Über drei Stunden am Tag hängen zwölf- bis 19-Jährige im Schnitt an ihrem Handy. Häufig machen sich Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten deshalb Sorgen. Wie kann man Medienzeit begrenzen? Schadet das ewige Daddeln der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Ab wann droht Abhängigkeit? Diese und viele weitere Fragen hat das Expertenteam der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) während unserer Telefonaktion in dieser Woche beantwortet. Hier ein Überblick über einige Fragen und Antworten:
Wenn ich meinen Sohn bitte, das Handy mal aus der Hand zu legen, geht er in sein Zimmer. Natürlich mit Handy. Ich weiß nicht weiter. Was kann ich noch tun?
Vielleicht können Sie einen Termin für ein Gespräch in einer ruhigen Stunde vereinbaren. Steigen Sie dann nicht mit Vorwürfen ein. Das kann dazu führen, dass ihr Sohn wieder abblockt. Erklären Sie ihm sachlich, wie sein Verhalten auf Sie wirkt. So kann er erkennen, inwieweit Sie betroffen sind. Lassen Sie Ihren Sohn ausreden, nehmen Sie seine Argumente ernst – auch wenn Sie sie nicht sofort nachvollziehen können. Vielleicht finden Sie einen Kompromiss, zum Beispiel feste Medienzeiten, mit dem Sie beide leben können.
Unser Sohn ist voll auf sein Smartphone fixiert. Wenn die Medienzeit vorbei ist, sitzt er mürrisch auf der Couch. Wie kann ich ihn für andere Dinge begeistern?
Vielleicht, indem Sie in der Familie einen medienfreien Abend oder einen ganzen medienfreien Tag ausrufen. Kein Fernsehen, kein Smartphone, kein Computer – das gilt dann auch für Sie. Spielen Sie zusammen etwas, unternehmen Sie Ausflüge, gehen Sie ins Kino oder auf ein Konzert oder ins Bowling-Center, kochen oder backen Sie gemeinsam – bestimmt fällt Ihnen noch mehr ein. Je interessanter diese Zeit in der Familie für Ihren Sohn wird, desto zugänglicher wird er für Freizeitaktivitäten ohne digitale Medien.
Wie lange sollten Jugendliche maximal Smartphone, Computer und Co. nutzen?
Das können Sie gemeinsam in der Familie festlegen. Es gibt dafür keine Standards, nur Richtwerte entsprechend dem Alter der Kinder:
- 10–12 Jahre: eine Stunde pro Tag oder sieben Stunden pro Woche
- 13–14 Jahre: anderthalb Stunden pro Tag oder zehneinhalb Stunden pro Woche
- 15–16 Jahre: zwei bis zweieinhalb Stunden pro Tag oder 14 bis 17,5 Stunden pro Woche.
Bedenken Sie, dass die festgelegten Bildschirmzeiten nicht gelten sollen, wenn für die Schule recherchiert oder Hausaufgaben am Computer erledigt werden müssen.
Da mein Sohn überhaupt nicht mehr vom Computer wegkam, habe ich vorübergehend die Internet-Verbindung gekappt. Jetzt redet er nicht mehr mit mir. Was kann ich tun?
Erörtern Sie das Thema noch einmal in aller Ruhe. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen. Sagen Sie ihm, dass Sie sich Sorgen machen. Oft bewirkt das Wissen, dass man sich um sie Sorgen macht, schon etwas in den Köpfen von Jugendlichen.
Ab wie viel Stunden Computer-Nutzung pro Tag sind Jugendliche abhängig?
Die Zeit allein ist nicht entscheidend für die Bewertung, sondern das Warum. Wird der Computer als Trost oder bei Stress oder zur Ablenkung genutzt? Bestimmt er hauptsächlich die Freizeit? Gibt es schon gesundheitliche Probleme wie ständige Müdigkeit? Werden schulische oder häusliche Pflichten vernachlässigt? Wird auf sonst übliche soziale Kontakte verzichtet? Trifft dieses oder jenes zu, sollte man mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen. Ist das nicht möglich, kann man sich Unterstützung holen.
Unsere Tochter, 13, ist ständig in den sozialen Medien unterwegs. Von der realen Welt bekommt sie nur noch wenig mit. Schadet das nicht ihrer Entwicklung?
Seit einigen Jahren verdichten sich Hinweise, dass die exzessive Nutzung digitaler Medien zu problematischen Entwicklungen von jungen Menschen in der Pubertät führen kann. Unsicherheit und Selbstbewusstsein, Zweifel und Gewissheit wechseln sich bei ihnen täglich mehrfach ab. Da kommen digitale Medien genau richtig: bunt, schnell und genauso unbeständig wie die eigene Gefühlswelt. Bei rund acht Prozent der zwölf- bis 17-Jährigen ist von einer computerspiel- oder internetbezogenen Störung auszugehen und bei knapp einem Drittel der Jugendlichen liegt bereits ein problematisches Nutzungsverhalten vor.
Unsere Söhne (11 und 13) und auch ihre Klassenkameraden können sich nicht von den Serien bei Netflix losreißen. Woher kommt diese Sucht?
Streaminganbieter setzen gezielte Strategien ein, um das endlose Schauen zu bewirken. Zum Beispiel kommen zum Schluss einer Folge sogenannte Cliffhanger zum Einsatz – es wird spannend, aber es gibt keinen Abschluss, sodass man die nächste Folge anschließen muss, um zu wissen, wie es weitergeht. Autoplay-Funktionen, die automatisch die nächste Episode oder ein neues Video abspielen, erschweren zudem das Aufhören. Doch nicht nur die Streamingdauer kann problematisch sein. Auch die Inhalte der Serien sind oft aufgrund von Gewaltdarstellungen oder sexuellen Inhalten problematisch.
In den Weihnachtsferien kommt unser Enkel, 12. Wenn es nach ihm ginge, würde er den ganzen Tag am Laptop oder vor dem Fernseher sitzen. Wie kriegen wir ihn dazu, auch mal etwas anderes zu machen?
Besprechen Sie gleich zu Beginn, wie sich beide Seiten die Ferien vorstellen. Vielleicht finden Sie einen Kompromiss, zum Beispiel gemeinsam festgelegte Medienzeiten, dazwischen Ausflüge, die ihn interessieren, Kinobesuche, im Keller werkeln mit Opa, Plätzchen backen mit Oma, Anschauen alter Fotoalben, Würfel- oder Kartenspiele … Bestimmt haben Sie noch viele eigene Ideen.
Wo finde ich Hilfe?
- BZgA-Infotelefon zur Suchtvorbeugung: 0221-89 20 31 (Deutsches Festnetz) Mo.–Do. 10–22 Uhr, Fr.–So. 10–18 Uhr
- www.ins-netz-gehen.info mit E-Mail-Beratung, Datenbank der örtlichen Beratungsstellen, Ratgeber für Eltern, Lehrer und Fachkräfte