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Stand-up-Paddeln: Expedition auf dem Eibsee - Woher kommt der SUP-Hype?

Stand-up-Paddeln

Expedition auf dem Eibsee - Woher kommt der SUP-Hype?

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    Arnd Dünzinger ist auf dem Eibsee unterwegs.
    Arnd Dünzinger ist auf dem Eibsee unterwegs. Foto: Verena Mörzl

    Logbuch einer Mikro-Expedition unterhalb der Zugspitze: Zwei Stehpaddler erkunden erstmals den Eibsee, dessen Aussehen sich im Lauf der Tour verändern wird. Bekannt ist, was sich bereits vom Ufer aus erkennen lässt: mehrere Inseln, bewaldetes Ufergebiet und ringsum die bayerischen Alpen, die sich im klaren Wasser spiegeln – darunter Deutschlands höchster Gipfel, die Zugspitze. Hallo Madame!

    Unter ihrer Aufsicht gleiten wir langsam zu Wasser und paddeln auf den aufblasbaren Stand-up-Paddelboards los. Vor etwa zwölf Jahren versuchte das erstmals ein Wassersportler aus Garmisch. Sein Material war, nun ja, einfallsreich.

    Arnd Dünzinger, SUP-Pionier und Konditormeister aus Garmisch.
    Arnd Dünzinger, SUP-Pionier und Konditormeister aus Garmisch. Foto: Verena Bartelsheim

    Dieser SUP-Pionier ist Arnd Dünzinger (54). 2007 kraulte er durch den Eibsee, um für einen Triathlon zu trainieren. „Während des Schwimmens habe ich immer wieder einen knienden Paddler gesehen. Wie ein Indianer stand er auf dem Brett, das vordere Bein aufgestellt.“ Arnd Dünzinger zog weiter seine Bahnen durch den See und sah noch etwas vor sich, eine weitere Form der Triathlon-Vorbereitung. Das Paddeln muss ein hervorragendes Oberkörper-Training sein, dachte er sich. Also setzte er auf der Suche nach dem passenden Material eine Annonce in die Zeitung. Einige Tage später lagen vier Surfbretter im Hof vor seiner Backstube in der Garmischer Zugspitzstraße. Doch ein wichtiges Instrument fehlte noch: das Paddel. Nach Bastelversuchen mit Alu-Equipment bestellte er in einem Surfshop bei Starnberg ein längeres Modell. Erst nach einigen Monaten wagte er Aufsteh-Versuche. Das zweckentfremdete Surfbrett war verdammt wackelig...

    SUP in den Bergen: Traumziel Eibsee

    Seitdem hat sich viel getan. Auch am Eibsee, wo mittlerweile viele Paddler auf die Bretter steigen. Nach dem Einstieg auf Höhe des Eibsee-Hotels (der Eigentümer-Familie Terne-Rieppel gehört auch der See, in einem Treppenhaus des Hotels hängen tolle Bilder über die Geschichte des Sees) führt uns eine erste Expedition geradeaus auf die Ostseite. Eintrag ins Logbuch: „Als würde uns die Magie des Unbekannten auf den Inseln locken, ziehen wir durchs Wasser, fast lautlos.“ Vom Ufer aus sind entfernt Stimmen zu hören, Badegäste breiten ihre Handtücher in den steinernen Buchten aus, die sich rot und gelb und grün von den riesigen Kieselsteinen abheben. Der Eibsee ist mitunter einer der schönsten Bergseen der Alpen, doch alles andere als ein Geheimtipp. Auf den Brettern lassen sich neue Wege erkunden. Die neuen Ufer bedeuten in diesem Fall: offenes Wasser.

    Warum hält der SUP-Hype in Deutschland an?

    Heute, zwölf Jahre nach Arnd Dünzingers ersten Übungsfahrten und später dem Einstieg ins SUP-Rennen-Geschäft, hält der Hype des Paddelns in Deutschland an. Doch warum? „SUP ist zum Unterhaltungssport geworden. Früher hat man den See lediglich umrundet, jetzt hat man ein neues Metier entdeckt.“ Der Wassersportler meint damit das Wasser, auf dem sich stehend (und damit anders als im Kanu oder Tretboot) mehr entdecken lässt. Zum Beispiel das unfassbar klare Wasser des Eibsees, das mal fast nachtschwarz (der See ist bis zu 36 Meter tief), mal karibisch wie geschmolzene Eis-Bonbons in der Sonne schimmert und den See immer wieder anders aussehen lässt. Besonders eindrucksvoll am Nordufer und den davorliegenden acht Inseln. Eintrag fürs Logbuch: „Für SUPs kein Problem, doch hier ist wenig Wasser unterm Bug. Mitten auf dem See ist der Boden zu sehen, Steine, die einst der Zugspitze gehörten und durch das Wasser lupenähnlich riesig vergrößert wirken.“

    Wegen des klaren Wassers reicht der Blick bis auf den Grund.
    Wegen des klaren Wassers reicht der Blick bis auf den Grund. Foto: Verena Mörzl

    Florian Brunner, Geschäftsführer APM Marketing für Starboard Deutschland, hat dieses Jahr versucht, den Hype zu messen. Der Markt fürs Stand-up-Paddeln hat sich 2018 laut Brunner rasant entwickelt. „Das lag sicher auch an dem Super-Sommer 2018“, sagt er. Bei den Board-Herstellern habe es einen Preisruck nach unten gegeben und viele neue Marken von Paddle-Boards seien hinzugekommen. Die Bretter werden über Discounter und Baumärkte verkauft.

