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Verdauungsprobleme durch Fruchtzucker: Was hilft Betroffenen?

Fruktose

Verdauungsprobleme durch Fruchtzucker: Das hilft Betroffenen

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    Nicht jeder verträgt Fruchtzucker.
    Nicht jeder verträgt Fruchtzucker. Foto: Arno Burgi, dpa (Symbolbild)

    Immer wieder litt der sechsjährige Felix an Bauchweh, Übelkeit und Durchfall – und das ohne erkennbaren Grund. Er wurde ein ums andere Mal untersucht, ihm wurde Blut abgenommen, es wurden Stuhlproben getestet, der Bauchraum per Ultraschall durchleuchtet. All das ergab nichts.

    „Am Ende hieß es, die Beschwerden seien psychosomatisch“, berichtet seine Mutter. Schließlich schickte die Ärztin das Kind doch noch zu einem letzten Test, der die Lösung ergab: Felix hat eine stark ausgeprägte Fruktosemalabsorption – er verträgt Fruchtzucker also sehr schlecht. „Wir waren froh, dass wir endlich Bescheid wussten und dass die Sache harmlos ist“, sagt die Mutter. „Auch wenn die Ernährungsumstellung ziemlich lästig war.“

    Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind derzeit ein viel diskutiertes Thema. In Supermärkten wimmelt es von laktose- und glutenfreien Produkten, die oft auch von Menschen gekauft werden, die sie nicht brauchen. Von Fruktosemalabsorption hört man vergleichsweise selten – dabei ist sie offenbar viel häufiger als Laktoseintoleranz oder gar Glutenunverträglichkeit: Wie aus einer Stellungnahme der AG Nahrungsmittelallergie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie hervorgeht, haben etwa ein Drittel der Erwachsenen und zwei Drittel der Kinder eine Fruktosemalabsorption.

    Wie kann das sein? Wissen die meisten also nichts davon? „Ja. Es kommt ganz auf die Ernährungsgewohnheiten an, wie viel man davon merkt“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Dr. Imke Reese aus München. Wer zum Beispiel nur mal nach dem Mittagessen ein Stück Obst isst, wird wahrscheinlich nie Probleme bekommen. Und selbst wenn man gelegentlich auf eine große Apfelschorle mit Blähungen reagiert, muss man erst auf die Idee kommen, einen Zusammenhang herzustellen.

    Komplett auf Fruchtzucker verzichten?

    Reese legt Wert darauf, für das Phänomen den sperrigen Begriff „Malabsorption“ zu verwenden und nicht von „Fruktoseintoleranz“ zu sprechen, wie das Laien in der Regel tun: „Es ist ja nicht so, dass die Betroffenen Fruktose überhaupt nicht vertragen. Bei ihnen ist nur die Aufnahmekapazität herabgesetzt.“

    Außerdem kommt es bei der üblichen Wortwahl leicht zu Missverständnissen: Es gibt nämlich eine sehr seltene, vererbbare Stoffwechselstörung, die „hereditäre Fruktoseintoleranz“ heißt. Diese Patienten müssen lebenslang komplett auf Fruchtzucker verzichten, um nicht schwer krank zu werden – was bei der gängigen Malabsorption keineswegs der Fall ist.

    Fruktose ist ein Einfachzucker, der in Obst und einigen Gemüsesorten, aber auch in Honig, Fruchtsaft, Limonade, Müsliriegeln, Marmelade und Süßwaren steckt. Der Stoff wird über den Dünndarm aufgenommen. Damit Fructose in die Dünndarmzellen gelangt, sind bestimmte Transportproteine nötig.

    Bei einer Malabsorption ist dieser Prozess eingeschränkt: „Entweder sind nicht genügend dieser Transportproteine vorhanden oder sie sind weniger aktiv“, erklärt Dr. Andreas Leodolter, Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus Herne.

    So gelangt Fruktose weitgehend unverdaut in den Dickdarm und wird dort von Bakterien unter anderem zu kurzkettigen Fettsäuren und Gasen abgebaut, die Blähungen und Durchfall auslösen können. Warum das Transportsystem bei manchen Menschen gestört ist, ist nicht ganz klar – wahrscheinlich spielt die Veranlagung eine große Rolle.

