Das Thema Kastration ist für viele Tierbesitzer wichtig. Teilweise geht es nicht nur um Verhütung, sondern auch um gesundheitliche Aspekte. "Bei Katzen wird die Kastration in der Regel zur Kontrolle einer unkontrollierten Fortpflanzung durchgeführt", erklärt Tierärztin Dr. Anja Kittner aus Oberndorf am Lech. Katzen, die unbegrenzten Zugang nach draußen haben, sollten besonders aus tierschutzrelevanter Sicht immer kastriert sein, um die unkontrollierte Vermehrung einzudämmen. Jede weibliche unkastrierte Katze könne geschätzt zweimal im Jahr 4-6 Junge bekommen. Laut Zahlen der Tierorganisation PETA könne eine einzige unkastrierte Katze und ihre Nachkommen rein rechnerisch in nur sieben Jahren etwa 370.000 Katzen zeugen.
"Das Leben dieser wild lebenden Katzen ist meist geprägt von schweren Krankheiten, weshalb die Kastration aus Tierschutzgründen immer zu empfehlen ist", so Kittner. Auch könne man beim Kater durch die Kastration unerwünschtes Markieren des Reviers mit Urin reduzieren. Verletzungen, die sich Katzen und Kater durch Revierkämpfe zuziehen, könne man durch eine Kastration vermindern.
Bei Hündinnen und Hunden beugt Kastration Krebserkrankungen vor
"Bei Hunden empfiehlt man die Kastration an sich aus medizinischen Gründen bei beispielsweise Gebärmutter- oder Eierstockserkrankungen der Hündin oder bei Prostata- und Hodenerkrankungen des Rüden", erklärt die Tierärztin. Unerwünschtes aggressives Verhalten des Rüden, Streunen oder Verhaltensauffälligkeiten wie Bespringen anderer Hunde oder aber der Wunsch nach Unterbindung der läufigkeitsbedingten Blutung der Hündin, sind nach dem Tierschutzgesetz hingegen keine Indikationen, die eine Kastration beim Hund rechtfertigen.
Ablauf und Arten einer Kastration
"Bei der Kastration erfolgt das Unfruchtbarmachen durch chirurgische Entnahme der Keimdrüsen, also beim männlichen Tier die Hoden und beim weiblichen Tier die Eierstöcke. Bei der Hündin erfolgt oft die gleichzeitige Entnahme der Gebärmutter zusammen mit den Eierstöcken", so Kittner. Der Eingriff erfolgt stets in Vollnarkose des Tieres und hat zum Ziel, dass die hormonelle Produktion von Geschlechtshormonen unterbunden wird. "Bei der Hündin gibt es die Möglichkeit einer sogenannten nichtinvasiven Kastration. Hier werden mithilfe eines Endoskops nur die Eierstöcke entfernt. Bei der herkömmlichen Operationsweise führt der Tierarzt einen Bauchschnitt durch", erklärt die Tierärztin. Der Vorteil der nichtinvasiven Methode sei eine schnellere Wundheilung durch die kleineren Nähte und somit eine schnellere Erholung der Hündin. Auch müssten meist keine Fäden gezogen werden.
Beim Rüden gibt es außerdem die Möglichkeit der chemischen Kastration mittels eines Hormonpräparates. "Hierfür wird unter Zuhilfenahme einer Spritze ein Suprelorinchip unter der Haut implantiert, der den Testosteronspiegel des Rüden senkt. Die Wirkung hält je nach Art des Implantates, Größe des Rüden und Hormonhaushaltes etwa 6 bis 12 Monate an", erklärt Kittner. Der Vorteil besteht darin, dass die Zeugungsunfähigkeit reversibel ist, also der Rüde nach Abklingen der Wirkung des Chips wieder eine Hündin decken kann.
Alter und Zeitpunkt für eine Kastration
"Katzen sollten mit Eintritt der Geschlechtsreife kastriert werden: Kater mit sechs, weibliche Katzen zwischen sechs und neun Monaten. Ist beim Hund eine Kastration indiziert, sollte der Rüde oder die Hündin so alt sein, dass das Wachstum der Knochen abgeschlossen ist", so Kittner. Der endgültige Zeitpunkt für eine Kastration beim Hund sollte deshalb immer mit dem behandelnden Tierarzt besprochen werden.
Risiken und Nachteile der Kastration
Da die Kastration immer in Vollnarkose durchgeführt wird, besteht wie bei jeder Operation das geringe Risiko eines Narkosezwischenfalls. "Deshalb ist eine eingehende Allgemeinuntersuchung des Patienten vor dem Eingriff sehr wichtig, da Vorerkrankungen wie Herz- oder Nierenkrankheiten das Narkoserisiko steigern können. Im Zweifelsfall und gerade bei älteren Tieren sollte eine Blutuntersuchung oder auch eine kardiologische Untersuchung erfolgen, um die Narkose entsprechend auf die Bedürfnisse des Patienten abzustimmen", erklärt Kittner.
Beim Hund könne es nach der Kastration zu Nebenwirkungen wie Harninkontinenz, Gewichtszunahme, Verhaltensänderung oder auch Fellveränderungen kommen. "Bestimmte Rassen haben hier prozentual ein höheres Risiko. Eine Inkontinenz wird insbesondere bei kastrierten Hündinnen bei Rassen wie dem Dobermann oder dem Boxer häufiger beobachtet, während Fellveränderungen bei langhaarigen Rassen wie dem Irish Setter immer wieder gesehen werden", so Kittner.
Vorsorge, Nachsorge und Kosten
Nach der Kastration ist die Wundkontrolle durch den Tierbesitzer das Wichtigste. Am wenigsten Nachsorge benötigt der Kater, da bei ihm keine Fäden gezogen werden müssen. "Bei weiblichen Katzen, Rüden und Hündinnen verbleiben die Fäden der Naht in der Regel 10-12 Tage. In dieser Zeit benötigen die Tiere einen Leckschutz wie einen Body oder Halskragen, damit sie die Operationsnaht nicht belecken", so Kittner. Auch Schwimmen oder Toben mit anderen Hunden ist in dieser Zeit nicht erlaubt. Nach dem Entfernen der Nähte ist die Wunde in der Regel aber bereits derart gut verheilt, dass man auf den Leckschutz verzichten kann.
"Die Tierbesitzer sollten sich nach der Kastration Zeit für ihr Tier nehmen. Je nach Alter und Dauer der Narkose sind die Tiere am Tag der Operation müde oder haben auch noch keinen Appetit, benötigen also intensive Zuwendung", erklärt die Tierärztin. Auch sollte die Wunde täglich auf Schwellung oder Rötung kontrolliert werden. Keinesfalls sollte das Tier am Tag der Operation unbeaufsichtigt sein.
"Die Kosten variieren je nach Wahl der Narkose oder der Operationstechnik, also nichtinvasiv oder invasiv, für den einzelnen Patienten und sollten beim jeweiligen Haustierarzt im Vorfeld abgeklärt werden", so Kittner. Tierkrankenversicherungen würden die Kosten für eine Kastration in der Regel nur übernehmen, wenn diese medizinisch ratsam oder erforderlich ist.