In Deutschland wurde die Pflegeversicherung laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) am 1. Januar 1995 als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt, um so "die letzte Lücke in der sozialen Versorgung" zu schließen. Seitdem gilt zudem eine umfassende Versicherungspflicht für alle gesetzlich oder privat versicherten Personen. Hintergrund dieser Pflicht ist laut dem BMG, dass "prinzipiell jede oder jeder einmal auf Pflege angewiesen sein kann".
Was ist aber eigentlich der Unterschied zwischen der privaten Pflege-Pflichtversicherung und der sozialen Pflegeversicherung? Müssen Pflegebedürftige etwa mit anderen Leistungen rechnen, gibt es unterschiedliche Verfahren oder höhere Beiträge?
Private oder gesetzliche Pflegeversicherung: Wo ist man versichert?
Die gesetzliche beziehungsweise soziale Pflegeversicherung ist an die gesetzliche Krankenversicherung angegliedert. Laut dem BMG gilt der Grundsatz "Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung". Daher sind alle gesetzlich versicherten Personen automatisch in der zu ihrer Krankenversicherung gehörenden Pflegeversicherung versichert.
Wer hingegen privat krankenversichert ist, muss eine private Pflege-Pflichtversicherung abschließen. Laut dem Verband der Privaten Krankenkassen (PKV) schließen Privatversicherte ihre private Pflegeversicherung in der Regel bei ihrer privaten Krankenkasse ab. Aber sie können sich auch für die Pflegeversicherung einer anderen privaten Krankenkasse entscheiden.
Außerdem: Freiwillig gesetzlich Versicherte können dem PKV zufolge innerhalb der ersten drei Monate ihrer Versicherungsfreiheit einen Antrag stellen, um in eine private Pflegeversicherung zu wechseln.
Private oder gesetzliche Pflegeversicherung: Wie hoch sind die Beiträge?
Die Beiträge zur gesetzlichen bzw. sozialen Pflegeversicherung wurden im Rahmen der Pflegereform 2023 zum 1. Juli 2023 angepasst. Sie müssen nicht separat überwiesen werden, sondern werden laut dem Finanzratgeber finanztip.de automatisch an die Pflegeversicherung der Krankenkasse gezahlt, bei der man gesetzlich versichert ist. Die Beitragshöhe richtet sich dabei nach dem Brutto-Einkommen sowie danach, ob Mitglieder Kinder haben oder nicht.
Dem BMG zufolge liegt der Beitragssatz immer bei vier Prozent und der Arbeitgeberanteil bei 1,7 Prozent. Je nach Anzahl der Kinder unter 25 Jahren sind Abzüge von 0,6 bis 1,6 Prozent möglich. Haben die Kinder nach der sogenannten Erziehungszeit das 25. Lebensjahr erreicht, steigt der Beitrag für Eltern wieder auf den regulären Satz mit einem Kind in Höhe von 3,4 Prozent.
Diese Beiträge gelten für Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung:
Kinder | Abzüge | Beitrag | Arbeitnehmeranteil |
keine | - | 4,00 % | 2,30 % |
1 | 0,60 % | 3,40 % | 1,70 % |
2 | 0,85 % | 3,15 % | 1,45 % |
3 | 1,10 % | 2,90 % | 1,20 % |
4 | 1,35 % | 2,65 % | 0,95 % |
5 und mehr | 1,60 % | 2,40 % | 0,70 % |
Genau wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung sind laut dem PKV auch die Beiträge in der privaten Pflegeversicherung gestiegen - allerdings erst zum 1. Januar 2024 und nur für Personen mit Beihilfeberechtigung und deren berücksichtigungsfähige Angehörige.
Die Höhe des Beitrags für Privatversicherte richtet sich laut finanztip.de nach dem Gesundheitszustand und dem Alter bei Vertragsabschluss, da es um das Risiko geht, pflegebedürftig zu werden. Dabei schreibt der Gesetzgeber für Bestandskunden aber auch Höchstbeträge vor, die sich an der gesetzlichen Pflegeversicherung orientieren. Für Neukunden gilt diese Beitragsbegrenzung fünf Jahre lang aber erstmal nicht. Danach darf die private Pflegeversicherung maximal den Höchstbeitrag der gesetzlichen Pflegeversicherung abrechnen. Seit 1. Juli 2023 sind das monatlich 84,79 Euro.
Private oder gesetzliche Pflegeversicherung: Wie erhält man einen Pflegegrad?
Wird eine Person pflegebedürftig, müssen sowohl gesetzlich als auch privat Versicherte zunächst einen Pflegeantrag stellen. Anschließend wird die Pflegebedürftigkeit durch ein Gutachten ermittelt. Laut dem BMG übernimmt das bei des gesetzlichen Pflegeversicherung in der Regel der Medizinische Dienst. Laut dem PKV nutzen private Pflegeversicherungen den gemeinsamen Prüfdienst Medicproof.
Für die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade sowie deren Berechnung gelten laut dem BMG bei der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung dieselben Kriterien, da diese gesetzlich geregelt sind. Über einen Fragenkatalog wird dabei die individuelle Pflegesituation über Punkte ermittelt. Dabei geht es insbesondere um die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit – egal ob körperlich, geistig oder psychisch.
Auf Basis der erreichten Gesamtpunktzahl bei der Begutachtung wird der Pflegegrad laut Paragraf 15 Absatz 3 SGB XI so bestimmt:
- kein Pflegegrad : 0 bis unter 12,5 Gesamtpunkte
- Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte
- Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte
- Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte
- Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Gesamtpunkte
- Pflegegrad 5: 90 bis 100 Gesamtpunkte
Für Kinder gilt übrigens eine leicht abweichende Bewertung des Gesamtpunkte für die Ermittlung des Pflegegrades .
Private oder gesetzliche Pflegeversicherung: Welche Leistungen erhalten Pflegebedürftige?
Haben Pflegebedürftige einen Pflegegrad erhalten, sind die Leistungsansprüche laut dem PKV für alle gleich - unabhängig davon, ob Betroffene privat oder gesetzliche pflegeversichert sind.
Laut dem Pflegeportal pflege.de haben Pflegebedürftige je nach Pflegegrad, persönlicher Situation und Art der Pflege - zuhause durch Angehörige, durch einen ambulanten Pflegedienst, eine Kombination der Pflege oder in einer Pflegeeinrichtung - Anspruch auf folgende Leistungen:
- Pflegegeld
- Pflegesachleistungen
- Entlastungsbetrag
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch
- Hausnotruf
- Verhinderungspflege
- Kurzzeitpflege
- Tages- und Nachtpflege
- Wohnraumanpassung
- Vollstationäre Pflege
Übrigens: Mit der Pflegereform 2023 wurden zum 1. Januar 2024 einige Leistungen der Pflegeversicherung erhöht. So ist zum Beispiel das Pflegegeld gestiegen.