Camping ist mehr als eine Art Urlaub zu machen, es ist ein Lebensgefühl. Und ein Campingplatz ist mehr als eine Fläche, auf der Menschen nächtigen, es ist ein Mikrokosmos. Eine kleine Typologie. Die Quelle? Erfahrung.
Der Anfänger: Von diesem Typen wird es heuer deutlich mehr geben, schließlich erlebt die Branche gerade einen Boom. In der Regel war der Anfänger schon mal als Kind campen oder ist kompletter Neuling. Fällt durch Halbsätze wie „Eigentlich hasse ich Camping, aber …“, „ … zweite Chance geben …“, „ … weil’s ja sicherer ist in Corona-Zeiten“ auf. Man erkennt ihn auch an den fragenden Blicken und der Langsamkeit. Stellplatz auswählen, Rangieren, Aufbauen – dauert alles etwas länger. Häufig im Gepäck: Entweder die Vollausstattung vom Camping-Discounter oder ganz minimalistisch mit zusammengewürfeltem Equipment von daheim. Gefundenes Opfer für -> Besserwisser.
Der Minimalist: Ja, es gibt sie noch: Mit Zelt und Luftmatratze unterwegs oder mit Mini-Gefährt und ebenfalls kleinem Gepäck. So fing Camping einst an – ohne Schnickschnack mitten in der Natur. In Zeiten von Van-Life wird diese Form des Campings wieder beliebter. -> Naturliebhaber
Der Sparsame: Wälzt vorher Campingführer nach Preisen, hat sich alle Camping-Rabatt-Plaketten besorgt, kocht stets selbst und kann sich wochenlang von Nudeln mit Tomatensoße ernähren. Spricht mit Nachbarn gerne über Campingschnäppchen. -> Besserwisser
Der Technikfreak: Seine Behausung strotzt vor technischen Finessen: Einparkhilfe mit Fernsteuerung, Flachbildschirm, Satellitenschüssel, Soundanlage, Eiswürfelmaschine, Tablet-Computer … In der Dunkelheit leuchtet es bläulich aus seiner Höhle.
Der Angeber: Gibt’s überall im Leben, gibt’s also auch auf dem Campingplatz. Rollt erst dick auf, stellt sich stolz daneben und erklärt allen, auch jenen, die nicht fragen, was der ganze Spaß gekostet hat.
Der Hilfsbereite: Früher war es ganz normal, dass sich Camper untereinander beim Rangieren helfen, der Nachbar schon mal mit anschiebt. Heute ist das nicht mehr selbstverständlich. Zum einen weil Wohnwagen schon von alleine einparken können (-> Technikfreak), zum anderen, weil manch Nachbar angesichts der anrollenden Behausung vielleicht vor Neid erblasst oder sich lieber die Sonne auf den Bauch scheinen lässt (-> Ich-will-meine-Ruhe-Typ). Jedenfalls sticht der Camper vom Typ „hilfsbereit“ aus der Masse hervor und verschönert das Ankommen und Bleiben. Mit seinem Equipment und seinem Wissen kann er besonders für -> Anfänger eine Starthilfe sein. Aber Vorsicht: Kann auch schnell zur Kategorie -> Besserwisser mutieren.
Der Besserwisser: Taucht plötzlich auf, gibt ohne zu fragen Ratschläge, erklärt einem sofort den Campingplatz und stellt nach dem Aufbauen gleich die Frage: „Grillen wir bei uns oder bei euch?“ In der Regel vergisst man sofort seinen Namen und versucht stets, ungesehen an seiner Parzelle vorbei zu kommen.
Der Luxuscamper: Camping ist längst keine billige Urlaubsform mehr. Eine Nacht auf dem Campingplatz kann schon mal so viel wie in einem Mittelklassehotel kosten. Und auch für die Ausstattung kann man schnell ein halbes oder ganzes Vermögen ausgeben. Inzwischen fahren Camper, Wohnwagen und gar Busse im Wert von kleinen Einfamilienhäusern herum, in letzteren ist vermutlich sogar mehr Platz als in einer durchschnittlichen Tokioter Wohnung. Mehr ist mehr – auch das gibt’s beim Camping. Wer so ein Gefährt hat, der hat nicht nur einfach und überall sein Bett dabei, sondern auch sein Bad, eventuell seinen halben Hausstand und manch einer auch noch einen Kleinwagen oder Roller. Komfort ist alles. -> Vollausgerüstete, -> Besserwisser.
Der Vollausgerüstete: „Hab alles dabei“ ist nicht nur ein Satz, den dieser Campingtyp gerne von sich gibt, es ist seine Camping- ja, Lebensphilosophie. Er will auch im Urlaub für alle Eventualitäten gerüstet sein. Der -> Luxuscamper tickt ähnlich, kompensiert aber die Größe der Ladung zum Teil erst vor Ort und bei Bedarf über die Kreditkarte.
Der Hipster: Ist U40 und meistens mit Campingbus unterwegs, mindestens T2 oder T6 California Vollausstattung. Reist mit perfekter Ausrüstung, das aussieht wie lässig zusammengewürfelt, aber de facto mit viel Aufwand arrangiert wurde. Ähnliches gilt für die Kleidung.
Der Naturverbundene: Hat meistens ein Fahrrad dabei, um die Gegend zu erkunden, zeltet auch gerne, weil näher am Boden. Campt auch gerne mal wild.
Der Oldtimercamper: Das Auge campt mit – dafür macht dieser Typ Abstriche im Komfort und genießt, mit einem Gefährt unterwegs zu sein, das schon ein paar Campinggeschichten auf dem Buckel hat. -> Minimalist, Angeber, Hipster.
Der Ich-will-meine-Ruhe-Typ: Macht sein Ding, redet nicht groß mit den Nachbarn, will auch nicht angesprochen werden – Gegenteil von -> Besserwisser.
Der Stammgast: Kommt jedes Jahr, kennt sich bestens aus, hat schon alles gesehen und lässt das -> Anfänger auch gerne mal wissen. Vorstufe zum -> Dauercamper. Gerne auch mal -> Besserwisser.
Der Dauercamper: Steigerung von -> Stammgast. Gehört zum Inventar des Campingplatzes, hält sich mitunter für den Besitzer des Areals oder zumindest für den nicht gewählten Bürgermeister.
Der Nörgler: Hat an allem etwas auszusetzen, daheim wie im Urlaub – und wird daher auch diese Typologie ***** finden.
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