Heizen ist im August normalerweise kein Thema, über das man sich den Kopf zerbricht. Anders sieht es dieses Jahr aus: Wegen des Krieges in der Ukraine ist schon jetzt klar, dass Heizen teurer wird. Die Regierung will mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas die Verbraucherinnen und Verbraucher von den steigenden Gaspreisen entlasten. Parallel machen sich viele Menschen Gedanken, wie sie Energie sparen können. Und wie sehr sie ihre Wohnung im Herbst und Winter heizen sollten. Doch die Heizung so stark es geht herunterzudrehen - ist das eine gute Idee?
Martin Sambale ist Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (eza) und hat immer wieder Verbraucherinnen und Verbraucher am Telefon. Er berichtet: "Wir haben laufend Anfragen: Was kann man jetzt unternehmen, und was im Herbst machen, um Energie zu sparen?" Die Fragen beträfen jeden, nicht nur Gaskunden, weil alle Energiepreise steigen. Auch Pellets und Strom würden teurer. "Deshalb macht es schon Sinn, so effizient wie möglich mit der Ressource Energie umzugehen und so sparsam wie möglich zu heizen", sagt er. Aktuell dächten viele Menschen darüber nach, berichtet Sambale. "Tipps zur Raumtemperatur waren in den letzten Jahren nicht beliebt oder gewünscht, weil jeder seinen Komfort und deshalb mindestens 22 Grad haben will. Jetzt wird auch mal darüber diskutiert, ob man da Abstriche machen kann."
So kalt kann es in den Räumen werden - ganz schimmelfrei
"Wir können auch einmal frieren für die Freiheit", hatte Ex-Bundespräsident Joachim Gauck am 9. März in der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger gefordert. Aber holt man sich damit gleich das nächste Problem ins Haus – nämlich Schimmel? Sambale wägt ab: "Die Raumtemperatur abzusenken von 22 Grad auf 20 oder 18 Grad, das ist überhaupt kein Problem." Dazu spart jedes Grad Raumtemperatur sechs Prozent Energie.
Normalerweise, so Sambale, wird empfohlen, Innenräume nicht dauerhaft unter 16 Grad abzukühlen. Auch solche, die man wenig nutzt. Ansonsten erhöht sich das Risiko für Schimmelbildung. Vor allem dort, wo sich Feuchtigkeit niederschlägt. Das passiere etwa an Kältebrücken wie Außenwänden, an denen ein Sofa oder ein Schrank steht. Denn dadurch wird die Wärmezufuhr behindert. Feuchtigkeit kann sich auch an kalten Stellen an der Wand bilden – zum Beispiel, wenn die Bausubstanz beschädigt ist. Auch eine zu niedrige Raumtemperatur kann Schimmelbildung begünstigen: Wärmere Luft kann wesentlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kältere. Dadurch sinkt die relative Feuchtigkeit der Luft.
Ob die eigenen vier Wände schimmelgefährdet sind, kann man selbst herausfinden: Mit Hygrometern, die die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen messen. Diese sollte im Winterhalbjahr dauerhaft unter 60 Prozent liegen. Um die 40 bis 50 Prozent Luftfeuchtigkeit sei ein guter Wert, sagt Sambale. "Wenn er zu hoch wird, kann man ihn durch entsprechendes Lüften reduzieren", sagt der Experte. Das heißt: regelmäßiges Stoßlüften, statt das Fenster dauerhaft gekippt zu lassen. Außerdem Querlüften, also einmal alle Fenster gleichzeitig öffnen, dann schließen. Je mehr Fenster dabei geöffnet sind, desto kürzer kann man lüften.
Eine generelle Temperaturempfehlung für einzelne Räume? - das sagt der Fachmann
Was man beim Heizen generell beachten sollte, um Schimmel zu vermeiden:
- Die Heizkörper nicht durch Möbel zustellen oder mit Vorhängen zuhängen – denn dann ist das Heizkörperthermostat von der Raumluft getrennt. Heizkörper und Thermostate brauchen eine gute Luftzirkulation, um funktionieren zu können.
- Heizköper dürfen nicht plätschern, weil dann Luftblasen enthalten sind. Die Heizkörper müssten entlüftet werden. Ist der Heizkörper von vorne bis hinten vollständig warm, enthält er keine Luft.
- In zusammenhängenden Räumen sollten alle Thermostatventile auf denselben Wert eingestellt sein. In Wohnräumen bietet sich hierbei Stufe drei an.
Dazu sei wichtig, dass die Heizzeiten richtig eingestellt sind: "Dass dann geheizt wird, wenn Sie den Bedarf haben", erklärt Sambale. Energiesparen lässt sich auch mit einem hydraulischen Abgleich der Heizung: Dabei werden die einzelnen Heizkörper so eingestellt, dass jeder die richtige Menge Wärme bekommt, um den Raum zu erwärmen. Das muss eine Fachkraft machen, dafür sollten Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt aktiv werden, sagt Sambale. Viele Handwerker seien bereits bis weit ins nächste Jahr ausgelastet.
Eine generelle Empfehlung, welche Temperatur in welchem Raum ausreicht, würde Sambale nicht geben. Das hänge vom persönlichen Empfinden ab. Wenn bestimmten Räume – etwa das Schlafzimmer – dauerhaft kühler sind, sollte die Tür zu diesen Räumen aber immer geschlossen bleiben. Denn die wärmere Luft, die in einen kälteren Raum kommt, hat mehr Luftfeuchtigkeit, die im kälteren Raum kondensieren kann. Das begünstigt wiederum Schimmelbildung.