-Millionen-Projekt: Das ist jetzt beim Gaskraftwerk Leipheim geplant

Landkreis Günzburg

270-Millionen-Projekt: Das ist jetzt beim Gaskraftwerk Leipheim geplant

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    Hier wird das Reservegaskraftwerk auf dem Areal Pro entstehen. Rechts daneben ist die Shelterschleife des ehemaligen Fliegerhorsts Leipheim zu sehen.
    Hier wird das Reservegaskraftwerk auf dem Areal Pro entstehen. Rechts daneben ist die Shelterschleife des ehemaligen Fliegerhorsts Leipheim zu sehen. Foto: Stadt Leipheim

    Ein Jahrzehnt ist vergangen, seit große Pläne für das Areal Pro auf den Gemarkungen Leipheim, Bubesheim und Günzburg verkündet wurden: Eines der weltweit effizientesten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke solle hier entstehen, 900 Millionen Euro würden investiert. Zwischenzeitlich kamen weitere Mitspieler für das Bundesprojekt an den Tisch, die ihrerseits in Gundremmingen und Gundelfingen solche Anlagen planten, die das Stromnetz bei Schwankungen stabil halten sollen. Die Nase vorn hatte man allerdings stets in Leipheim, schon seit 2015 besteht hier Baurecht. Und nun ist es offiziell: Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion hat den Zuschlag für diesen Standort gegeben, „besonderes netztechnisches Betriebsmittel“ heißt das landläufig als Reservegaskraftwerk bezeichnete Vorhaben. So viel investiert wie einmal geplant wird allerdings bei Weitem nicht.

    Bis zum letzten Tag sei alles offen gewesen, sagt Leipheims Bürgermeister Christian Konrad – seine Stadt hat den größten Anteil am Areal Pro. Für die Region sei es ein gutes Signal, dass die Anlage hier realisiert wird. Es sei aber schon „der Wahnsinn“, dass man so lange brauche, um in diesem Land ein Infrastrukturprojekt dieser Tragweite zumindest auf den Weg zu bringen, es sei eine Strecke mit vielen Höhen und Tiefen gewesen. Doch die Projektbeteiligten hätten bereits so viel Geld investiert, dass es nicht infrage gekommen sei, aufzugeben.

    Gaskraftwerk Leipheim soll ab 5. August 2023 bereit sein

    Konkret ging der Zuschlag für die 300-Megawatt-Anlage an die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) mit ihrer Projektgesellschaft Gaskraftwerk Leipheim (GKL). Ab dem 5. August 2023 soll die Gasturbinenanlage bereitstehen, erklärt Amprion in einer Mitteilung. Gedacht ist sie dafür, um in Notfallsituationen die Netzstabilität in Deutschland gewährleisten zu können. Das Kraftwerk „dient damit ausschließlich der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Übertragungsnetzes und steht dem Markt nicht zur Verfügung“. So sagt auch Bürgermeister Konrad, dass sich kein Bürger Sorgen wegen der Anlage machen müsse: Sie sei eben nur als Reserve gedacht und werde höchstens ab und an stundenweise laufen. Warum man sich für den Standort Leipheim entschieden hat, wollte Amprion auf Nachfrage unserer Redaktion nicht sagen.

    Die Ausschreibung für das Gesamtprojekt erstreckt sich über vier Regionen im Süden Deutschlands, in denen jeweils eine Kapazität von 300 Megawatt vergeben wird. Amprion hat jetzt mit Leipheim für die Losgruppe C, die die Region Bayerisch-Schwaben abdeckt, den Zuschlag erteilt. Im November hatte man sich bereits in der Losgruppe A (Südhessen/Nordbayern) für die Realisierung eines solchen Kraftwerks für RWE entschieden.

    RWE hält an Projekt für den Standort Gundremmingen fest

    Dieses Unternehmen hatte sich auch für die Losgruppe C beworben, und zwar mit dem Standort in Gundremmingen – wo Ende des Jahres das Kernkraftwerk endgültig abgeschaltet wird. Gewissermaßen nebenan hätte man gerne ein Reservegaskraftwerk gebaut. Und „vor dem Hintergrund absehbarer Kapazitätsengpässe der Stromnetze in Süddeutschland nach dem Kernenergieausstieg hält RWE Generation an seinem Vorhaben fest, den Standort Gundremmingen weiterzuentwickeln, um die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb eines Gaskraftwerkes zu schaffen“, erklärt Sprecher Jan-Peter Cirkel.

    Dafür werde insbesondere das durch den Fernleitungsnetzbetreiber Bayernets begonnene Verfahren zum Anschluss des Standorts an das Fernleitungsnetz fortgeführt. Klar sei aber, „dass in der gegenwärtigen Marktsituation der Neubau von Gaskraftwerken wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Ferner gibt es bei RWE keinerlei Investitionsentscheidungen hierzu. Die Maßnahme dient einzig und allein der langfristigen Standortvorsorge."

    Gundremmingens Bürgermeister: "Umsonst war es nicht"

    Mit der Aufstellung eines Bebauungsplans durch die Gemeinde seien die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen, der Kapazitätsbedarf eines Gaskraftwerks in der Gemeinde Gundremmingen sei Bestandteil der Netzentwicklungsplanung Gas. So werde eine bedarfsorientierte Weiterentwicklung des Gastransportnetzes sichergestellt. Die geplante Gasanschlussleitung mit einem Durchmesser von einem halben Meter solle auf einer Länge von circa sieben Kilometern von Dürrlauingen nach Gundremmingen geführt werden. Bestandteil des Projekts sei die Anbindung an die bestehende Gasfernleitung Senden – Vohburg von Bayernets bereits.

