Ein Expeditionstraining im eiskalten Spitzbergen hat Rabea Rogge eine einzigartige Chance gebracht: Sie könnte als erste deutsche Frau ins All fliegen. Bei dem Training im hohen Norden habe sie Chun Wang kennengelernt und mit ihm über den Kosmos gesprochen, erzählt die 28-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Ein halbes Jahr später kam die Anfrage: Wang, der mit Kryptowährungen reich geworden ist, habe drei Plätze frei in einer mehrtägigen Mission mit dem US-Unternehmen SpaceX. Ob sie mitkommen wolle? «Das habe ich nie im Traum absehen können!», sagt sie.
Gerade hält sich Rogge in den USA auf, wo sie ein Trainingsprogramm für den Flug durchläuft. Das Leben im Ausland kennt die junge Frau aus Berlin. Schon für ihren Bachelor und Master war sie in Zürich, zwischendurch auch ein Jahr zum Studieren in Stockholm. Wäre die Sache mit der Weltraummission nicht gekommen, würde sie gerade ihr Robotik-Doktorat in der Arktis im norwegischen Trondheim verfolgen. Davon ist sie nun freigestellt.
Zentrifugen-Training und technisches Training
Die Mission könnte schon Ende des Jahres starten, besonders viel Zeit für die Vorbereitung bleibt der Ingenieurin also nicht. Die medizinischen Untersuchungen, das Zentrifugen-Training und das Expeditionstraining liegen schon hinter ihr, wie Rogge erzählt. Zuletzt habe das technische Training in Kalifornien begonnen. «Da lernt man wirklich, wie man die Kapsel zu fliegen hat.»
Das sei das gleiche Programm wie jenes für Astronautinnen und Astronauten der US-Raumfahrtbehörde Nasa und der europäischen Raumfahrtagentur Esa, die ebenfalls mit der SpaceX-Kapsel «Dragon» fliegen, sagt sie. «Staatliche Astronauten haben allerdings natürlich noch einiges mehr an Trainingseinheiten, da sie nicht nur drei bis fünf Tage, sondern mehrere Monate im All sind.»
Flug über Arktis und Antarktis
Während der Mission namens «Fram2», angelehnt an den Namen eines Schiffes von norwegischen Polarforschern im 19. Jahrhundert, will das Team die Polarregionen in den Blick nehmen, also Arktis und Antarktis. Rogge ist in dem vierköpfigen Team die Wissenschaftlerin. Sie soll zum Beispiel dafür zuständig sein, ein mysteriöses Himmelsleuchten zu untersuchen. Zur Mission gehören neben Chun Wang noch eine Filmemacherin aus Norwegen, ein Polar-Guide aus Australien und eben Rogge.
Vor neuen Aufgaben hat die 28-Jährige auf jeden Fall keine Angst. Schon während ihrer Studienzeit trat sie einem Team bei, das sich vornahm, einen Satelliten zu bauen. «Wir haben es geschafft, als komplettes Neulingsteam innerhalb eines Jahres einen Prototyp zu bauen, diesen auf einem Parabelflug zu testen und letztendlich einen Wettbewerb der Esa zu gewinnen», erinnert sich Rogge. Das sei eine unglaublich inspirierende Zeit gewesen.
Über diese Erfahrung mit dem Satellitenteam berichtete sie dann auch Wang während der Spitzbergen-Expedition. «So habe ich mit Chun angefangen, über Weltraumprojekte zu reden.» Chun Wang, der im Chinesischen Wang Chun heißt, ist nach eigener Darstellung Bitcoin-Millionär und Dauer-Weltenbummler. Er stammt aus der chinesischen Großstadt Tianjin, nahm aber voriges Jahr die maltesische Staatsbürgerschaft an.
28-Jährige will Deutschland und Berlin gut vertreten
Sollte die Mission wirklich starten, wäre Rogge die erste deutsche Frau im All. «Das war definitiv nicht die erste Sache, an die ich gedacht habe, als ich meiner Teilnahme an der Mission zugestimmt habe», sagt sie. Aber nun werde sie natürlich ihr Bestes geben, um Deutschland und ihre Heimatstadt Berlin gut zu vertreten.
Bisher waren aus Deutschland zwölf Männer im All. Die Esa wolle mehr Frauen zur Bewerbung ermutigen, um das Team diverser zu machen, sagte der deutsche Astronaut Alexander Gerst vor drei Jahren. «Ob jung oder alt, Mann oder Frau: Wir können es uns schlicht nicht leisten, nur einseitige Crews zu fliegen», sagte Gerst, der zweimal im All war.
Frauen aus den USA waren schon im All
Auch Matthias Maurer, der bisher letzte Deutsche im All, macht Mädchen und Frauen Mut, die von einer Karriere im Kosmos träumen. Maurer verwies auf seine US-Kollegin Kayla Barron, die mit ihm an Bord der Internationalen Raumstation ISS war. «Sie ist eine wunderbare Astronautin, und sie macht vieles besser als wir Jungs.»
Die deutsche Esa-Reserve-Astronautin Nicola Winter ist der Meinung, dass nicht nur eine Deutsche ins All fliegen sollte, sondern zwölf - nämlich so viele wie Männer bislang. Sie meldete sich nach der Ankündigung des Fluges auf Instagram zu Wort und erklärte, sie freue sich für Rogge, falls es klappe. Aber: Es handele sich eigentlich um einen Touristenflug. Wirklich nötig sei hingegen medizinische, biologische und materielle Forschung mit vielen Frauen im All, «weil Frauen biologisch anders ticken als Männer».
Winter zählt auf, wie viele Frauen schon die ersten deutschen Frauen im All hätten werden sollen, und kommt auf mindestens sieben. Nie klappte es. Was wäre, wenn es auch bei Rogge schiefgeht? Dann will die 28-Jährige nicht aufgeben. «Ich hatte vor, mich bei der nächsten Runde der Esa-Ausschreibungen zu bewerben.»
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