Sei es der Herzinfarkt eines alten Klassenkameraden oder die Krebserkrankung des Kollegen: Männer in der zweiten Lebenshälfte bemerken oft mit Schrecken, dass immer mehr Gleichaltrige schwere Gesundheitsprobleme haben. „Die Einschläge kommen näher“, heißt es dann. „Das war für mich schon ein Grund, jetzt manchmal zu Früherkennungsuntersuchungen zu gehen“, berichtet zum Beispiel der 55-jährige Volker.
Weniger als die Hälfte der Männer geht regelmäßig zur Vorsorge
Das ist alles andere als selbstverständlich: In einer Studie des Robert-Koch-Instituts gaben weniger als die Hälfte der Männer an, regelmäßig zur Krebsfrüherkennung zu gehen. Dabei erkranken Männer häufiger an Krebs als Frauen und haben eine geringere Lebenserwartung.
Volker geht aus einer unbestimmten Angst heraus zum Arzt: „Es ist eben beruhigend zu hören: Alles in Ordnung!“
Aber darauf, dass das Ergebnis so erfreulich ausfällt, kann sich niemand verlassen. Manchmal wird Krebs im Frühstadium entdeckt, der dann rechtzeitig behandelt werden kann. Es kann aber auch falschen Alarm geben, der unnötige Sorgen und überflüssige Behandlungen nach sich zieht.
„Man muss eine Früherkennungsuntersuchung genauso nüchtern betrachten wie zum Beispiel ein Medikament und sich überlegen: Wo liegen für mich die Vorteile? Und wo die Nachteile?“, sagt Dr. Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln.
Die Antworten darauf können von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausfallen. Extrem wichtig ist es daher, sich genau zu informieren.
Das sind die wichtigsten Vorsorge-Untersuchungen für Männer
Darmspiegelung: Männer ab 50, die gesetzlich krankenversichert sind, haben Anspruch auf zwei Darmspiegelungen im Abstand von mindestens zehn Jahren. Mit einem Schlauch samt Kamera, der in den After eingeführt wird, untersucht der Arzt den Dickdarm dabei nach Auffälligkeiten. „Der große Vorteil ist, dass Polypen, also Vorstufen von Darmkrebs, dabei gleich entfernt werden“, erklärt Prof. Dr. Theodor Klotz, Vorsitzender der Stiftung Männergesundheit.
Laut IQWiG ist der Nutzen der Spiegelung eindeutig: Durch die Koloskopie sterben von 1000 Männern im Alter von 65 Jahren drei bis sechs weniger an Darmkrebs. „Sie hat wahrscheinlich die beste Bilanz aller Früherkennungsuntersuchungen“, sagt Klaus Koch. Überdiagnosen spielten keine große Rolle.
Allerdings kann es bei der Spiegelung – wenn auch nur selten – zu Verletzungen kommen. Abgesehen davon empfinden sie manche Patienten als unangenehm.
Stuhltest: Statt einer Darmspiegelung können sich Männer auch für einen immunologischen Stuhltest entscheiden: Zwischen 50 und 54 hat man einmal pro Jahr, danach alle zwei Jahre Anspruch darauf. Werden in der Probe Blutspuren gefunden, kann das auf einen Tumor oder Darmpolypen hinweisen. In der Regel wird dann eine Darmspiegelung durchgeführt, um mehr Klarheit zu gewinnen.
Der Stuhltest lässt sich leicht anwenden und hat keine Nebenwirkungen. „Er ist aber nur begrenzt zuverlässig“, sagt Klaus Koch. So kommt es oft aus anderen Gründen zu auffälligen Ergebnissen.
Umgekehrt können Darmkrebs und seine Vorstufen aber auch übersehen werden. „Insgesamt ist für den Test aber ein Nutzen nachgewiesen“, erklärt er. Statistisch gesehen stirbt von 1000 Männern im Alter von 50 Jahren durch eine regelmäßige Teilnahme am Test bis zu ein Mann weniger an Darmkrebs.
Tastuntersuchung: Dabei untersucht der Arzt die Prostata und die äußeren Genitalien durch Abtasten, um Prostatakrebs und andere Erkrankungen früh zu erkennen. Männer ab 45 haben einmal pro Jahr Anspruch darauf.
