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Unterwegs in Dublin: Na, dann Prost! Dublin auf Spuren der Familie Guinness

Unterwegs in Dublin

Na, dann Prost! Dublin auf Spuren der Familie Guinness

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    Abendstimmung in Dublin.
    Abendstimmung in Dublin. Foto: Adobe/Petair

    Irland soll ja die Grüne Insel sein. Aber in Dublin, der Hauptstadt, ist sie dunkelbraun bis schwarz, wie das Bier, das überall aus den Zapfhähnen quillt. Dublin, die Hauptstadt der Republik Irland, war lange ein Sorgenkind unter den europäischen Metropolen, heute ist es ein internationales IT-Zentrum, eine der teuersten Städte des Kontinents. Aber abends, wenn selbst in den Europazentralen von Google, Microsoft und Facebook langsam die Lichter verlöschen, ist es noch immer eine Stadt der Pubs, vor allem in dem abends oft überfüllten Viertel Temple Bar, das an vielen Abenden wie ein einziger großer Junggesellenabschied wirkt. Dann erzählt Dublin seine andere Geschichte – und die ist eng mit der Familie Guinness verbunden. Das merkt der Pubbesucher schon beim Bezahlen. Denn dieselbe keltische Harfe, die auf die irischen Euro-Münzen geprägt ist, ziert auch das Bierglas, das am Tresen für sie bereit steht. Nur spiegelverkehrt, aus markenrechtlichen Gründen: Guinness war zuerst da.

    259 Jahre Historie lassen sich nicht einfach in einen kleinen Raum packen. Aber man kann es ja mal versuchen. Mitten im siebenstöckigen Guinness Storehouse am Brauerei-Stammsitz St. James’s Gate, vor dessen Toren im Minutentakt die Busse stoppen und an guten Tagen 8000 Menschen aus aller Welt ausspucken, empfängt Archivarin Jessica Handy nach Voranmeldung Gäste in ihrem stillen Reich. Solche Besucher, die nicht nur den Gerstensaft kosten wollen, von dem auf dem Areal täglich etwa 1,6 Millionen Liter gebraut werden, sondern auch ein bisschen Wissensdurst mitgebracht haben. Ein guter Ort, um auf die Spuren der Brauerdynastie zu kommen. In Vitrinen stehen Flaschen über Flaschen. Dazu Dokumente und Bilder, laminiert, damit jeder einen Blick darauf werfen kann. Handy holt eine Flasche aus Malaysia hervor, auf dem Etikett prangt eine Bulldogge. Ein Hund als Guinness-Maskottchen? Die Archivarin klärt auf. Als das Bier noch in Fässern von Dublin aus um die Welt geschippert wurde, hätten die Abfüller vor Ort ihre eigenen Logos auf die Flaschen gedruckt. Manche, wie die Bulldogge, seien so bekannt geworden, dass man sie noch heute verwendet. Überhaupt ist Guinness auf anderen Kontinenten viel populärer als etwa in Deutschland. Der größte nationale Einzelmarkt ist Nigeria, in Lagos steht die größte Guinness-Brauerei der Welt.

    Der Pachtvertrag läuft über 9000 Jahre

    Die Geschichte der Brauerei beginnt am 31. Dezember 1759, und zwar genau dort, wo heute noch der braune Saft sprudelt. Arthur Guinness, damals 34 Jahre alt und offenbar ein Optimist, unterschreibt einen Pachtvertrag über 9000 Jahre – für eine alte, zu diesem Zeitpunkt wohl eher ruinöse Brauerei am St. James’s Gate. 1799 beschließt Guinness, ganz auf eine Biersorte zu setzen: das vor allem bei Arbeitern beliebte, tiefdunkle Porter. Die Erfolgsgeschichte setzt sich unter seinen Nachfolgern fort. 1817 werden die USA zum Exportmarkt, 1858 wird Guinness bis nach Neuseeland transportiert, 1880 ist St. James’s Gate die größte Brauerei der Welt. Groß ist Guinness noch immer, aber kein Familienbetrieb mehr. 1993 ging die Firma im Konzern Diageo auf, zu dem auch Spirituosenmarken wie Smirnoff oder Johnnie Walker gehören.

    Das Storehouse wurde 1904 als Fermentationsanlage gebaut, inzwischen ist es mit rund 1,7 Millionen Besuchern im Jahr (2017) die beliebteste Touristenattraktion Irlands. Zum Vergleich: In Neuschwanstein sind es 1,4 Millionen. Das Storehouse ist eine Mischung aus Multimedia-Erlebniswelt, Fanshop und Großgaststätte auf sieben Stockwerken, gruppiert um einen Lichthof in Form eines Pint-Glases. Das soll wohl Durst machen. Jeder fünfte Besucher, erklärt Führer Domnhall Marnell, hat vor dem Besuch noch nie ein Guinness getrunken. „Viele sind schon abgeschreckt, wenn sie die dunkle Farbe sehen“, sagt er. Dabei sei das klassische Guinness gar nicht so schwer und stark wie es aussieht. Die Farbe komme daher, dass ein Teil des Malzes fast schwarz geröstet, zermahlen und in den Sud gegeben wird.

