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Kosmetik: Trend zur Naturkosmetik: Früher öko, heute Mainstream

Kosmetik

Trend zur Naturkosmetik: Früher öko, heute Mainstream

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    Mit drei Naturkosmetik-Marken eröffnete Christina Kraus ihr Geschäft „Green Glam“ vor zehn Jahren.
    Mit drei Naturkosmetik-Marken eröffnete Christina Kraus ihr Geschäft „Green Glam“ vor zehn Jahren. Foto: Michael Hochgemuth

    Als Christina Kraus vor zehn Jahre ihr Naturkosmetik-Geschäft in Augsburg eröffnete, hatte die gelernte Apothekerin zwei Schönheitspflege-Marken im Angebot: Organic Pharmacy und Korres. Heute bietet Kraus 150 Naturkosmetik-Marken an. "Und es kommen stetig neue hinzu", sagt die gebürtige Schwedin. Ihr Geschäft "Green Glam" im Apothekergässchen, einer Abzweigung der Maximilianstraße, profitiert vom Boom zur Naturkosmetik.

    Mittlerweile haben auch große konventionelle Schönheitspflege-Hersteller den Trend erkannt. So wie L’Oréal. Der Weltmarktführer im Kosmetikbereich, mit einem Jahresumsatz von 26 Milliarden Euro, hat vor Kurzem den deutschen Naturkosmetik-Produzenten Logocos aufgekauft. Mit Marken wie Sante oder Heliotrop erwirtschaftet das Unternehmen aus Salzhemmendorf in Niedersachsen rund 59 Millionen Euro.

    Es ist nicht der erste Einkauf, den das französische Make-Up-Unternehmen im Naturkosmetik-Markt tätigte. In der Vergangenheit blickte L’Oréal vor allem in Richtung USA. Bereits 2000 übernahm der Weltmarktführer das Traditionsunternehmen Kiehl’s. Eine New Yorker Apotheken-Marke, die seit 1851 Körper- und Gesichtscremes herstellt. Der Jahresumsatz von Kiehl’s stieg von 25 Millionen Euro auf über eine Milliarde Euro. Denn die einstige Apotheker-Marke profitierte vom weltweiten Vertrieb und den Ressourcen für Werbung und Innovation von L’Oréal. Das könnte nun auch dem deutschen Naturkosmetik-Hersteller Logocos zu Gute kommen.

    Naturkosmetik-Markt hat sich innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt

    Suchten noch in den 1980er Jahren Verbraucher in Reformhäusern oder Apotheken nach Naturkosmetik, reicht heutzutage der Weg zum Drogerie- oder Supermarkt. So hat DM mit Alverde eine eigene Kosmetiklinie, die auf pflanzlichen Inhaltsstoffen basiert. Und Edeka brachte vergangene Woche eine Naturkosmetikmarke mit dem Namen "Blüte-Zeit" auf den Markt. Doch weshalb ist der Handel mit natürlichen Schönheitsmitteln so attraktiv für große Unternehmen?

    Der Naturkosmetikmarkt mit bekannten Marken wie Weleda, Kneipp oder Lavera boomt – schon seit Beginn der 1990er. "Über die vergangenen zehn Jahre sind die Wachstumsquoten im Naturkosmetik-Sektor immer im zehn-prozentigen Bereich", sagt Harald Dittmar, Geschäftsführer des Branchenverbandes BDIH. Der Umsatz mit Naturkosmetik ist in Deutschland von 600 Millionen Euro im Jahr 2007 auf 1,18 Milliarden Euro 2017 gestiegen. Der Markt hat sich also innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt. Deutschland ist der mit Abstand größte Abnehmer für pflanzliche Schönheitspflege in Europa – ein "absoluter Wachstumsmarkt", sagt Wolf Lüdge vom Naturkosmetikverlag. Er ist überzeugt: "Das Thema Bio und Öko ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen."

    Christina Kraus leitet das Geschäft „Green Glam“.
    Christina Kraus leitet das Geschäft „Green Glam“.

    Christina Kraus von "Green Glam" hat den Boom der Naturkosmetik unmittelbar miterlebt. "Früher war Naturkosmetik noch wollsöckig und gänseblümchenmäßig", sagt die Augsburgerin und lacht. Heute sei die Zielgruppe viel breiter. Von jungen Frauen, die nach plastikfreien Shampoos suchen, bis zu Männern, die für ein Aftershave aus natürlichen Inhaltsstoffen schon mal mehr als 50 Euro hinlegen. Auch die Produktpalette hat sich ausgeweitet. Neben Cremes und Shampoos gibt es organische Nagellacke, Selbstbräuner oder Bartöle für den umweltbewussten Mann. Zusätzlich zum Laden im Apothekergässchen vertreibt Kraus ihre Waren auch über das Internet. Das Geschäft floriert – digital wie analog. Jedes Jahr steige der Umsatz von "Green Glam" im zweistelligen Prozentbereich.

    Bereits seit mehreren Jahren sind Verbraucher wieder mehr an natürlichen Produkten interessiert. Laut einer Studie der GfK, dem größten deutschen Marktforschungsinstitut, kaufte im Jahr 2015 mehr als jeder fünfte Erwachsene Naturprodukte für die Gesichts- wie Körperpflege. Was man am Boom für Bio-Lebensmittel ablesen kann, zeichnet sich auch in der Kosmetikbranche ab. "Viele wollen mit ihrem Konsum nicht mehr anderen Menschen oder der Natur schaden", erläutert Lüdge.

    "Naturkosmetik entwickelt sich zur Massenware"

    Der Trend geht zunehmend zu der "Ohne"-Logik: ohne Duftstoffe, ohne Konservierungsstoffe, ohne Tierversuche. Naturkosmetik-Marken preisen das an, was sie nicht enthalten. Stattdessen legen die Firmen Wert auf pflanzliche Produkte und eine ökologische Herstellungsweise.

    Doch was passiert – wie im Fall von Logocos und L’Oréal – wenn ein international agierendes Unternehmen aus der konventionellen Kosmetik einen mittelständischen Naturprodukte-Hersteller kauft? Besteht die Gefahr, dass L’Oréal mit dem Kauf "Greenwashing" betreibt? Also sich ein "grüneres", ein umweltfreundlicheres Image verpassen will, an dem es ihm bislang mangelt? Wolf Lüdge vom Naturkosmetikverlag sieht das weniger kritisch. Er ist der Ansicht, dass Naturkosmetikhersteller die Marktmacht nutzen sollen, die der Einstieg von großen Konzernen ihnen bietet.

    Eine Sättigung im Sektor der pflanzlichen Schönheitspflege zeichnet sich bislang nicht ab. Zwar wird laut Lüdge der Naturkosmetikmarkt nie den konventionellen ersetzen. Doch Kraus von "Green Glam" ist überzeugt: "Naturkosmetik entwickelt sich zur Massenware. So wie Bio-Lebensmittel wird es sie in Zukunft in allen Preislagen geben."

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