    So hätte das Kraftwerk auf dem Areal Pro aussehen können. Doch die Ansicht ist inzwischen veraltet, eine aktuelle gebe es nicht, erklärt das Unternehmen LEAG.
    So hätte das Kraftwerk auf dem Areal Pro aussehen können. Doch die Ansicht ist inzwischen veraltet, eine aktuelle gebe es nicht, erklärt das Unternehmen LEAG. Foto: Siemens

    Und so hält sich die Enttäuschung von Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler auch in Grenzen, dass Amprion für das Reservekraftwerk nicht den Zuschlag an das hiesige Projekt gegeben hat. Mehr im Scherz sagt er, dass Leipheim nun die kleinere und Gundremmingen perspektivisch vielleicht eine größere Anlage bekomme. Vor allem freue er sich aber, dass das Projekt im Landkreis Günzburg, in der Region entsteht. „Umsonst war es nicht, was wir gemacht haben.“

    Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm geben das Projekt in Leipheim ab

    Zwei Ausschreibungsrunden waren jedenfalls ohne Ergebnis eingestellt worden, über die Gründe wollte niemand sprechen. Nun also ist die Entscheidung gefallen – doch die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm haben die Projektgesellschaft an die Lausitz Energie Bergbau AG und Lausitz Energie Kraftwerke AG (LEAG) übergeben, die den Standort realisieren und betreiben wird. Der termingerechte Bau und der zuverlässige Betrieb einer solchen Anlage habe für die Weiterentwicklung des Stromversorgungssystems eine hohe Bedeutung. Daher brauche man dafür idealerweise erfahrene Kraftwerksbetreiber.

    Die Firma betreibt bereits die Gasturbinenkraftwerke Thyrow und Ahrensfelde bei Berlin. „Mit der Investition in Leipheim können wir unsere Rolle als Betreiber netzrelevanter Anlagen für die Zukunft ausbauen und leisten unseren Beitrag zum Erfolg der Energiewende in Deutschland“, erklärt sie. „Gleichzeitig dient die Investition auch der Lausitz, denn mit ihr sichern wir stabile Kapitalflüsse für die Wiedernutzbarmachung von Bergbaufolgelandschaften.“ Nach der geplanten Inbetriebnahme im August 2023 sei ein Leistungszeitraum von zehn Jahren vorgesehen. Anfragen für den Betrieb könne nur Amprion stellen.

    Schon im Sommer könnte der Bau des Gaskraftwerks Leipheim beginnen

    Nun solle es zügig weitergehen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sowie die Planfeststellungsbeschlüsse für die Gas- und Stromtrasse lägen bereits vor. Bauvorbereitende Maßnahmen für eine neue Anschlussstraße liefen bereits und sollen noch im Februar mit der Baufeldräumung intensiviert werden. Bereits im Sommer könnte Siemens Energy mit dem Bau der Anlage beginnen – die Betriebsführung und Instandhaltung solle später ebenfalls von dem Unternehmen übernommen werden, geführt werde das Projekt aus der Lausitz. Nach der Inbetriebnahme werde die Anlage in das Leitsystem des Kraftwerks Schwarze Pumpe eingebunden und dann von dort aus mit überwacht.

    LEAG-Sprecher Thoralf Schirmer sagt, dass die Anlage eine Gesamtinvestition von gut 270 Millionen Euro umfasse – wie die geforderte Leistung eines solchen Kraftwerks bekanntlich auf 300 Megawatt reduziert worden war, so hatten die Beteiligten auch die Investitionssumme in den vergangenen Jahren stetig nach unten korrigiert. Nach zehn Jahren müsse das Kraftwerk stillgelegt werden – doch heute wisse noch niemand, ob dann nicht doch Gaskraftwerke benötigt werden. Wie viele Mitarbeiter beschäftigt werden, war am Mittwoch von Siemens nicht zu erfahren.

    Getrübte Stimmung in Gundelfingen

    Während man sich in Leipheim freut und es in Gundremmingen gelassen sieht, ist die Stimmung in Gundelfingen getrübt. Die Stadt, erklärt Geschäftsstellenleiter Heinz Gerhards, habe die Pläne für das geplante Gaskraftwerk unterstützt. Es sei schade, dass das interkommunale Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Stadt Lauingen und der Gemeinde Gundremmingen entstanden war, gescheitert ist. „Es wäre eine tolle Geschichte für uns gewesen und auch die Infrastruktur wäre aufgrund der Nähe zum Atomkraftwerk bereits vorhanden gewesen.“

    Bereits seit 2012 hatte das Münchner Unternehmen PQ Energy die Anlage geplant. Um die Bewerbung aus Gundelfingen zu stärken, hatten sich damals die drei Kommunen zum „Energiedreieck“ zusammengetan und beschlossen, die Gewerbesteuereinnahmen bei der Verwirklichung des Projekts zu teilen. Mitte Januar dieses Jahres hatte die Stadt Gundelfingen, wie jetzt bekannt wurde, jedoch ein Schreiben erhalten, in dem das Unternehmen von diesem Projekt Abstand genommen hatte. Die Gründe dafür dürfe die Stadt derzeit aus rechtlichen Gründen nicht nennen. Versuche, mit dem Projektentwickler in Kontakt zu treten, erklärt Gerhards, seien bislang unbeantwortet geblieben. Auch auf eine Anfrage unserer Redaktion bei den Verantwortlichen hat es am Mittwoch keine Rückmeldung gegeben.

    Gerhards betont: „Seit es im vergangenen Jahr einen Wechsel beim Dienstleister der Projektentwicklung gegeben hatte, wurden wir als Stadt nur noch sporadisch informiert.“ Das erklärt er damit, dass es einen rechtsgültigen Bebauungsplan gebe. Dadurch bestehe bereits Baurecht und deshalb müsse die Stadt nicht mehr informiert werden.

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