Krankenkassen in Deutschland unterstützen nur einen Bruchteil der Brillenträger. Wer diese rund 1,4 Millionen Menschen sind und wer sonst noch die Brille auf Rezept von der Krankenkasse bezahlt bekommt, lesen Sie in unserem Übersichtsstück.
Seit 2017 müssen die Krankenkassen wieder Geld für Sehhilfen locker machen, wie der Bundestag im Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung, kurz HHVG, beschlossen hatte. Letzten Endes können nur die etwa 1,4 Millionen der insgesamt 41,2 Millionen fehlsichtigen Bürger profitieren, die an starker Kurz- und Weitsichtigkeit ab sechs Dioptrien leiden, an Hornhautverkrümmung ab vier Dioptrien oder beidseitiger Blindheit der Stufe 1, wie der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) betont. Die rund 40 Millionen restlichen Brillen- und Kontaktlinsenträger können sich höchstens über die Steuererklärung Geld zurückholen.
Für all die, die ohne Sehhilfe im Alltag kaum zurechtkommen, sei die ausgeweitete Kassen-Bezuschussung jedoch eine Erleichterung, heißt es vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV). Speziell gelte das für Sozialhilfeempfänger und Senioren mit knapper Rente.
Brille auf Rezept: Wann zahlt die Krankenkasse?
Bis 2003 hatten noch alle gesetzlich Versicherten mit Sehschwäche Anspruch auf ein Brillen-Rezept. Seither gilt jedoch für Erwachsene: Nur, wenn jemand mit Brille oder Kontaktlinsen maximal noch 30 Prozent Sehvermögen erreicht, dem zahlt die Kasse eine Brille. Dieser Kreis der Leistungsberechtigten wird nun im Wahljahr vom Gesetzgeber erweitert. Eine neue Brille gibt es immer dann, wenn sich die Sehstärke um 0,5 Dioptrien verändert hat. Für die Krankenkassen ist die Veränderung mit Zusatzkosten verbunden. „Bisher wurde der Zuschuss nur selten gezahlt, das wird bald deutlich häufiger der Fall sein“, sagt ein Sprecher der Techniker-Krankenkasse (TK).
Für die Patienten entscheidend ist vor allem, wie viel Geld es künftig gibt. Klar ist: Eine Brille oder Kontaktlinsen bekommen auch schwer Fehlsichtige auf keinen Fall komplett bezahlt. Das Brillengestell müssen sie ohnehin grundsätzlich selbst finanzieren. Was es gibt, sind Zuschüsse, die sich fürs Erste an den aktuell bestehenden Festbeträgen orientieren. Danach wird ein Glas für vier bis sechs Dioptrien mit zehn bis knapp über 112 Euro bezuschusst, erläutert der Zentralverband der Augenoptiker.
Wer sehr schlecht sieht, kommt mit den Festbeträgen aus dem Jahr 2008 nicht sehr weit. Im hohen Dioptrien-Bereich summieren sich die Kosten pro Brillenglas schnell auf bis zu 350 Euro und mehr. Für Menschen, deren Augenlicht sich ständig verschlechtert, kann das immer wiederkehrende Ausgaben von 1000 Euro und mehr bedeuten.
Krankenkasse zahlt nicht? Brille lässt sich bei Steuererklärung von der Steuer absetzen
Wer Einstärkengläser nimmt, kommt grundsätzlich billiger weg als mit Gleitsichtgläsern, die Sehschärfe im Nah- und Fernbereich ermöglichen. Extras wie Entspiegelung oder Tönung müssen sowieso aus der eigenen Tasche gezahlt werden. „Die Bürger sollten erst mal nicht allzu hohe Erwartungen an das neue Gesetz stellen“, rät der Zentralverband der Augenoptiker.
Wer zum Kreis derer gehört, die von der Gesetzesänderung profitieren, kann ab April bei Bedarf erst einmal Folgendes tun: sich vom Arzt ein Brillen-Rezept ausstellen lassen und es beim Optiker einlösen. Dieser rechnet dann bis zur Höhe des Festbetrags mit der Kasse ab. Bei Kontaktlinsen zahlen die Kassen ohnehin erst ab einer Dioptrie von + oder -8.
Wer kein Geld für eine private Zusatzversicherung ausgeben will, dem bleibt nur noch eins: die Chance nutzen, wenigstens mit der Steuererklärung Geld zurückzubekommen. Denn: Hohe Krankheitskosten, auch durch Brillen, Kontaktlinsen, Augen-Lasern oder Zuzahlungen zur Operation des Grauen Stars, können die Steuerlast drücken. Je mehr Rechnungen zusammenkommen, je weniger Einkommen da ist und je größer die Kinderschar, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Fiskus an den Ausgaben beteiligt.
Einen zumutbaren Anteil müssen die Bürger zwar immer selbst stemmen – alles über das persönliche Limit hinaus drückt aber als außergewöhnliche Belastung die Steuerlast, wie der Bund der Steuerzahler in Berlin erläutert. Auch eine selbst finanzierte optische Brille oder Kontaktlinsen ohne Rezept dürfen in die Steuererklärung hinein. „Dem Finanzamt genügt es, wenn man einmal beim Arzt war und dann nur noch zum Optiker geht“, so der Bund der Steuerzahler. Nicht akzeptiert wird dagegen die günstige Lesebrille aus dem Supermarkt. (grä)
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Hinweis der Redaktion: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Beitrag aus unserem Online-Archiv.