    Die Besucher können ihr Guinness selbst zapfen

    Der Rundgang beginnt bei den Zutaten, der Weg führt vorbei an rauschendem Wasser, an der Gerste, an Erklärstationen, wo das Mälzen und die Hefe-Fermentation erklärt werden. Im „White Room“ lassen sich die einzelnen Aromen erschnuppern, eine Abteilung ist den ikonischen Werbeanzeigen mit Tukanen und anderem Getier gewidmet, die auch hierzulande in Pubs die Wände zieren. Dort, wo das „Guinness Draught“ mit seinem feinporigen, festen Schaum ausgeschenkt wird. Der rührt daher, dass über die Zapfanlage nicht Kohlendioxid, sondern Stickstoff zugeführt wird. Das Zapfen können Storehouse-Besucher in der „Guinness Academy“ üben. Marnell macht es vor – und natürlich ist das Ergebnis bei ihm tadellos. „Du weißt, dass es ein perfektes Pint ist, wenn der Schaum am Ende übrig bleibt“, erklärt er. Die Besucher tun es ihm gleich. Und jeder will herausfinden, ob bei seinem Pint der Schaum im Glas bleibt. Wer dann immer noch durstig ist, fährt nach ganz oben in die Gravity Bar. Von dort aus blickt der Besucher über die ganze Stadt Dublin. Er sieht das Brauereigelände zu Füßen des Storehouse, den Fluss Liffey, aber auch die großen Sehenswürdigkeiten Dublins, etwa das Trinity College mit seiner Bibliothek und die St. Patrick’s Cathedral.

    Nächster Tag, Treffpunkt am St. Stephen’s Green, dem großen Park im Zentrum der mit rund 550000 Einwohnern kleinen Metropole, umringt von Gebäuden im streng-nüchternen georgianischen Stil, der so viele Straßenzüge Dublins prägt. Archivarin Jessica Handy führt die Besuchergruppe auf die Spuren der Dynastie, die nicht nur Brauer, sondern auch (Er)Bauer hervorgebracht hat. Und große Philanthropen: Arthur Edward Guinness, ein Enkel des Brauereigründers Arthur und nobilitierter Baron Ardilaun, ließ den zuvor eingezäunten Park 1880 auf eigene Kosten umgestalten und schenkte ihn danach der Allgemeinheit. Einer der Produzenten des „Black Stuff“ spendierte der Stadt ihre wohl beliebteste grüne Oase. Nach einem Spaziergang durch das Arbeiterviertel Liberties steht die Gruppe vor der frühgotischen St. Patrick’s Cathedral. Die Kirche sei im 19. Jahrhundert so verfallen gewesen, dass man durch das Dach sehen konnte, berichtet Handy. Benjamin Guinness, ein weiterer Enkel des alten Arthur, schoss 1860 die damals stolze Summe von 150000 Pfund in die Renovierung, die er auch selbst beaufsichtigte. Gleich hinter dem Gotteshaus deutet die Führerin auf einen Backstein-Block. „Iveagh Trust“ und die Jahreszahl stehen 1901 auf der Hauswand. Auch dahinter verbirgt sich die Familie – der Titel eines Earl of Iveagh wurde Benjamin Guinness’ Sohn Edward Cecil verliehen. Die Iveagh-Stiftung engagiert sich im sozialen Wohnungsbau, was heute vielleicht wichtiger denn je ist. Für normale Leute sei es nahezu unmöglich, eine bezahlbare Wohnung zu finden, klagt Jessica Handy. Ihr Vorteil: Bei Guinness bekommen die Mitarbeiter bis heute kostenlose Mahlzeiten.

    Das Storehouse hat eine feine Ecke

    Wer darauf nicht angewiesen ist, kann sich abends in eines der feineren Lokale Dublins begeben. Oder wiederum ins Guinness Storehouse. Genauer gesagt in den Bereich „Connoisseur Experience“, wo man zu besonderen Terminen beim „Supper Club“ ein elegantes Sechs-Gänge-Menü mit passender Bierbegleitung serviert bekommt. Die Genießer sitzen abseits des Trubels in einem abgedunkelten Raum, von großen Herren der Guinness-Historie beobachtet, an einem beleuchteten Tresen. Auf dem Menü: frittierte Calamari mit Krustentier-Mayonnaise und Estragon; oder geräuchertes Knochenmark mit Kapern. Und natürlich Austern. Gerne zitiert man im Hauptquartier des dunklen Bieres einen Ausspruch des britischen Premiers Benjamin Disraeli. Der beschloss 1837 mit Austern und Guinness den „bis dato denkwürdigsten Tag“ seines Lebens. Disraeli machte nur einen Fehler: Er genoss die Kombination in London.

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