Wir Menschen leben in vielfältigen Gefühlswelten: von Freude und Liebe bis hin zu Angst und Wut. Jeder Mensch hat diese und weitere Gefühle schon erlebt. Bei Schmerzen ist es genau so. Sie sind ein wichtiger Indikator, wenn etwas am Körper nicht stimmt. Auch das ist uns bekannt. In der Tierwelt sind Gefühle und Schmerzempfinden ebenfalls nachgewiesen. So wird dem Goldfisch ein Gedächtnis und die Fähigkeit zugesprochen, Erfahrungen in negativ und positiv unterteilen zu können. Bei anderen Tierarten scheint Trauer um verstorbene Artgenossen beobachtet worden zu sein. Bei Insekten ist die Forschung noch nicht ganz so weit. Doch es gibt Erkenntnisse, die Rückschlüsse auf Sinne und Gefühle zulassen.
Gefühle bei Insekten: Das ist bekannt
Viele Tierarten besitzen laut Deutschlandfunk Nova ähnliche Mechanismen, wenn es um Gefühle geht. Bei Bienen zum Beispiel wurden ähnliche Neurotransmitter entdeckt, die auch wir Menschen im Gehirn haben. Dabei handelt es sich um Dopamin und Serotonin.
Ein Versuch, von dem Deutschlandfunk Nova berichtet, ergab, dass die Dopamin- und Serotoninwerte sinken, wenn man Bienen schüttelt. Bei uns Menschen können sinkende Dopamin- und Serotoninwerte depressive Stimmung bedeuten. Die Bienen waren in diesem Zustand weniger bereit, neue Futterquellen auszuprobieren - ein Anzeichen dafür, dass sie sich schlechter fühlen.
Ein weiteres Beispiel: Hummeln spielen wohl gerne mit Holzkugeln. Man fand heraus, dass sie dabei scheinbar Freude empfinden.
Für den Deutschen Tierschutzbund stellt das eine Grauzone dar: "Sofern da nicht das Gegenteil klar bewiesen wäre, würden wir sagen: im Zweifel für das Tier". Das erklärt Fachreferentin Nina Brakebusch gegenüber der Redaktion. Vor allem die Haltungsvorgaben von Insekten moniert der Verein. Nichts Verbindliches sei in dieser Hinsicht in Planung. Eine gute Haltung sei aber auch schwer verifizierbar: "Zum einen liegen für viele Arten keine ausreichenden Haltungserfahrungen oder notwendige Literatur vor. Zum anderen kann - da Insekten gänzlich anders kommunizieren als wir und die Verhaltensforschung hier noch relativ am Anfang steht - auch nur schwer festgestellt werden, ob die Tiere leiden oder nicht", so Brakebusch.
Ob Insekten nun Gefühle haben oder nicht - die Forschung lässt dazu noch einige Leerstellen. Anzeichen dafür, dass Insekten etwas fühlen, ergeben Experimente aber durchaus. Zumindest Tierschützer raten bis dahin, lieber davon auszugehen, dass Insekten Gefühle haben.
Anatomische Strukturen sind gegeben: Spüren Insekten wirklich Schmerz?
Reinfühlen können wir uns in keine Tiere. Ob sie Schmerz tatsächlich empfinden, nehmen wir daher nur an. Viele Tiere sind allerdings mit Nozizeptoren ausgestattet. Das bedeutet, dass ihr Organismus auf Schmerz zumindest reagiert. Laut der Seite spektrum.de gilt es als Konsens, dass beispielsweise Hunde, Katzen, Kühe oder Affen Schmerz auch empfinden können.
Bei Insekten hilft uns unsere Intuition nicht weiter. Wir können nicht sagen, ob beispielsweise ein Wurm, der sich krümmt, gerade Schmerz empfindet oder sich einfach nur regt. Doch laut Deutschem Tierschutzbund herrscht Einigkeit darüber, dass "Insekten über alle anatomischen Strukturen verfügen, die nötig sind, um Schmerz zu empfinden." Außerdem würden Studien die Sensibilität von Insekten belegen. In einer Studie wurde zum Beispiel festgestellt, dass Fruchtfliegen chronische Schmerzen empfinden können.
Auf der anderen Seite gibt es Beobachtungen, dass Bienen ein gebrochenes Bein genauso belasten wie ein gesundes. Und Heuschrecken, die von einer Gottesanbeterin verspeist werden, fressen mit ihrem Vorderteil einfach weiter. Das deutet wiederum darauf hin, dass Insekten Schmerz nicht bewusst wahrnehmen, obwohl sie über die entsprechende Anatomie verfügen.
Vor aktuell angewandten Haltungs- und Tötungsverfahren warnt der Tierschutzbund trotzdem: "Beim Umlagern und Aussieben sind Verletzungen, Quetschungen und Amputationen durch die schiere Anzahl der Tiere nicht vermeidbar". Wenn Insekten bei Betäubungsverfahren nur kurz oder zu geringer Kälte oder Hitze ausgesetzt seien, würden sie lebendig und schmerzhaft weiterverarbeitet, erklärt Nina Brakebusch.
Umfassende Wahrnehmung: Diese Sinne haben Insekten
Unabhängig von Gefühlen und Schmerzempfinden haben Insekten Sinne, von denen wir Menschen nur träumen können. Damit können sie sich beispielsweise besser orientieren. Bestimmte Verhaltensweisen erlauben den Insekten zudem, untereinander zu kommunizieren. Der Deutsche Tierschutzbund verweist auf die Studienlage, derzufolge Insekten ihre Umwelt komplexer wahrnehmen als wir Menschen.
- So haben einige Insekten einen Magnetsinn, mit dem sie sich während ihres Flugs am Magnetfeld der Erde orientieren können.
- Bienen verfügen über einen besonderen Sinn, wenn es um Gerüche geht: Sie können Pheromone riechen, die von Königinnen abgegeben werden. Damit kommunizieren sie untereinander. Auch über Vibrationsfrequenzen können sich Bienen verständigen. Durch das Anlegen innerer Landkarten mit bestimmten Markern wie Gebäuden oder Flüssen können sie sich über Kilometer hinweg orientieren. Ihre Gedächtnisleistung lässt laut Forschung sogar das Lösen einfacher mathematischer Rechnungen zu.
- Papierwespen können laut Tierschutzbund einzelne ihrer Artgenossen am Gesicht erkennen und so Beziehungen zueinander pflegen.
- Andere Insekten sehen ultraviolettes Licht, wieder andere hören Töne im Ultraschallbereich.
- Ameisen konnte man das Lösen komplexer Probleme nachweisen. Weil sie in einem riesigen Staat zusammenwohnen, sind Fähigkeiten wie Aufgabenverteilung und Koordinierung unerlässlich. Nur so können Hindernisse im Team überwunden werden.