Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und kann vom Körper gespeichert werden. Es wird als einziges Vitamin mithilfe der Sonnenstrahlen selbst produziert. Am Tag braucht der Körper laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung etwa 20 Mikrogramm – vorausgesetzt man war nicht lange genug in der Sonne.
Vitamin D wird für etliche Prozesse im Körper benötigt – unter anderem für gesunde Knochen, Zähne und ein gutes Immunsystem. Doch wie sieht es mit der Psyche aus? Kann die Einnahme von Vitamin D womöglich sogar Depressionen vorbeugen oder Symptome lindern? Laut Chefärztin Catri Tegtmeier ist die Frage nicht so einfach zu beantworten.
Vitamin D und Depressionen: Gibt es Zusammenhänge?
Der Zusammenhang zwischen Depressionen und Vitamin D wurde bereits in mehreren Studien überprüft. 2020 hat ein indisches Forscherteam Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Vitamin D und Depressionen in Datenbanken, wie PubMed oder die Cochrane Library untersucht und zusammengefasst. Das Team prüfte insgesamt 61 Publikationen und kam zum Ergebnis, dass ein Vitamin-D-Mangel häufig bei Patienten mit Depressionen festgestellt wird.
Die Daten lassen aber keine Schlussfolgerung auf die genauen Zusammenhänge zu. Aufgrund der fehlenden Beweise kann eine Behandlung mit Vitamin D bei Depressionen laut der Auswertung des indischen Forscherteams nicht universal empfohlen werden. Trotzdem deuten Studien laut dem Deutschen Ärzteblatt darauf hin, dass Menschen mit einem Vitamin-D-Mangel ein erhöhtes Risiko haben, an Depressionen zu erkranken.
Kann Vitamin D Depressionen vorbeugen?
Wie genau Vitamin D und Depressionen zusammenhängen, wird noch erforscht. "Der Zusammenhang zwischen Nährstoffmängeln und depressiven Erkrankungen ist noch nicht abschließend geklärt", sagt auch Catri Tegtmeier, Chefärztin der Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie sowie Traumatherapie der Wicker Klinik in Bad Wildungen.
Obwohl ein Zusammenhang zwischen Menschen mit Vitamin-D-Mangel und Depressionen festgestellt wurde, konnte eine Vitamin-D-Gabe laut einer Studie eines amerikanischen Forscherteams das Auftreten von depressiven Störungen nicht verhindern. Untersucht wurden 18.353 Erwachsene ab 50 Jahren. Der Großteil, 16.657, waren zuvor nie an einer Depression erkrankt, 1.696 litten bereits an einer Depression, wurden aber in den vergangenen zwei Jahren nicht behandelt, heißt es in der Methodik der Studie. Sie verlief über mehr als fünf Jahre.
Laut den amerikanischen Forschern führte die Gabe von Vitamin D im Vergleich zur Placebogruppe nicht zu höheren Stimmungswerten oder zu einem geringeren Auftreten von klinisch relevanten depressiven Symptomen. Gegeben wurden täglich 2000 IE Vitamin D. Laut dem Deutschen Ärzteblatt sei es unwahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren eine "ähnlich große Studie an Menschen mit nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel wiederholt wird."
Wichtig für die Einschätzung: nur 11,6 Prozent der Teilnehmer hatten aber tatsächlich einen Vitamin-D-Mangel bzw. Werte unter 20 ng/ml. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wird eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung bei Werten zwischen 20 ng/ml und 50 ng/ml im Blut erreicht.
Kann Vitamin D bei Depressionen helfen?
Laut Catri Tegtmeier ist bei einem Vitamin-D-Spiegel über 30 ng/ml "kein wesentlicher Effekt durch die Einnahme von Vitamin D auf die Stimmung zu erwarten." Die Studie habe deshalb unter internationalen Vitamin-D-Experten zu Diskussionen geführt. Laut Catri Tegtmeier wäre eine Untersuchung interessant, bei der Patienten tatsächlich einen schweren Mangel aufweisen. Das sei aber schwer zu verwirklichen: "Eine Studie anzulegen, bei der eine Gruppe bei schwerem Mangel eine Substitution erhält und eine andere Gruppe nicht, ist unter ethischen Aspekten kaum umsetzbar", sagt die Expertin. Der Mangel sollte nämlich zeitnah behoben werden.
Catri Tegtmeier berichtet, dass Patienten mit Depressionen, die einen schweren Vitamin-D-Mangel aufweisen auch von einer Verbesserung der Symptome berichten, wenn dieser behandelt wird. "Natürlich ist das nicht die einzige Behandlung bei einer Depression. Ich sehe sie aber im Rahmen eines ganzheitlichen Therapieansatzes als unterstützende Maßnahme", sagt die Chefärztin.
Vitamin D gegen Depressionen: In der Klinik wird der Mangel ausgeglichen
Laut Catri Tegtmeier wird der Vitamin-D-Spiegel bei allen Patienten, die unter anderem wegen Depressionen in der Wicker Klinik behandelt werden, bestimmt. "In der Mehrzahl liegt ein Mangel vor. Die niedrigsten Werte waren im März zu finden: 46 Prozent wiesen einen schweren Mangel bzw. 27 Prozent einen deutlichen Mangel auf, 13 Prozent der Werte lagen im suboptimalen Bereich und nur 14 Prozent im optimalen Bereich", sagte die Chefärztin.
Vitamin D habe eine hohe Schutzfunktion für die Nervenzellen im Gehirn, weshalb ein Mangel laut der Chefärztin zu einer Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit führen könne. "Darüber hinaus beeinflusst es die Bildung der Botenstoffe Dopamin und Serotonin, welche u. a. für gute Stimmung und mentale Stärke verantwortlich sind", sagt Catri Tegtmeier. Auch der Schlaf-Wach-Rhythmus werde von Vitamin D beeinflusst. Das kann möglicherweise eines der häufigsten Symptome bei Depressionen lindern: Schlafstörungen. Trotzdem braucht es weitere Studien, um den Zusammenhang zwischen Vitamin D und Depressionen genauer zu verstehen.