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Interview: 40 Tage kein Zucker: Wie Hannah Frey gegen Heißhunger kämpfte

Interview

40 Tage kein Zucker: Wie Hannah Frey gegen Heißhunger kämpfte

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    Autorin Hannah Frey: „Ungesundes ab und an ist voll in Ordnung.“
    Autorin Hannah Frey: „Ungesundes ab und an ist voll in Ordnung.“ Foto: Fotolia

    Frau Frey, Sie haben Ihrem Zuckerkonsum den Kampf angesagt und in Ihrem Internet-Blog viele tausende Leser an Ihrer Herausforderung teilhaben lassen, 40 Tage lang ganz auf Zucker und zuckerhaltige Produkte zu verzichten. Welche Veränderungen haben Sie bei sich festgestellt?

    Hannah Frey: Ich habe durch den Verzicht auf Haushaltszucker ein paar Kilo abgenommen und gleichzeitig Energie gewonnen. Ich fühle mich wohler, bin viel fitter und den ganzen Tag über leistungsfähig. Früher hatte ich oft ein Mittags- oder Nachmittagstief und mich schlapp gefühlt. Außerdem hat meine Haut sich verbessert, was gerade für Frauen ja oft wichtig ist.

    Was waren Ihre größten Probleme beim Zuckerverzicht? Gerade die Industrie macht es einem oft nicht leicht zu erkennen, wie viel Zucker wirklich einem Produkt zugesetzt ist.

    Frey: Das stimmt. Ich koche deshalb fast alles selbst und verwende frische Zutaten. Am schwierigsten finde ich, auswärts Essen zu finden, dem kein Zucker zugesetzt wurde, aber auch da gibt es immer Wege und Möglichkeiten.

    Sie hatten öfter mit einer Heißhungerattacke und Sucht nach Süßem zu kämpfen. Was hat Ihnen geholfen?

    Frey: Ich hatte meist abends Heißhungerattacken und habe dann entweder etwas Fettiges gegessen, beispielsweise eine Handvoll Nüsse oder ein Stück Käse. Oder ich habe die Zähne geputzt – durch den minzigen Geschmack vergeht die Lust auf Süßes und für mich war auch der psychologische Effekt entscheidend: Nachdem ich meine Zähne geputzt habe, esse ich nichts mehr. Je länger ich mich zuckerreduziert ernährt habe, desto seltener wurden die Heißhungerattacken. Heute habe ich gar keine mehr.

    Sie haben aus Ihrer Erfahrung ein erfolgreiches Kochbuch „Zuckerfrei – Die 40-Tage-Challenge“ mit trendigen, oft veganen Rezepten geschrieben. Gerade bei süßen Rezepten, etwa Ihrer Nuss-Nugat-Creme aus Trockenpflaumen und Haselnüssen oder selbst gemachter Schokolade, ersetzen Sie den Zucker durch Fruchtsüße. Warum halten Sie Zucker im Obst für besser als normalen?

    Frey: Haushaltszucker ist ein stark verarbeitetes Produkt und enthält keinerlei Nährstoffe mehr. Frische Früchte und Trockenobst hingegen enthalten Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe und ist somit weitaus gesünder.

    Sie zählen zu den bekannten Namen der deutschen Foodblogger-Szene und propagieren das „Clean-Eating“. Was verstehen Sie unter diesem Begriff?

    Frey: Clean Eating ist eine moderne Form der Vollwertkost. Ich mag die Begriffe Vollwertkost und Vollwerternährung aber nicht. Beides klingt so altbacken und ziemlich unsexy. Beim Clean Eating geht es darum, sich so natürlich wie möglich zu ernähren. Statt Fertigprodukten, Fast Food und Co. werden frische Lebensmittel verarbeitet und gegessen.

    Frische Früchte enthalten zwar auch Zucker – aber auch viele Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe.
    Frische Früchte enthalten zwar auch Zucker – aber auch viele Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Foto: Fotolia

    Für einige Ihrer Rezepte verwenden Sie Superfood-Zutaten wie Chia-Samen oder Quinoa. Was schätzen Sie an diesen Produkten?

    Frey: Ich experimentiere gerne mit Lebensmitteln, die für mich neu sind. Exotische Superfoods sind auf keinen Fall ein „Muss“, aber mir macht es einfach Spaß, damit zu kochen. Es gibt auch viele heimische Lebensmittel, die das Label „Superfood“ verdient haben. Statt Chia-Samen kann man auch Leinsamen verwenden, aber aus Chia-Samen kann man beispielsweise einen Chia-Pudding zubereiten, was mit Leinsamen nicht so gut funktioniert.

    Viele halten Superfood nur für eine Modeerscheinung, andere spotten, dass Zucker zum „neuen Heroin“ verteufelt wird und beklagen den Missionierungseifer von Vegan- und Foodpredigern...

