Es ist ein ständiges Ärgernis für Verbraucher: Ob der Kühlschrank kaputt geht, das Handy nicht mehr funktioniert oder die Waschmaschine streikt – in vielen Fällen sind die Bürgerinnen und Bürger gezwungen, ihr nicht mehr funktionierendes Haushalts- oder Elektrogerät wegzuwerfen und durch ein neues Modell zu ersetzen. Denn Reparaturen erweisen sich entweder als unerschwinglich, als zu aufwendig oder aber Ersatzteile sind nicht mehr vorrätig.
Verbraucher können treibenden Kraft im grünen Wandel sein
Dabei wünschen sich einer Eurobarometer-Umfrage zufolge 77 Prozent der Konsumenten in der Europäischen Union, ihre Waren lieber zu reparieren, als neue zu kaufen. Darauf will die EU reagieren. Während die Kommission eine entsprechende Gesetzesinitiative für September dieses Jahres angekündigt hat, stimmte das Europäische Parlament in Straßburg bereits am Donnerstag über seine Prioritäten für den Vorschlag ab.
Die Grünen-Politikerin Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, hatte den Entwurf angestoßen, mit dem das EU-Abgeordnetenhaus den Vorstoß der Brüsseler Behörde zu beeinflussen versucht. „Der Kern des Rechts auf Reparatur ist der Zugang zu Ersatzteilen und Anleitungen für alle Tüftlerinnen, Werkstätten und Verbraucher“, so Cavazzini. Das Ziel: Informationen über Lebensdauer und Reparierbarkeit sollen den Menschen den nachhaltigen Einkauf ermöglichen. „Es macht aus Verbraucherinnen und Verbrauchern eine treibende Kraft des grünen Wandels“, sagt die Europaparlamentarierin.
Bislang fehle der rechtliche Rahmen, der „den Weg aus der Wegwerfgesellschaft“ eröffne. Anreize, die Reparatur anstelle des Austauschs von Waren zu wählen, müssten sich laut Parlament in Garantien wiederfinden sowie in öffentlicher Beschaffung und einer ausgeweiteten Herstellerverantwortung, die Produkte langlebiger und leichter reparierbar zu machen. Denn nicht nur sind die wenigsten Geräte wieder leicht zum Laufen zu bringen. Ihr verfrühter Verfall wird auch bereits bei der Herstellung geplant, wie René Repasi, binnenmarktpolitischer Sprecher der Europa-SPD, kritisiert. „Das ist weder verbraucherfreundlich noch nachhaltig und eine Marketingstrategie, die als unlautere Handelspraxis erklärt werden muss.“
Weniger als 40 Prozent der Geräte werden recycelt
Die Initiative ist eine Säule der Bemühungen der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Durch deren Intensivierung soll einerseits die Wirtschaft profitieren und andererseits die Umwelt mit weniger Müll belastet werden. Denn weil allzu oft der kaputte Herd oder der Kühlschrank aussortiert werden muss, wächst auch der Berg an Elektroschrott immer weiter an. Laut Kommission ist Elektronik der am stärksten zunehmende Abfallstrom in der Staatengemeinschaft. Dem Statistischen Bundesamt zufolge hatten 2018 rund vier Millionen Tonnen Geräte EU-weit ausgedient. Weniger als 40 Prozent werden recycelt.
Einige Parlamentarier betonen jedoch, dass jeweils produktspezifisch geschaut werden müsse, wann eine Reparatur und Updates sinnvoll sind – und wann der Ansatz an seine Grenzen stößt. Es gebe Produkte, die nicht repariert werden können, die aber viel länger halten als andere Geräte, bei denen die Reparierbarkeit gewährleistet sei, sagt Andreas Schwab (CDU), binnenmarktpolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion. „Solchen Besonderheiten muss Rechnung getragen werden, damit der Binnenmarkt auch künftig vielfältige Produkte fördert.“ Er warnt davor, „eine Planwirtschaft rund um das Recht auf Reparatur“ einzuführen. „Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Bezahlbarkeit von Produkten dürfen nicht unter den Tisch fallen“, so Schwab.