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Lebensmittel: So sieht das neue Tierhaltungs-Siegel aus und das bedeutet es

Lebensmittel

So sieht das neue Tierhaltungs-Siegel aus und das bedeutet es

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    Schweinefleisch muss in Deutschland künftig genauer ausgezeichnet werden.
    Schweinefleisch muss in Deutschland künftig genauer ausgezeichnet werden. Foto: Marijan Murat, dpa

    Seit Jahren hat es die Politik versprochen, jetzt liefert es Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): Deutschland bekommt als erstes EU-Land ein einheitliches staatliches Tierhaltungskennzeichen. Wichtige Fragen und Antworten dazu:

    Warum kommt nun noch ein neues Sigel?

    Zur Zeit gibt es in Deutschland mehrere privatwirtschaftliche Label, die Aussagen über die Haltungsform machen, eine gesetzliche verpflichtende Auszeichnung gibt es aber nicht. Das neue Siegel soll helfen, Verbraucherinnen und Verbrauchern einheitliche und verlässliche Informationen zu den Haltungsformen zu geben und damit eine bewusste Kaufentscheidung möglich machen. In Zukunft soll es einmal alle tierhaltenden Betriebe und Vertriebswege umfassen, doch der Weg dahin ist noch weit. Zum Start gilt das Siegel nur für frisches unverarbeitetes Schweinefleisch, eine rasche Ausweitung auf andere Tierarten und Produkte soll aber laut Özdemir folgen. Das Siegel soll neutral informieren und nicht werten, daher ist es auch ganz schlicht in schwarz-weiß gehalten.

    Was sagt das Siegel aus und wie sieht es aus?

    Das Siegel gleicht einem schwarzen Viereck mit abgerundeten Ecken. Im linken Bereich ist die Haltungsform des jeweiligen Produkts gekennzeichnet, im rechten Bereich ist ein QR-Code angebracht, über den im Internet weitergehende Informationen abgerufen werden können. Das Gesetz legt keine neuen Anforderungen an die Tierhaltung oder die Produktionsweise fest, sondern macht lediglich die bestehenden Stufen transparenter. Die Haltungsformen werden in fünf Stufen unterteilt. Maßgeblich für die Auszeichnung ist die Haltung während der Mast der Tiere:

    • Haltungsform Stall: Sie entspricht den gesetzlichen Mindestanforderungen.
    • Haltungsform Stall+Platz: Die Tiere haben mindestens 20 Prozent mehr Platz im Vergleich zum Mindeststandard. Die Buchten im Stall sind strukturiert, zum Beispiel durch Trennwände, unterschiedliche Ebenen, verschiedene Temperatur- oder Lichtbereiche.
    • Haltungsform Frischluftstall: Die Schweine haben dauerhaften Kontakt zum Außenklima. Es genügt, dass mindestens eine Seite des Stalls offen ist, sodass sie Umwelteindrücke wie Sonne, Wind und Regen wahrnehmen können. Zudem haben die Tiere mindestens 46 Prozent mehr Platz im Vergleich zum Mindeststandard.
    • Haltungsform Auslauf/Freiland: Den Schweinen steht mindestens acht Stunden pro Tag ein Auslauf zur Verfügung oder sie werden in diesem Zeitraum im Freien ohne festes Stallgebäude gehalten. Zudem haben sie mindestens 86 Prozent mehr Platz im Vergleich zum Mindeststandard.
    • Haltungsform Bio: Hier gelten die Regeln der EU-Ökoverordnung. Das bedeutet für die Tiere eine noch mehr Auslauf und Platz im Stall.
    So soll das neue Tierhaltungs-Sigel aussehen.
    So soll das neue Tierhaltungs-Sigel aussehen. Foto: BMEL

    Was bedeutet das für bestehende Siegel?

    Bestehende Siegel wie zum Beispiel die aus dem Handel bekannte mehrstufige Auszeichnung der Initiative Tierwohl dürfen weiter vergeben werden. Allerdings gibt es gerade von dort schwere Kritik an Özdemirs Gesetzentwurf. Er bleibe lückenhaft, so lange nicht auch Sauenhaltung und Ferkelaufzucht einbezogen würden. Vor allem aber drohe eine Verlagerung der Produktion ins Ausland, das von den deutschen Regeln nicht betroffen ist. Zudem blieben die vorgesehenen Kontrollmechanismen hinter den bestehenden freiwilligen Siegeln zurück. Betriebe aus dem Ausland, die sich freiwillig der deutschen Regelung unterwerfen wollten, könnten kaum kontrolliert und sanktioniert werden. Auch der Bauernverband sieht noch große Lücken. Verbandspräsident Joachim Rukwied kritisiert etwa: "So können betäubungslos kastrierte Ferkel weiter aus dem Ausland in den heimischen Markt importiert werden und würden dennoch das Tierwohllabel erhalten."

    Wie wird die Einhaltung der Standards kontrolliert?

    Die Kontrolle soll laut Özdemirs Gesetzentwurf in die Kompetenz der Länder fallen. Alle Betriebe zeigen den Behörden demnach die Haltungsformen an, in der die Tiere in ihrem Betrieb gehalten werden. Diese Informationen werden in einem Register gespeichert und vor Ort kontrolliert. Verstöße gegen die Haltungskennzeichnung sollen mit Bußgeld bestraft werden.

    Wieso ist das Siegel nur für deutsches Fleisch verpflichtend?

    Produkte aus anderen EU-Ländern dürfen im Binnenmarkt nicht diskriminiert werden. Daher muss der Gesetzentwurf nun von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Wenn jedes Land eigene Regeln für den Import von Fleisch aufstellte, würde der Freihandel nicht funktionieren. Auch die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) schränken den Handlungsspielraum des deutschen Gesetzgebers ein. Özdemir wirbt darum dafür, deutsches Fleisch zu kaufen.

    Was bedeutet das Siegel für die Landwirte?

    Die Bauern in Deutschland fordern seit langem, dass sie für den notwendigen Umbau der Ställe unterstützt werden müssen. Die Kennzeichnungspflicht sorgt zunächst für mehr Bürokratieaufwand bei den Betrieben. Das Geld für den Umbau und die langfristige Transformation der Landwirtschaft ist aber noch nicht gesichert. Özdemir will eine Milliarde Euro für den Start der Umbaumaßnahmen für die nächsten vier Jahre zur Verfügung stellen. "Das wird bei weitem nicht ausreichen", kommentiert Gerald Wehde, Leiter Agrarpolitik bei Bioland.

    Ab wann kann das Siegel kommen?

    Der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf ist nun auf dem Weg nach Brüssel. Noch im Herbst soll der Bundesrat mit seinen Beratungen des Gesetzentwurfs beginnen, Ende des Jahres ist die erste Lesung im Bundestag vorgesehen. Ein konkretes Startdatum gibt es noch nicht.

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