Zum Frühstück, als Snack, pur oder mit Schokostreuseln: Die Deutschen lieben Joghurt mehr denn je. Bei 17 Kilo (und damit drei Kilo mehr als noch vor fünf Jahren) lag zuletzt der durchschnittliche Jahresverbrauch, was umgerechnet heißt: Jeder greift mindestens zweimal pro Woche zum 150-Gramm-Becher. Nicht nur weil’s schnell zur Hand ist und schön frisch und mild schmeckt, so die aktuellen Vorlieben der Verbraucher. Viele essen Joghurt auch aus gesundheitlichen Gründen: „Es liefert hochwertiges, leicht verdauliches Eiweiß, das für Knochenaufbau wichtige Kalzium und dazu viel Vitamin B12 für die Blutbildung“, bestätigt Ernährungswissenschaftlerin Daniela Krehl, Fachberaterin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale München.
Außerdem sollen die Kulturen im Joghurt, man könnte auch sagen die „guten“ Bakterien, ein Stimulanz für unsere Abwehrkräfte sein. Doch stimmt das auch? Daniela Krehl ist da vorsichtig: „Bislang gibt es zu wenige Untersuchungen und Studien, was Joghurt angeht, um generelle Aussagen treffen zu können.“ Bekannt ist allerdings, dass Bakterien, die wir über die Nahrung aufnehmen, einen Einfluss auf unser Mikrobiom haben. Das besteht aus Billionen von Keimen (Bakterien, Viren, Pilzen etc.), besiedelt unter anderem unseren Darm und hilft bei der Verdauung von Nahrung, Produktion von Vitaminen und dem Training des Immunsystems, das zu etwa 80 Prozent im Darm sitzt.
Was dem Joghurt den frischen, säuerlichen Geschmack gibt
Damit sind wir wieder bei den Kulturen im Joghurt. Wenn wir von Joghurt sprechen, einem geschützten Begriff, sind das laut Milcherzeugnisverordnung acht Standardsorten. Klassische Joghurt-Bakterienkulturen sind Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus. Sie geben dem Joghurt einen frischen, säuerlichen Geschmack. Bei anderen Joghurts wird Lactobacillus bulgaricus durch Lactobacillus acidophilus (und Bifidobakterien) ersetzt. Diese Produkte säuern nicht so stark und auf dem Etikett steht: Joghurt mild. Die Hersteller müssen im Zutatenverzeichnis aufführen, welche Joghurtsorte sie einsetzen.
Die Kulturen sorgen dafür, dass aus Milch Joghurt wird. Und zwar mittels Fermentation, einem einfachen biochemischen Vorgang: Dazu wird Milch mit spezifischen Milchsäurebakterien versetzt und für mehrere Stunden bei einer Temperatur von etwa 40 bis 45 Grad Celsius bebrütet. Dabei vermehren sich die Bakterien optimal und bauen den Milchzucker (Lactose) zu Milchsäure (Lactat) um. Dabei reichert sich Milchsäure an, es entsteht ein saures Milieu und Milcheiweiß wird biochemisch „ausgefällt“. Das Joghurt bekommt seine feste oder – wenn nach der Fermentation gerührt wird – cremige Konsistenz und sein feinsäuerliches Aroma. Anschließend wird das Joghurt entweder abgefüllt und als Naturjoghurt verkauft oder es wird mit Fruchtzubereitungen, Schokolade oder anderen Aromen versetzt angeboten.
Den Joghurt selbst mit frischen Früchten anrühren
Weil solche Zubereitungen oft wahre Zuckerbomben sind, würde Daniela Krehl Joghurt immer selbst mit frischen Früchten anrühren. Ein Blick aufs Etikett zeigt, was in Glas oder Becher steckt. Die Bezeichnung „Joghurt“ besagt, dass es sich wirklich um ein Produkt mit lebenden Kulturen handelt. Ein Joghurt, der nach der Fermentation wärmebehandelt wurde, um länger haltbar zu sein, wird nicht mehr als „Joghurt“ bezeichnet. Genau genommen handelt es sich dabei um ein „Joghurterzeugnis“ oder es trägt den Zusatz „wärmebehandelt“.
Allerdings geht es den „guten“ lebenden Bakterien spätestens im Magen an den Kragen. Die meisten von ihnen werden durch den sauren Magensaft eliminiert. Aber dem Immunsystem reichen schon Bruchstücke der Zellen aus, um Antikörper zu produzieren. Das heißt, das so wichtige Immun-Training findet trotzdem statt. Weil sich die Lactobazillen, die lebend „durchkommen“, auf Dauer nicht im Darm halten können, tut regelmäßiger Nachschub not. Soll das heißen: ein Joghurt am Tag? „Joghurt kann in der Gesamtheit einer gesunden Ernährung eine wichtige Rolle spielen“, zieht Daniela Krehl ihr Resümee. „Aber große Ernährungsfehler abfedern, das wird einem damit nicht gelingen!“ Auch bei Dickmilch, Kefir und Skyr sind Milchsäurebakterien im Spiel. Ruhig also auch mal zu diesen Produkten greifen. „Je mehr Abwechslung, desto besser fürs Mikrobiom. Das wirkt sich positiv auf die Abwehrkräfte aus“, sagt die Fachberaterin.
So kann man Joghurt selber machen
Beim Einkauf sollte man darauf achten, dass das Joghurt frisch ist. Je länger es schon in Kühlregal oder Kühlschrank steht, desto weniger „gute“ Bakterien sind darin noch nachzuweisen.
Die Frische-Garantie hat man, wenn man sein Joghurt selbst macht. Daniela Krehl: „Das Geschmackserlebnis ist noch mal ein ganz anderes als bei einem gekauften Produkt“. Und es geht im Grunde ganz einfach.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man „beimpft“ abgekochte und auf circa 50 Grad abgekühlte Milch mit etwas fertigem Joghurt (z.B. 3 bis 4 EL auf 1 Liter Milch) oder man verwendet dazu spezielles Joghurtferment. Solche fertigen Kulturen gibt es in Bioläden oder Reformhäusern zu kaufen, unter anderem auf unterschiedliche Milchsorten (z.B. auch Schafsmilch) abgestimmt. Anschließend muss die Masse einige Stunden lang auf Temperatur gehalten werden.
Sehr praktisch sind spezielle Joghurtbereiter, also beheizbare Geräte, in denen die angesetzte Masse sich innerhalb relativ kurzer Zeit in Joghurt umsetzt. Je nach Ausstattung können die Geräte auch zur Zubereitung von veganem Joghurt, Frischkäse, Quark und Sauerteig-Anstellgut fürs Brotbacken verwendet werden. Oder man macht es wie unsere Groß- und Ur-Großmütter: Die packten das Gefäß mit dem Joghurt-Ansatz ins dicke Federbett, eventuell noch mit einer heißen Wärmflasche. Nach ein paar Stunden war das Joghurt dann fertig. Oberstes Gebot ist Sauberkeit (Gläser etc. heiß ausspülen). Und schneller Verzehr: Selbstgemachtes Joghurt ist nicht so lange haltbar wie fertig gekauftes: „Also lieber kleine Mengen machen, und dafür öfter“, so Daniela Krehl.
Mehr hilfreiche Informationen finden Sie hier in unserem Gesundheit-Ratgeber und in unserem Ernährung-Ratgeber.