Memes verschicken, Bilder teilen, Tiktok-Trends liken: Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Internet – digitale Medien sind zum festen Bestandteil des Alltags geworden. Laut der von der Postbank in Auftrag gegebenen Jugend-Digitalstudie verbringen Jugendliche 63,7 Stunden in der Woche im Internet. Doch längst nicht alle Inhalte, die dort konsumiert werden können, seien jugendgerecht – und allzu langer Medienkonsum berge zudem Suchtgefahren, warnen Experten.
Für Eltern ist es oft schwer einzuschätzen, ob Apps, Filme, Videos und Co. für den Nachwuchs geeignet sind. Bei klassischen Kino- und Fernsehfilmen ist es noch verhältnismäßig einfach, denn hier muss es laut Jugendschutzgesetz eine Alterskennzeichnung geben. Die Prüfung und Einteilung in die Altersstufen sechs, zwölf, 16 oder 18 erfolgt durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). „Entscheidend sind unter anderem die Auswirkungen des Films auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“, erklärt Sabine Brandl, Juristin bei der Ergo Rechtsschutz. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verpflichtet Fernsehsender abhängig von der Altersfreigabe zu bestimmten Sendezeiten. So dürfen sie Filme mit FSK 18 beispielsweise nur zwischen 23 und 6 Uhr sowie Filme ab 16 zwischen 22 und 6 Uhr ausstrahlen.
Inhalte in Streamingdiensten für Kinder sperren
Viele Kinder und Jugendliche schauen Filme und Serien heutzutage allerdings gar nicht mehr im üblichen Fernsehprogramm, sondern über Streamingdienste und Mediatheken. „Laut Jugendschutzgesetz gilt für die Anbieter ebenfalls eine verpflichtende Alterskennzeichnung der Inhalte“, so Brandl. „Vor allem Eigenproduktionen sind allerdings oft nicht durch die FSK geprüft und daher vom Anbieter selbst bewertet.“ Welche Kriterien dieser hierfür berücksichtigt, ist oft schwer feststellbar. Eltern haben jedoch oft die Möglichkeit, individuelle Einstellungen vorzunehmen und so auszuwählen, welche Inhalte ihre Kinder sehen können. Bei vielen Anbietern sind Filme ab einem gewissen Alter auch mit einer PIN gesperrt, die sich manchmal auch extra einstellen lässt.
Auch Apps auf Smartphone oder Tablet sind aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken. Wer nicht das neueste Game auf dem Handy zockt, gilt auf dem Pausenhof schnell als uncool. Zwar sind alle Anwendungen in den App-Stores mit einer Alterskennzeichnung versehen. „Trotzdem kommen nicht immer einheitliche Kriterien zur Anwendung“, erläutert die Rechtsexpertin. Bisher erteilt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) meist Altersfreigaben für PC- und Konsolenspiele, die auf physischen Datenträgern verkauft werden. Auf einigen Spieleplattformen stuft die International Age Rating Coalition (IARC) das Freigabealter ein, die in Deutschland ebenfalls auf die Alterseinstufung durch die USK zurückgreift. An diesem System nehmen jedoch nicht alle Plattformen teil.
Apps mit Werbung, In-App-Käufen und Chatfunktionen sind für Kinder weniger geeignet
Um herauszufinden, ob eine App für Kinder geeignet ist, ist es hilfreich, vor dem Download neben der Altersangabe auch die Beschreibung zu lesen. „Eltern sollten dabei darauf achten, ob die Inhalte altersgerecht sind, also beispielsweise gewaltfrei und nicht ängstigend, diskriminierend oder sexualisiert“, sagt Brandl. Eine gute Kinder-App ist leicht verständlich und bedienbar, hat pädagogischen Wert und fördert die kognitive, motorische und sprachliche Entwicklung des Kindes. „Anwendungen, die Werbung, In-App-Käufe oder Chatfunktionen enthalten, sind eher ungeeignet“, so die Expertin. Ein Blick in die Bewertungen kann Eltern zudem bei der Beurteilung weiterhelfen.
Ist eine App ausgewählt, sollten Eltern sie zunächst selbst testen und sich einen Eindruck von den Inhalten und der Benutzerfreundlichkeit machen. In diesem Rahmen gilt es, auch die App-Berechtigungen zu prüfen: Sind beispielsweise Zugriffe auf Standort, Kamera oder Mikrofon nicht für die Nutzung notwendig, sei es besser, sie zu deaktivieren. Zudem sollte deutlich klar sein, welche Daten gesammelt, wie sie verwendet und geschützt werden. Lässt sich die Nutzungsdauer kontrollieren und In-App-Käufe oder der Zugang zu bestimmten Inhalten einschränken, ist das ein gutes Zeichen.
Für Kinder bis sieben Jahren bis zu 30 Minuten Mediennutzung pro Tag
Doch nicht nur die Inhalte sind ein Problem – sondern auch die schiere Dauer des Medienkonsums. „Kinder und Jugendliche müssen frühzeitig – auch von ihren Eltern und in der Schule – lernen, wann und wie lange es gesund ist, mit Tablet, Laptop und Co. zu zocken“, betont Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung. „Nur wer weiß, wann das Zocken problematisch wird, kann seinen Medienkonsum reduzieren.“
Insgesamt ist wichtig, dass Eltern sich Zeit nehmen, um mit ihren Kindern über Smartphone, Streaming, Apps und Co. zu sprechen und sie bei Entscheidungen miteinzubeziehen. Das fördert die Medienkompetenz und hilft ihnen, Regeln besser zu verstehen und zu befolgen. Zum Beispiel bezüglich der Zeit, die sie vor dem Bildschirm verbringen dürfen. „Für Kinder bis sieben Jahre ist eine Bildschirmzeit von bis zu 30 Minuten empfohlen, bei Zehnjährigen sind es 60 Minuten am Tag“, sagt Ergo-Expertin Brandl. „Anschließend können Familien, je nach persönlicher Reife und Entwicklung des Nachwuchses, eine wöchentliche Mediennutzungszeit vereinbaren. Geeignet sind beispielsweise eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche.“ Sollten Kinder mitten in einem Spiel oder einer Geschichte sein, ist es sinnvoll, sie dieses noch bis zum Ende spielen zu lassen. Gleiches gilt für einen Kinderfilm. Darüber hinaus lohnt es sich für Familien, regelmäßige analoge Freizeitaktivitäten wie Brettspiele oder Lesen in den Alltag zu integrieren. Es gilt schließlich, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Anzeichen für eine Mediensucht sind laut dem Sucht- und Drogenbeauftragten Blienert, wenn die Betroffene ihren Umgang mit Internet und Computerspielen nicht mehr unter Kontrolle haben und andere Lebensaufgaben vernachlässigen.