Das Herz rast, die Hände zittern, das Atmen fällt immer schwerer: Nimmt ein Gefühl der Angst Überhand, kann der menschliche Körper mit einer Panikattacke reagieren. Ein solcher Anfall kommt mit Wucht - und lässt Betroffene mitunter denken, dass sie sterben. Allein in Deutschland erlebten im Schnitt etwa 30 Prozent der Menschen im Lauf ihres Lebens eine Panikattacke, erklärt der Leiter der Angstambulanz der Berliner Charité, Andreas Ströhle.
Anlässlich des Welttags für seelische Gesundheit am Donnerstag (10. Oktober) verrät ein Blick auf Zahlen deutscher Krankenkassen: diagnostizierte Angstzustände und entsprechende Erkrankungen nehmen zu. So sind nach Angaben der DAK-Gesundheit Fehltage aufgrund psychischer Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen im ersten Halbjahr 2024 stark gestiegen. Bei der IKK-Krankenkasse hat der Anteil der von einer Angststörung betroffenen Versicherten sich innerhalb von zehn Jahren um mehr als 37 Prozent erhöht, wie die Versicherung im vergangenen Jahr mitteilte.
Charité-Mediziner Ströhle beschreibt Panikattacken als körpereigene Alarmanlage. «Man kann sich das ein bisschen vorstellen wie einen Alarm, der von einer Alarmanlage ausgelöst wird. Das geht ganz schnell von 0 auf 100 und bildet sich dann langsam wieder zurück», erklärt der Psychiater. Doch nicht jeder Angstanfall laufe gleich ab - und nicht immer stecke eine psychische Erkrankung dahinter.
Was in Körper und Gehirn passiert
Bei einer Panikattacke komme es zu einer Aktivierung von bestimmten Hirnregionen, erklärt Ströhle. «Für diese körperlichen Reaktionen sind der Hirnstamm und die physiologischen Zentren im Gehirn verantwortlich, die den Kreislauf und die Atmung regeln.» Diese stammesgeschichtlich alten Zentren seien für Reaktionen wie beschleunigter Puls, Atemnot oder Schwitzen mitverantwortlich.
Werden diese Prozesse in Gang gesetzt, kommt es im Körper zu einer massiven Alarmreaktion. Diese führt Ströhle zufolge dazu, «dass sich der Körper auf eine große Bedrohung einstellt, Reaktionen wie Kampf oder Flucht besser möglich sind und die Muskulatur besser durchblutet ist». Dadurch könne der Körper auf eine potenzielle Bedrohung möglichst gut reagieren.
Nehme die Attacke ihren Lauf, seien die Symptome vielfältig, erklärt der Experte. «Atemnot, Hyperventilation oder beschleunigte Atmung sind klassische Symptome einer Panikattacke, müssen aber nicht zwangsläufig auftreten.» Mitunter leiden Betroffene auch unter Schweißausbrüchen, Unruhe oder vermehrtem Harndrang. Auch von der Angst, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder gar zu sterben, berichten Betroffene.
Panikattacke nicht gleich Panikstörung
Doch warum kommt es überhaupt zu solchen Panikattacken? Ströhle nennt unter anderem psychische und körperliche Erkrankungen, Lebensereignisse und auch Drogen wie Alkohol oder Beruhigungsmittel als Gründe. Bestimmte Risikofaktoren machen ein Auftreten zudem wahrscheinlicher. Vermehrter Kaffeekonsum, Schlafdefizit, Stress oder bestimmte Medikamente können begünstigend wirken.
Überdies gebe es situativ ausgelöste Anfälle. Hat man etwa eine Schlangenphobie und wird mit dem Tier konfrontiert, kann es zu einer Panikattacke kommen. «Von der Symptomatik her können die ähnlich sein wie bei einer Panikstörung, aber sie werden durch bestimmte Situationen beziehungsweise teilweise auch die Vorstellung daran ausgelöst.»
Es sei wichtig, zwischen einer Panikattacke und einer Panikstörung zu unterscheiden. Die Attacke könne auch bei gesunden Menschen auftreten, etwa in einer lebensbedrohlichen Situation oder einer starken Bedrohung. «Wenn ich als Gesunder mit einer Schlange konfrontiert werde, weiß ich: Okay, das war ganz normal, dass ich so reagiert habe», sagt Ströhle.
Überempfindlich eingestelltes Alarmsystem
Hinter einer Panikstörung steckt jedoch eine ernsthafte Erkrankung, bei der es laut Ströhle wiederholt zu unerwarteten Panikattacken kommt. «Dies hat für Betroffene zur Folge, dass sie beginnen, bestimmte Situationen und Aktivitäten zu meiden, sich zurückzuziehen oder mehr Angst entwickeln.» Was dann entsteht, kann Ströhle zufolge als «überempfindlich eingestelltes Alarmsystem» beschrieben werden.
Wie häufig eine solche Panikstörung auftritt, ist allerdings unklar. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) erklärt, dass die jüngsten repräsentativ erhobenen Daten zur Häufigkeit dieser Diagnose in Deutschland bereits einige Jahre zurücklägen. Demnach zeigte eine Studie aus dem Jahr 2014, dass damals etwa zwei Prozent der Bevölkerung von der Erkrankung betroffen waren.
Ströhle berichtet aus seiner Erfahrung in der Charité-Angstambulanz, dass sich diese Erkrankung gut behandeln lässt. Dabei kämen eine Psychotherapie, vor allem Verhaltenstherapie, und entweder zusätzlich oder stattdessen Antidepressiva zum Einsatz. Die Erfolgsaussichten einer solchen Therapie seien sehr hoch.
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