    Stand-up-Paddeln hat Kiten und Windsurfen längst überholt

    „Wir als Premiumhersteller sehen das auf den Marktpreis bezogen zunächst mit einem weinenden Auge“, sagt Brunner – Starboard zählt zu den SUP-Marktführern. „Aber das lachende Auge sieht, dass der Sport weiter in die Breite geht.“ Immer mehr Paddler nähmen die Sportart ernster, bestreiten Rennen – sei es nun in der Langstrecke oder in der Welle. Eine Sättigung des Markes sieht er noch nicht. „Es ist inzwischen so, dass SUP Kiten und Windsurfen von der Stückzahl deutlich überholt hat, deutlich. Ich gehe von fast dem zehnfachen Marktvolumen aus.“ Brunner schätzt, dass 2018 zwischen 60.000 und 80.000 SUPs in Deutschland verkauft worden sind. In Amerika sei der Markt deutlich größer, nach seinen Angaben lag der Absatz bei rund 400.000 Brettern. Zum Vergleich: Ende der 80er Jahre, den Hochzeiten des Windsurfens, sollen in Deutschland etwa 100.000, in Amerika 100.000 und weltweit 500.000 Windsurfbretter verkauft worden sein. Auf dem Eibsee sind Zahlen eigentlich nebensächlich. Was die Paddler nach der Tour in Erinnerung halten werden, sind womöglich die acht Inseln, die teils bewaldet sind und auf denen kleine Hütten den Entdeckergeist wecken. Mit dem Board aus nächster Nähe zu beobachten, befriedigt fast den Drang, einmal hinter die Tür blicken zu wollen. Aber daraus wird nichts. Privat bleibt privat. Paddler sind friedvolle Wesen. Nicht, dass es noch einen Grund gibt, das Logbuch zu analysieren. Havarie wegen unbekannt … Der überwältigende Blick Richtung Zugspitzmassiv und der Eibsee unter den Füßen müssen genügen.

    Auch wenn Konditormeister Arnd Dünzinger am Eibsee aufgewachsen ist, sein Liebling ist ein anderer: der Staffelsee. „Weil er alles bietet: Biergärten, eine tolle Landschaft, die Sonnenuntergänge sind traumhaft und der See ist gut zugänglich.“ Als „verwinkelte Inselschönheit“ wird der Staffelsee sogar im „SUP-Guide bayerisches Alpenvorland“ beschrieben (2. Auflage Thomas Kettler Verlag, Anja und Andy Klotz). Und der SUP-Guide ist nicht der einzige Ratgeber für Stand-up-Paddler in Deutschland, was dank der Sportart erstens auf eine breite Masse und zweitens auf ein bereits ausgefeiltes touristisches Angebot schließen lässt. Der Starnberger See zählt ebenfalls zu einem der beliebten SUP-Ausflugsziele im Münchner Umland. Dort betreibt Eliane Droemer den SUP-Club. Der SUP-Hype liegt in ihren Augen an mehreren Faktoren: Die aufblasbaren Boards sind leicht zu transportieren, der Wassersport hat einen höheren Frauenanteil und die wiederum bringen Freunde und Familie dazu oder mit. Und: „In Deutschland gibt es viele Möglichkeiten, den Sport auszuüben, und er ist für alle Altersklassen geeignet.“

    Im Logbuch der Eibsee-Tour werden abschließend noch einige Notizen ergänzt. Betriebszeit: zwei Stunden. Dreimal geankert, zweimal eingetaucht, einmal den mitgebrachten Wurstsalat im Sonnenuntergang genossen. Beobachtungen: SUPs, Kajaks und Tretboote teilen den See. Wetter: wolkenlos. Wind: drehfreudig. Kurs: mit mittlerer Kraft voraus, getrieben vom Hype. Dann legen wir wieder an. Doch schon für den nächsten Tag steht fest: einige der türkisen Buchten und der kleine See hinter der Brücke sollen noch ihren Platz im Logbuch der Mikro-Expedition bekommen.

    Eine Gruppe paddelt auf den SUPs am Plansee.
    Eine Gruppe paddelt auf den SUPs am Plansee. Foto: Verena Mörzl

    Und dann geht es zum österreichischen Nachbarn, dem Plansee, auf zu neuen Abenteuern auf einem anderen der vielen erkundenswerten Alpenseen. So viel sei verraten: Was das Farbenspiel angeht, muss er sich vor dem Eibsee nicht verstecken.

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