    Um eine Krankheit handelt es sich dabei nicht, beruhigt Leodolter. Die Beschwerden können für die Betroffenen zwar sehr unangenehm sein – Folgen für die Gesundheit hätten sie in der Regel aber nicht. Dass es sich um ein harmloses Phänomen handelt, verdeutlicht auch die Tatsache, dass niemand unbegrenzt viel Fruchtzucker verträgt.

    Fruktose: Verdauungsprobleme können sehr viele Ursachen haben

    Einer Fruktosemalabsorption auf die Spur zu kommen, ist nicht so einfach, räumt Leodolter ein. Denn Verdauungsprobleme können sehr viele Ursachen haben. Kommt hinzu, dass einige Menschen oft erst zeitverzögert reagieren: „Die Beschwerden treten 15 Minuten bis sechs Stunden nach der Aufnahme größerer Fruktose-Mengen auf“, sagt der Arzt. Deshalb sollten Menschen mit Darmproblemen ihre Essgewohnheiten genau beobachten und darüber ein Tagebuch führen. Um die Diagnose zu sichern, führt ein Arzt in der Regel einen Atemtest durch. Dabei muss der Patient eine Fruktoselösung trinken und danach in ein Messgerät pusten. Bei einer Malabsorption vergären die Dickdarmbakterien den Fruchtzucker nämlich unter anderem zu Wasserstoff, der abgeatmet wird.

    Leodolter geht davon aus, dass heute öfter eine Fruchtzuckermalabsorption festgestellt wird als früher. „Man achtet heute stärker darauf. Zum anderen nehmen die Menschen aber auch mehr Fruktose zu sich“, erklärt er. Dabei sieht er weniger in Obst ein Problem, sondern in Fruchtsäften, die gerade bei Kindern hoch im Kurs stehen. „Man meint immer, Apfelsaft sei so gesund. Das stimmt so nicht. Er ist vor allem süß!“, betont der Arzt.

    Auch Reese sieht in Säften das Hauptproblem: „Wenn man Fruktose flüssig zu sich nimmt, gelangt sie sehr schnell in den Dünndarm, sodass die Aufnahmekapazität leicht überschritten wird.“ Isst man dagegen ein Stück Obst zusammen mit Quark, bleibt der Speisebrei eine Weile im Magen, sodass der Fruchtzucker erst nach und nach in den Dünndarm gelangt. „Wenn ein Kind öfters mal Bauchweh hat, sollte man als Erstes schauen: Was trinkt es denn so?“, rät sie. Manchmal lösten sich die Probleme von selbst, wenn man nur die Säfte weglasse.

    Stellt ein Arzt die Diagnose Malabsorption, empfiehlt man den Patienten zunächst eine mehrwöchige Karenzphase, in der sie komplett auf Fruchtzucker verzichten. „Danach steht die Duldungsphase an, in der der Fruktoseanteil in der Nahrung wieder erhöht wird“, sagt Leodolter. Es ist wichtig, dass die Patienten sich wieder an den Stoff gewöhnen, damit die für die Verarbeitung zuständigen Transporter ihre Arbeit nicht einstellen.

    Wie viel und in welcher Form man Fruchtzucker verträgt, muss man behutsam austesten. Es ist zwar klar, dass etwa Äpfel, Birnen und Weintrauben einen hohen Fruktose-Anteil haben. Die Verträglichkeit hängt aber auch davon ab, wie hoch der Glukose- und Sorbit-Gehalt der Obstsorten ist: Glukose erleichtert die Aufnahme von Fruchtzucker, Sorbit erschwert sie.

    Entscheidend ist außerdem, in welcher Form (als Saft, als ganze Frucht oder getrocknet) man das Obst isst und was man dazu verzehrt. „Die Sache ist komplex“, betont Reese. Deshalb rät sie, eine qualifizierte Ernährungsberatung in Anspruch zu nehmen. „Ich erlebe immer wieder, dass sich die Betroffenen beim Essen stark einschränken. Das muss aber gar nicht sein!"

    Mehr hilfreiche Informationen finden Sie hier in unserem Ratgeber zum Thema Gesundheit und in unserem Ratgeber zum Thema Ernährung.

    Hinweis der Redaktion: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Beitrag aus unserem Online-Archiv.

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