Die Zahl pflegebedürftiger Menschen in Deutschland steigt. Bis 2055 erwartet die Bundesregierung, dass es 7,6 Millionen sein werden. Viel mehr Menschen als ohnehin schon müssen sich fragen, wie sie die Kosten für die Pflege bestreiten, die nicht über die staatliche Pflegeversicherung abgedeckt ist. Private Pflegezusatzversicherungen könnten helfen. Was aber taugen sie?
Was deckt die staatliche Pflegeversicherung ab?
Wenn ein alter Mensch so gebrechlich wird, dass der Pflegefall eintritt, übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung einen Teil der Kosten. Entscheidend für die Einstufung in einen von insgesamt fünf Pflegegraden ist, wie selbstständig und rüstig man noch ist. Entsprechend wird festgelegt, wie viel Pflege gebraucht wird und wie viel die gesetzliche Versicherung zahlt. Wer etwa vollständig im Heim versorgt werden muss, bekommt laut Verbraucherzentrale Bayern (VZBY) derzeit 2005 Euro (Pflegegrad 5). Generell gilt: Heimbewohner in Bayern müssen den weiteren Angaben zufolge mit monatlichen Eigenkosten von durchschnittlich 2180 Euro rechnen. Bei professioneller Pflege zu Hause sind es je nach Pflegegrad zwischen 150 und 2600 Euro. Nach Angaben der Geschäftsstatistik der Pflegekassen und der privaten Pflege-Pflichtversicherung gab es zum Stichtag Ende 2023 rund 5,6 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland.
Und ab wo greifen die Zusatzversicherungen?
Eine Versicherung, die die Lücke zwischen staatlicher Leistung und den in der Regel wesentlich höheren Pflegekosten schließt - das klingt bei solchen Summen verlockend. Private Pflegezusatzversicherungen muss man sich allerdings genau ansehen. Denn diese decken laut Verbraucherzentrale meist kaum den anzunehmenden Bedarf für den Pflegedienst zu Hause oder einen Heimplatz. Als Richtschnur gilt: Für Menschen bis etwa 50 Jahre lohnt in der Regel noch keine Pflegezusatzversicherung, so die Verbraucherschützer. Danach gehöre die finanzielle Situation im Alter auf den Prüfstand: Mit welcher gesetzlichen Rente kann ich rechnen? Kommt noch eine private Rente dazu? Gibt es Vermögen? Könnten oder wollten Angehörige die Pflege ganz oder teilweise leisten? Und wie viel Beiträge könnte ich überhaupt für eine Zusatzversicherung zahlen? Wer nach dieser Selbstanalyse eine Pflegezusatzversicherung in Betracht zieht, sollte über die gängigen Modelle Bescheid wissen. Noch eine Zahl vorweg: 2023 haben laut Bundesgesundheitsministerium in Deutschland etwa 3,2 Mio. Menschen eine private Pflegezusatzversicherung besessen (1,6 Prozent weniger als 2022), ein Großteil (rund 94 Prozent) entfiel dabei auf die sogenannte Pflegetagegeldversicherung.
Was ist - erste Möglichkeit - eine Pflegetagegeldversicherung?
Sie wird am häufigsten gewählt. Im Pflegefall gibt es ein Tagegeld, egal, wie die Pflege organisiert wird. Den vollen Tagessatz zahlt die Versicherung aber meist erst ab Pflegegrad 5. Von Tarifen ohne Leistungsanspruch bei ambulanter Pflege raten die Verbraucherschützer ab, da die meisten Menschen zu Hause gepflegt werden. Wichtig: Wählen Sie eine Gesellschaft, bei der Sie eine Beitragsbefreiung für den Pflegefall vereinbaren können - nicht erst im seltenen Fall von Grad 5. Und: Entscheiden Sie sich für einen Vertrag, bei dem es ausreicht, dass die gesetzliche Pflegeversicherung die Pflegebedürftigkeit festgestellt hat und keine regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen seitens des Versicherers verlangt werden dürfen. Sascha Straub, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Bayern, gibt zu diesem Versicherungstyp noch einen Hinweis: „Wer in Pflegegrad 5 ist, verbleibt dort meist nicht mehr lange. Personen mit dieser Einstufung leiden unter schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung. Sie sind in der Regel rund um die Uhr auf Pflege angewiesen.“
Was sind geförderte Pflegegeldtarife?
Tarife mit bestimmten Voraussetzungen werden staatlich mit fünf Euro pro Monat gefördert. Der Vorteil: Jeder und jede muss jederzeit aufgenommen werden, unabhängig von Alter und Gesundheitszustand. Nachteile unter anderem: Die Leistungen fallen hier häufig sehr niedrig aus. Der Beitrag ist durchzuzahlen und schmälert die Auszahlung. Auch von einer Kombi mit anderen Versicherungen rät die Verbraucherzentrale eher ab. Experte Straub erläutert: „Der Pflege-Bahr, benannt nach dem ehemaligen Gesundheitsminister, wird ohne Gesundheitsfragen angeboten. Nachteilig ist die Wartezeit von fünf Jahren, bis diese Pflegeleistung überhaupt beantragt werden kann. Wer in dieser Zeit durch Krankheit zum Pflegefall wird, bekommt zunächst nichts. Außerdem steigen auch hier die Beträge, sodass man die Ausgabenentwicklung nicht planen kann.“
Was deckt eine Pflegekostenversicherung ab?
Hier werden nur nachgewiesene Pflegekosten übernommen. Das sind in der Regel Leistungen aus dem Katalog der gesetzlichen Pflegeversicherung, bei denen die Versicherung den Eigenanteil teilweise oder ganz übernimmt. Kosten für Unterkunft und Verpflegung im Heim werden also meist nicht übernommen. Und häufig wird bei Pflegegrad 1 nicht gezahlt.
Was leistet die Pflegerentenversicherung?
Unabhängig von den tatsächlichen Kosten bekommt man eine vereinbarte Pflegerente, die durch die Überschussbeteiligung möglicherweise noch aufgestockt wird. Ob die volle oder nur eine anteilige Pflegerente gezahlt wird, hängt vom Pflegegrad ab. Das Geld steht dann zur freien Verfügung. Im Vergleich zu den anderen Pflegezusatzversicherungen ist der Beitrag hier aber oft zwei- bis dreimal so hoch.
Lohnt sich also eine private Pflegeversicherung?
Straubs Fazit lautet: „Viele Pflegeversicherungstarife bilden keine oder keine ausreichenden Altersrückstellungen. Dies hat zwangsläufig eine Beitragssteigerung im Alter zur Folge. Dies ist unabhängig davon wieviel man vorher eingezahlt hat. Die Versicherten können dann nicht abschätzen, wie hoch ihre Beiträge in einigen Jahren sein werden. Dies führt nicht selten zu ungewollten Kündigungen, wenn man sich die Beiträge nicht mehr leisten kann.“
Was wäre die Alternative?
Straub rät: „Es hilft am Ende nur eine individuelle Beratung und die Auswahl eines passenden Tarifs, der genau die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der zu Pflegenden und ihrer Angehörigen abdeckt.“ (dpa, kuep)
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