Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka gestoppt hat, schlägt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zurück. Noch während seines Urlaubs sagte er: „Nach unserer Überzeugung hat das Gericht in einer ganzen Reihe von Fällen sowohl formale als auch inhaltliche Gründe aufgezählt, die sich mit den realen Tatsachen nicht decken.“ Das Ministerium will das Urteil des Gerichts nicht hinnehmen und Rechtsmittel prüfen. Das OLG wirft dem Minister Befangenheit vor. Gabriel wollte mit der Fusion rund 16 000 Arbeitsplätze sichern. Wie es jetzt um die Stellen steht, ist weiterhin ungewiss. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Wie geht es für Kaiser’s Tengelmann weiter?
„Der Status Quo ist zementiert“, sagt Handelsexperte Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Womöglich werde also die nächsten drei Jahre nichts zur Stabilisierung des Unternehmens passieren. Seiner Meinung nach wird die Marktsituation für Tengelmann immer schwieriger. Alles sei nun möglich, von der Einzelverwertung bis hin zur Zerschlagung der Handelskette. Damit hatte vor kurzem auch Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub im Handelsblatt gedroht, nachdem weitere Verluste bekannt geworden waren. „Es kann keine unendliche Geschichte geben“, sagte er. Er werde nicht mehrere Jahre auf eine weitere Entscheidung warten. Nach Angaben von Adlwarth könnten wegen des großen Minus Filialen weder renoviert noch Mietverträge verlängert werden. Dass eine Übernahme durch Rewe, wie von Chef Alan Caparros in der Bild angekündigt, funktionieren könne, glaubt Adlwarth nicht. Das Kartellamt würde auch in diesem Fall einschreiten, um eine Monopolstellung zu verhindern.
Was verändert sich für die Kunden?
Adlwarth spekuliert, dass Kunden in den Märkten zunächst nicht mit gravierenden Einschränkungen rechnen müssen. Es könnte jedoch sein, dass der Service abnehmen und das Ambiente unter dem vorläufigen Urteil leide, sagte er. Die Motivation unter den Mitarbeitern nehme zudem weiter ab und auch im Sortiment könnte sich das Angebot ändern. Nachdem Tengelmann in der Kaufkraft immer eingeschränkter sein wird, könnten Produkte aus den Verkaufsregalen verschwinden oder die Nachbestückung dauern. Höhere Preise müssten Kunden seiner Meinung nach nicht erwarten.
Womit müssen Angestellte und Zulieferer jetzt rechnen?
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Claus-Harald Güster, kritisiert die Entscheidung des OLG scharf. In einer Pressemittelung heißt es: „Diese falsche Entscheidung gefährdet die Arbeitsplätze in den Fleischwerken von Kaiser’s Tengelmann und auch dem Zulieferer Birkenhof. Die Zukunftsaussichten für die Beschäftigten haben sich mit dem heutigen Tag deutlich verschlechtert.“ Für die rund 500 Beschäftigten in den Werken Donauwörth, Viersen (Nordrhein Westfalen) und Perwenitz (Brandenburg) seien die ungewissen Aussichten nun belastender als zuvor. Vor allem die Arbeitsplätze von rund 4000 Kaisers-Mitarbeitern seien nach Güsters Angaben in Nordrhein-Westfalen gefährdet. (mit dpa)