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Tierkolumne: Forschung mit VR-Brille: Wie Kühe die Welt sehen

Tierkolumne

Forschung mit VR-Brille: Wie Kühe die Welt sehen

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    Wie sieht eigentlich eine Kuh?
    Wie sieht eigentlich eine Kuh? Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    Das Video des Feuerwehrmanns war eindrucksvoll: Tiefe Nacht, ein Kuhstall in Flammen. Bauer, Bäuerin und Feuerwehrleute versuchten, die Tiere ins Freie zu treiben, das breite Rolltor stand offen. Doch genau beim Ausgang blieben die Rinder wie angewurzelt stehen. Zwei drehten sogar wieder um Richtung Feuer. Dabei hätten sie nur über den kleinen Hof auf die gegenüberliegende Wiese gehen müssen, schon wären sie in Sicherheit gewesen. Sind Kühe so dumm, dass sie ins eigene Verderben rennen? 

    Bekannt ist, dass Kühe allgemein ängstlich sind

    Um seltsam anmutende Reaktion von Kühen besser zu verstehen, beleuchten Forscherinnen und Forscher intensiv die Frage nach dem Warum. Das ist wichtig, weil es im Arbeitsalltag immer wieder Situationen gibt, in denen Kühe möglichst stressfrei und zügig von A nach B getrieben werden sollen. Bekannt ist, dass Kühe allgemein ängstlich sind, wenn sie mit unbekannten Dingen oder Situationen konfrontiert werden. Erst nach einer gewissen Gewöhnungszeit legt sich die Verunsicherung. Dann entwickeln sie sogar Neugierde. Das lässt sich zum Beispiel beobachten, wenn man einen Fußball in einen Stall legt. 

    „Aber die Zeit, sich auf Fremdes einzustellen, fehlt im Fall der Tierrettung“, sagt Tierarzt Florian Diel, der an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf im bayrischen Freising über Brandschutz im Stall forscht. Um zu verstehen, warum eine Kuh plötzlich innehält und keinen Schritt mehr weitergeht, müsse man viele Faktoren unter die Lupe nehmen. „Die Sinnesphysiologie spielt eine entscheidende Rolle“, sagt Diel und meint damit unter anderem, dass man wissen muss, wie und was eine Kuh sieht. 

    Hell-Dunkel-Unterschiede machen der Kuh Probleme

    Hierbei hilft modernste Technologie. Das theoretische Wissen übers Farbensehen, über Schärfe und Unschärfe oder darüber, wie schnell sich das Auge an neue Lichtverhältnisse anpasst, wurde am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum in Echem, Niedersachsen, in eine Software verwandelt und in eine „Virtual Reality-Brille“ eingebaut. Wer damit noch keine Erfahrung hat: Man setzt das taucherbrillenartige Gerät auf und versinkt optisch in einer Welt, wie die Kuh sie sieht. Spaziert man mit der Brille zum Beispiel durch einen Stall, bemerkt man sofort, was der Kuh Probleme bereitet. Hell-Dunkel-Unterschiede beispielsweise. Weil sich das Kuhauge viel langsamer anpasst, wird man bei Gegenlicht massiv geblendet, während dunkle Abschnitte einfach pechschwarz sind. Da geht man auch als Mensch nicht mehr weiter. 

    Dunkel ist es auch, wenn Kühe nachts im Brandfall ins Freie müssen. Diel: „Sie können die Austriebsfläche gar nicht wahrnehmen. Dies in Kombination mit lauten Geräuschen und fremden Eindrücken – da ist es nicht verwunderlich, wenn sich das Tier sagt: Ich bleibe lieber hier drinnen, wo ich mich auskenne und mich eigentlich sicher fühle.“ Für die Arbeit der Feuerwehr bedeutet das: Zuerst die Fläche vor dem Stall ausleuchten, damit die Kühe dort überhaupt etwas sehen können. Dann wird das Treiben schon deutlich leichter – in vielen Situationen. Ein schönes Beispiel, wie Wissenschaft den Praxisalltag erleichtern kann. Wer mehr wissen will: Diel gibt auch Schulungen für

    Neugierig, wie eine Kuh sieht? Im Internet gibt es eindrucksvolle Videos. Einfach „Echemer Kuhbrille“ googeln. 

    Zur Person: Tanja Warter ist Tierärztin und verknüpft seit Jahren die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.

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