Rinderwahnsinn ist tückisch: Die Inkubationszeit ist lang und die Symptome verschlimmern sich nach und nach. Dabei wird das gesamte zentrale Nervensystem eines betroffenen Rinds beschädigt. Am 22. Januar 1997 wurden aufgrund von BSE in Deutschland insgesamt 5.700 Rinder auf Verdacht notgeschlachtet. Das führte zu einem Einbruch des Rindfleischmarktes in Europa.
Nun wurde in den Niederlanden eine Kuh positiv auf BSE getestet, doch es gibt bereits Entwarnung: Die Variante ist nicht für den Menschen gefährlich. Doch mit welcher Variante können sich Menschen anstecken und wie äußern sich die Symptome?
Rinderwahnsinn (BSE): Die Abkürzung erklärt
Der Fachbegriff für Rinderwahnsinn lautet Bovine spongiforme Enzephalopathie und wird deshalb auch mit BSE abgekürzt. Die Abkürzung im Überblick:
- Bovine heißt im Englischen "Rind" und stammt vom lateinischen Wort "bovinus".
- Spongiform bezieht sich auf die Auswirkungen der Krankheit. Unter dem Mikroskop sehen die Gehirne betroffener Rinder nämlich schwammig aus. "Sponge" heißt im Englischen Schwamm.
- Enzephalopathie ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen, die das gesamte Gehirn betreffen.
Wann und wo hatte der Rinderwahnsinn seinen Ursprung?
1985 wurde Rinderwahnsinn zum ersten Mal in Großbritannien entdeckt. Immer mehr Bauern meldeten befallene Herden. Die Krise eskalierte und führte bis 1993 zum Tod von etwa 90.000 Rindern. 1996 hat die EU-Kommission ein weltweites Export-Verbot für britische Rinder und Rinderprodukte verhängt. Es wurde erst am 14. Juli 1999 wieder aufgehoben. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird vermutet, dass sich in Großbritannien seitdem insgesamt drei Millionen Rinder infiziert haben.
In Deutschland wurde BSE erstmals am 24. November 2000 bestätigt. Es handelte sich nicht um ein importiertes, sondern um ein in Deutschland geborenes Tier. Zwei Tage später hat Deutschland die Verfütterung von Tiermehl verboten. Mehr als 400 Fälle wurden seither in Deutschland registriert. Zuletzt wurde laut dem BMEL 2021 ein Tier notgeschlachtet. Insgesamt 24,4 Millionen Rinder wurden untersucht. Die Testpflicht für alle Rinder im Alter von mehr als 30 Monaten, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden sollten, wurde im Januar 2001 eingeführt.
Übertragung: Was ist der Auslöser für Rinderwahnsinn?
Die Erreger lassen sich weder Viren noch Bakterien zuordnen: Rinderwahnsinn wird durch abnormale Prione ausgelöst. Prione sind Proteine, die auch im menschlichen Körper vorhanden und normalerweise völlig harmlos sind. Es kann aber zu abnormalen Verwachsungen kommen, wodurch Krankheiten wie der Rinderwahnsinn im Körper ausgelöst werden können. Forscher gehen davon aus, dass der Auslöser für die tragische BSE-Krise in Großbritannien kontaminiertes Fleisch- und Knochenmehl, sogenanntes Tiermehl, war. In dem Futter befinden sich Teile verschiedener Wiederkäuer – unter anderem Schafe. Bei Schafen wurde bereits 1732 zum ersten Mal die Krankheit Scrapie (Traberkrankheit) beschrieben. Sie greift ebenfalls das Gehirn der Tiere an.
Teile erkrankter Tiere wurden dann im Tiermehl verfüttert und gleichzeitig unzureichend erhitzt, weshalb die abnormalen Proteine nicht zerstört wurden und so auch in zuvor gesunde Tiere gelangten. Das Tückische daran: Der Körper erkennt die abnormalen Prione nicht und geht deshalb auch nicht dagegen vor. So kommt es zu der langen Inkubationszeit.
Übertragung und Ansteckung: Können Menschen Rinderwahnsinn bekommen?
Es gibt verschiedene Varianten von BSE: klassisches BSE, atypische BSE Typ H und die atypische Variante Typ L. Der Mensch kann sich mit der klassischen Variante anstecken. Sie wird laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durch den Verzehr von infiziertem Fleisch übertragen und kann beim Menschen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) verursachen. Auslöser sind ebenfalls falsch gefaltete Prionen. Sie wurde 1996 zum ersten Mal diagnostiziert. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilt, trifft die Krankheit meist Menschen ab einem Alter von 59 Jahren. Auch beim Menschen gibt es weder eine Impfung noch eine Behandlungsmöglichkeit. Die Krankheit endet tödlich, ist aber äußerst selten: Seit 1995 wurden laut dem RKI weltweit 200 Fälle dokumentiert (Stand 2018). Laut der US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) waren es weltweit 232 Fälle (Stand 2019). Weder BSE beim Rind, noch CJK beim Menschen ist ansteckend. Es wird also nicht wie ein Virus, sondern über das Essen von hochinfektiösem Rindermaterial übertragen. Die Inkubationszeit kann bis zu 30 Jahre betragen, wie das Schweizer Bundesinstitut für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen berichtet.
Rinderwahnsinn: Wie äußern sich die Symptome von BSE?
Rinderwahnsinn endet immer tödlich. Bisher gibt es keine Behandlungsmöglichkeiten. Laut dem BMEL äußert sich BSE beim Rind anhand folgender Symptome:
- Verhaltensänderungen, wie Nervosität, Ängstlichkeit und Schreckhaftigkeit,
- Bewegungsstörungen und Koordinationsschwierigkeiten, im Endstadium Festliegen
- Sensibilitätsstörungen, wie Überempfindlichkeit auf Berührung, Lärm und Licht.
Beim Menschen zeigt sich Rinderwahnsinn häufig anhand von Gedächtnisverlust und Verwirrtheit. Die geistige Funktion nimmt bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit immer weiter ab. Weitere Symptome laut dem MSD Manual sind:
- Lustlosigkeit
- Reizbarkeit
- Schlafprobleme und Müdigkeit
- unsicherer Gang
- Muskelzuckungen
- verschwommene Sicht
Was wird in Deutschland gegen Rinderwahn unternommen?
Es gibt Rechtsvorschriften, die eine Verbreitung der Krankheit verhindern sollen. Basierend auf neuen wissenschaftlichen Studien wurde die Fütterung von verarbeitetem tierischen Protein 2021 wieder an Schweine und Geflügel erlaubt. Laut der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft dient dies der besseren Ressourcennutzung. Die Fütterung aus Protein von Wiederkäuern an landwirtschaftliche Nutztiere ist weiterhin verboten. Die Maßnahmen im Überblick:
- Tierisches Protein darf nicht an Wiederkäuer verfüttert werden. Auch die Fütterung von Protein aus Wiederkäuern an landwirtschaftliche Nutztiere ist verboten.
- Bestimmte Organe werden bei der Schlachtung entfernt, da sie als Risikomaterial eingestuft werden.
- Es werden BSE-Schnelltests durchgeführt.
- Tiere können entlang der gesamten Lebensmittelkette rückverfolgt werden.
- BSE ist meldepflichtig. Bauern die Auffälligkeiten in ihrer Herde beobachten müssen die Behörden alarmieren.
Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung werden die Maßnahmen bei einem veränderten Risiko angepasst. Am 6. Juli 2016 hat Deutschland in Bezug auf BSE den Status "vernachlässigbares Risiko" erhalten.