    Frey: Ich schreibe über Superfoods, Clean Eating, zuckerreduzierte Ernährung und andere Themen, die seit mehreren Jahren aktuell sind – bin aber weit davon entfernt, andere zu missionieren. Allgemein habe ich eine sehr entspannte Einstellung und nehme das alles nicht zu ernst. Ich freue mich über jeden, den ich dazu bewegen kann, sich gesünder zu ernähren oder allgemein gesünder zu leben. Das Leben soll aber Spaß machen.

    Wie hat sich für Sie Ihre Art zu ernähren verändert? Greifen Sie noch zu Industrieprodukten oder Fast Food?

    Frey: Industrieprodukte esse ich sehr selten und wenn, dann sind es welche aus dem Bio-Laden, bei denen die Zutatenliste für mich vertretbar ist. Ab und an gehe ich in Burger-Restaurants, aber zu den klassischen Fast-Food-Ketten nicht. Burger sehe ich auch nicht als Ernährungssünde. Wenn ich mir am Anfang meiner Ernährungsumstellung verboten hätte, jemals wieder Fast Food zu essen, hätte ich keine zwei Wochen durchgehalten.

    Sie bevorzugen die 80/20 Regel. Wie funktioniert das?

    Frey: Damit ist gemeint, dass ich mich nicht hundert Prozent gesund ernähre, sondern durchaus auch Ausnahmen mache. Ich bestelle Pizza beim Lieferdienst und esse Kuchen im Café. Mal ernähre ich mich zu 80 Prozent gesund und mache 20 Prozent Ausnahmen, mal ist das Verhältnis aber auch 70:30 oder 90:10. Das ist aber nur ein grober Richtwert, ich tracke meine Mahlzeiten nicht und rechne auch keine Nährwerte aus. Ich koche in der Regel selbst und ernähre mich gesund – da ist etwas Ungesundes ab und an für mich vollkommen in Ordnung.

    Sie haben Gesundheitswissenschaften studiert, bieten Ernährungskurse an, bloggen professionell, schreiben Kochbücher. Wie kam es dazu?

    Frey: Das war eine Entwicklung über mehrere Jahre und kam nicht von heute auf morgen. Ich war schon während des Studiums selbstständig und habe einfach immer das gemacht, was mir Spaß macht, an mich geglaubt und hart gearbeitet. Mein Blog kam von Anfang an so gut an, dass ich nach einem halben Jahr meine ersten beiden Buchverträge unterschrieben habe – so kam dann eins zum anderen.

    Sie sind, was man heute einen „Influencer“ nennt und vermarkten Ihre Prominenz in den sozialen Netzwerken und als Bloggerin, nennen aber auch transparent Ihre Kooperationspartner von der AOK, Supermarktketten bis zu kalifornischen Trockenpflaumen. Was sagen Sie zu einer Gefahr wachsender Schleichwerbung durch

    Frey: Schleichwerbung ist aktuell ein großes Thema und es ärgert mich selbst sehr, wenn ich sehe, dass andere Blogger Kooperationen umsetzen, die ich abgelehnt habe. Beispielsweise, wenn ein Unternehmen verlangt, dass die Zusammenarbeit nicht gekennzeichnet wird. Ich sage über 90 Prozent der Anfragen, die mich erreichen, ab und arbeite grundsätzlich nur mit Firmen zusammen, hinter denen ich stehe. Ich kaufe sowohl bei Edeka als auch bei Kaufland ein. Wenn ich eine Kooperation eingehe, ist es mir ist wichtig, dass mein Leser erkennt, dass ich für einen Beitrag bezahlt wurde.

    Also Transparenz ist entscheidend?

    Frey: Bezahlte Beiträge auf meinen Kanälen zu veröffentlichen, finde ich absolut nicht verwerflich. Denn nur dadurch, dass ich Geld mit meiner Arbeit verdiene, hat der Leser überhaupt die Möglichkeit, meine Rezepte und Inhalte kostenlos zu konsumieren. Würde ich kein Geld damit verdienen, hätte ich nicht die Möglichkeit, so viel Arbeit und Zeit in den Blog und meine Social-Media-Kanäle zu stecken.

    Die 28-jährige Hamburgerin Hannah Frey zählt mit ihren Internetseiten projekt-gesund-leben.de und hannahfrey.de zu Deutschlands bekanntesten Foodbloggerinnen und propagiert eine moderne gesunde Ernährung. Die studierte Gesundheitswissenschaftlerin hat mehrere Kochbücher-Bestseller geschrieben, zuletzt „Zuckerfrei: Die 40-Tage-Challenge“ (GU Verlag, 144 Seiten, 15,99 Euro) und „Clean Eating Basics“ (GU-Verlag, 144 Seiten, 16,99 Euro). Die 28-Jährige gibt in mehreren Städten Ernährungskurse.

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