Experten halten die Untersuchung zur Früherkennung aber für nutzlos: „Da ist kein Vorteil nachgewiesen“, sagt der IQWiG-Experte Klaus Koch. Auch der Urologe Klotz hält das Abtasten für sinnlos, wenn nicht auch der PSA-Wert beobachtet wird.
PSA-Test: Dabei wird die Menge an „Prostata-spezifischem Antigen“ im Blut festgestellt. Ein erhöhter Wert kann auf Prostatakrebs hinweisen. Den Test (Kosten etwa 20 Euro) müssen Männer normalerweise aus eigener Tasche zahlen. Er ist umstritten – insbesondere, weil er zu Überdiagnosen führen kann.
„Eigentlich ist die Maßnahme sinnvoll. Sie kann tatsächlich Leben retten“, erklärt der Urologe Theodor Klotz. „Man muss die Ergebnisse aber richtig zu interpretieren wissen und in einem Gesamtkontext sehen.“
So besagt ein einmaliger Test wenig – jeder Mann hat sozusagen seinen persönlichen PSA-Wert. Erst über einen längeren Beobachtungszeitraum lassen sich Auffälligkeiten erkennen. Außerdem profitieren Männer statistisch gesehen nur dann von der Untersuchung, wenn sie noch mindestens zehn Jahre leben, betont Klotz. Prostatakrebs wächst nämlich sehr langsam.
Untersuchung der Bauchschlagader: Männer ab 65 Jahren können ihre Bauchschlagader auf Kosten der Krankenkasse per Ultraschall untersuchen lassen. Dabei kann man erkennen, ob sie an einer Stelle ausgebuchtet ist (Aneurysma). Bei einer solchen Aussackung besteht vor allem die Gefahr, dass sie reißt und man innerlich verblutet. Entdeckt der Arzt beim Ultraschall ein großes Aneurysma, kann man es operieren, bevor es platzt. Kleinere Ausbuchtungen kann man regelmäßig kontrollieren.
„Die gute Nachricht ist: Die Untersuchung hat für Männer ab 65 erwiesenermaßen einen Nutzen“, sagt der Medizinwissenschaftler Koch. Sie hat aber auch Nachteile: Die Operation eines Aneurysmas hat ihrerseits Risiken. Ob es dem Patienten wirklich Probleme bereiten würde, kann aber niemand sicher vorhersagen. Außerdem gilt es auch psychische Aspekte zu bedenken: Das Wissen, dass man ein Aneurysma hat, kann belastend sein.
Weitere Vorsorge-Angebote
Wer zwischen 18 und 35 Jahre alt ist, kann sich einmal beim Arzt durchchecken lassen. Ab 35 hat man alle drei Jahre Anspruch auf die Untersuchung, die dann auch einen Blut- und Urintest umfasst.
Es geht darum, Gesundheitsrisiken sowie die häufigsten Krankheiten (zum Beispiel Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme) möglichst früh zu erkennen. Dass der Check-up die Teilnehmer vor Krankheiten schützt oder ihr Leben verlängert, ist laut IQWiG bislang aber nicht nachgewiesen.
Ab 35 Jahren können gesetzlich Versicherte alle zwei Jahre eine Hautkrebs-Früherkennungsuntersuchung in Anspruch nehmen. Dabei sucht der Arzt den Patienten am ganzen Körper nach Hautauffälligkeiten ab, die auf Krebs hindeuten könnten. Die Untersuchung selbst tut nicht weh und hat keine Risiken.
Ob sie aber insgesamt das Risiko verringert, an Hautkrebs zu sterben, ist laut IQWiG nicht erwiesen. Wie nützlich die Untersuchung ist, hängt auch vom persönlichen Hautkrebs-Risiko und von der Qualifikation des Arztes ab. Das heißt: Wer helle Haut hat und etwas älter ist, profitiert eher davon als ein junger, dunkelhäutiger Mensch.
Viele Augenärzte bieten eine Früherkennungsuntersuchung auf Glaukom (Grüner Star) an. Mit dem Alter steigt das Risiko für diese Augenkrankheit, die zu einer Schädigung des Sehnervs führt. Bei der Untersuchung wird unter anderem der Augeninnendruck gemessen und der Sehnerv begutachtet. Wie nützlich sie ist, ist umstritten. Patienten müssen sie in der Regel selber zahlen (etwa 15 bis 40 Euro).
Mehr hilfreiche Informationen finden Sie hier in unserem Ratgeber zum Thema Gesundheit.
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