Prolog: Ein Mädchen spielt in einer Blumenwiese, ein hübscher roter Kater kommt plötzlich vorbei. Er gesellt sich zu dem Kind und es scheint, als wären ihm ein paar Streicheleinheiten gerade recht. Das Mädchen beugt sich zu dem Tier – und zack, der Kater beißt zu. Die Bisswunde entzündet sich, das Kind muss im Krankenhaus behandelt werden. Für die Eltern des Mädchens ist klar: Der Täter ist der Nachbarkater Simba. Sie zeigen die Besitzerin an.
Erster Akt: Im Juli wagt sich Simba, mutig und neugierig zugleich, über die Terrassentür tatsächlich in die Wohnung der Opferfamilie. Die Mutter des Kindes wird später vor Gericht schildern, wie sie Simba im Badezimmer einsperrt, ihn „festsetzt“, wie sie es nennt, und in Österreich die Mobile Überwachungsgruppe samt Amtstierärztin alarmiert. Simba wird ins Tierheim gebracht und verharrt für dreieinhalb Wochen in Quarantäne – gewissermaßen in U-Haft. Bedingung für seine anschließende Freilassung: Er muss in Hausarrest bleiben.
Mehrere rote Kater in der Nachbarschaft sorgen für Verwirrung
Zweiter Akt: Die Staatsanwaltschaft bestätigt nun die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen fahrlässiger Körperverletzung. Inzwischen haben sich vier weitere aufgebrachte Menschen gemeldet, die angeblich von Simba gebissen wurden. Von der Polizei-Juristin heißt es: „Tiere sind so zu verwahren, dass niemand gefährdet oder über ein zumutbares Maß hinaus belästigt wird.“
Ist der Beschuldigte wirklich der Täter? Zeugen sind sich sicher, aber Simbas Frauchen hält dagegen: In der Umgebung gebe es fünf rote Kater und es sei schon zu Verwechslungen gekommen.
Dritter Akt: Zeugen müssen bei Gericht anhand von Fotos festlegen, welche der gezeigten roten Katzen sie gebissen haben soll. Das klappt nicht besonders gut. Einmal heißt es bei Simbas Foto: „Nein, diese Katze schaut viel zu nett aus. Die hat mich nicht gebissen.“ Außerdem berichtet die Pflegerin aus dem Tierheim, Simba sei freundlich und nie aggressiv gewesen. Die Richterin fragt Simbas Frauchen dann überraschend, ob sie ihren Kater zum nächsten Termin mitbringen könne. Sie bejaht.
Katze beißt Mädchen: Vorerst Freispruch für Kater Simba
Vierter Akt: Ein Verhandlungstag im Dezember 2022. Simba kann zum Termin doch nicht erscheinen. Durch das Eingesperrtsein daheim (eine Auflage des Magistrats) leide er nun unter körperlichen und vor allem psychischen Problemen. Da Simbas Täterschaft nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, wird er beziehungsweise seine bei Gericht weinende Besitzerin freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Nachbarn haben eine Fortsetzung von „Simba vor Gericht“ angekündigt.
Das klingt alles unglaublich? Stimmt. Es ist aber so geschehen – und das im heiteren Bezirksgericht in Innsbruck, Tirol. Die Geschichte enthält zumindest einen lehrreichen Kern für Menschen: Katzenbisse sind wirklich gefährlich. Man sagt, bis zur Behandlung nach einem Katzenbiss solle nie die Sonne auf- oder untergehen. Das heißt: Sofort zum Arzt gehen und keinesfalls bis morgen warten. Zu Gericht kann man dann später immer noch aufbrechen.