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Tier-Kolumne: Sind Elstern so diebisch wie ihr Ruf?

Tier-Kolumne

Sind Elstern so diebisch wie ihr Ruf?

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    Sind Elstern so diebisch wie ihr Ruf? Unsere Kolumnistin schreibt klar: nein!
    Sind Elstern so diebisch wie ihr Ruf? Unsere Kolumnistin schreibt klar: nein! Foto: Jens Büttner

    Ninetta steht vor Gericht. Sie wird zum Tode verurteilt, weil sie einen Silberlöffel gestohlen haben soll. Vor der Vollstreckung übergibt sie ihrem Freund Pippo ihre letzten Habseligkeiten, darunter ein kleines Goldstück. Doch ehe sich dieser versieht, schnappt es ihm eine Elster wieder weg. Pippo kraxelt hinauf zum Nest des Vogels. Dort findet er das Goldstück – und, sapperlot, auch jenen Silberlöffel, für den Ninetta sterben muss. In allerletzter Minute kann ihre Hinrichtung verhindert werden. Schuld war ja die diebische Elster, der Gioachino Rossini mit „La gazza ladra“ eine ganze Oper widmete.

    Dass Elstern auf Silber, Gold und Glänzendes stehen, wird seit jeher berichtet. Und bis heute hält sich diese Meinung.

    Erste Anklagepunkt: Diebstahl!

    Pflichtverteidigung: Für eine Verurteilung der Elster an sich reicht Anekdotisches nicht aus. An der englischen Universität Exeter wollten es die Forscher vor einigen Jahren genau wissen: Nehmen Elstern glänzende Dinge oder nicht? Um vergleichen zu können, legte das Team glänzende Gegenstände aus und zusätzlich dieselben Gegenstände mit einem matten Anstrich. Fazit nach 64 Tests: Nur zwei Mal nahm eine Elster einen Silberring in den Schnabel, ließ ihn dann aber gleich wieder fallen. Ansonsten betrachteten die Vögel die neuen Objekte zwar, blieben aber eher in sicherer Entfernung. Ob matt oder glänzend spielte keine Rolle. Angezogen vom Glitzer waren die Elstern definitiv nicht. Als schlau beurteilten die Forscher das Verhalten, sich nicht gleich von der Neugier zu impulsiven und vielleicht riskanten Taten hinreißen zu lassen. Man kann also annehmen, dass diebische Elstern, die etwas Glänzendes mitnehmen, seltene Einzelfälle sind, uns Menschen aber besonders auffallen. Alle anderen Elstern, die tagtäglich massenhaft Glanz und Glitzer ignorieren, registriert halt niemand. Mit Gold, Perlen und Silberlöffeln gefüllte Nester gehören ins Reich der Märchen und Opern. 

    Anklagepunkt 2: Fraß von Eiern und Jungvögeln.

    Pflichtverteidigung: Das kommt vor, oft sind Amseln die Opfer. Da Elstern aber nicht wählerisch sind und auch Schnecken, Regenwürmer, Insekten, Beeren, Sämereien und Aas fressen, räubern sie nicht systematisch und bedrohen auch keine anderen Vogelarten.

    Anklagepunkt 3: Ruhestörung durch Lärm.

    Pflichtverteidigung: Das laute und markante Tschackern der Elstern ist ein Warn- und Alarmruf. Vielleicht, weil eine Katze durch den Garten schleicht, ein Greifvogel seine Kreise zieht oder Artgenossen dem Revier eines Paares (Elstern bleiben ein Leben lang zusammen) zu nahe kommen. Dass es so oft Anlass zum Warnen gibt, liegt nicht an der Elster, sondern an der Umwelt. Ihr Gesang ist in Wirklichkeit zart und leise und nur selten zu hören. 

    Elstern sind wie alle Rabenvögel sehr clever. Besonders spannend: Sie bemerken schnell, wenn man sie beobachtet, und verhalten sich dann auffällig unauffällig. Fast möchte man meinen, in Wahrheit würde die Elster den Menschen observieren. Nicht umgekehrt. Unbedingt ausprobieren. 

    Zur Person: Tanja Warter ist Tierärztin und verknüpft seit Jahren die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.

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