Der über Jahre vertraute rosa Zettel für Kassenpatienten ist seit Anfang des Jahres Geschichte. Das E-Rezept ist da. Wer beim Arzt war, kann sich nun überlegen, ob er an seine verschriebenen Medikamente mit der Gesundheitskarte (eGK), einer App oder über einen Ausdruck (nicht das Rezept, sondern ein QR-Code) beim Apotheker des Vertrauens vor Ort oder im Netz (Online-Apotheke) kommt. Gut zwei Wochen nach Einführung, in denen an jedem Tag rund 1,5 Millionen E-Rezepte ausgestellt wurden, ist es Zeit für eine kurze Bilanz. Wie läuft es mit den digitalisierten Rezepturen?
Was sagen die Ärztinnen und Ärzte zum E-Rezept?
Die Reaktionen sind unterschiedlich. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) vertritt rund 185.000 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland. Ein Sprecher kommentiert den Start als "ruckelnd". Die KBV hatte sich – seit im vergangenen Sommer bundesweit die Umstellung begonnen hatte – für eine stufenweise und nicht für alle zum 1. Januar verbindlich geltende Einführung des E-Rezeptes starkgemacht. Denn, so sagt ein Sprecher auf Anfrage, dann hätte das E-Rezept ausreichend über die gesamte Prozesskette getestet werden und man hätte Kinderkrankheiten ausmerzen können, bevor das nächste Bundesland mit der Umsetzung beginnt: "Praxen sind kein Testlabor". Zumal die KBV beklagt, dass der parallele Einsatz von E-Rezepten und Verordnungen auf Papier die Arbeitsabläufe in den Praxen nicht einfacher machen.
Laut Hausärztinnen- und Hausärzteverband (HAEV) berichten viele Praxen über "zum Teil massive technische Probleme" zum Start Anfang des Jahres. Offensichtlich, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit, sei die Technik und insbesondere die sogenannten Arztinformationssysteme vielerorts mit der Menge an E-Rezepten "schlichtweg überfordert" gewesen: "Immer wieder kam und kommt es zu Abstürzen." Außerdem dauere die Erstellung des E-Rezepts in vielen Fällen nach wie vor zu lange. Die Folge ist: "Das stört die Praxisabläufe – gerade in der aktuellen Infektionssaison, wo die Praxen einmal mehr extrem voll sind." Zusätzlich verunsicherten die technischen Probleme zu Beginn natürlich auch viele. Der HAEV vertritt rund 30.000 Mediziner.
Was sagen die Apothekerinnen und Apotheker?
Seit 2022 sind die Apotheken verpflichtet, E-Rezepte anzunehmen. Jetzt kommen Millionen davon bei ihnen an. Wie ein Sprecher des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) mitteilt, seien einige Arztpraxen noch unsicher im Umgang mit dem neuen System. Bei deren Praxisverwaltungssystemen gebe es Probleme bei der ärztlichen Signatur und bei der Angabe der Berufsbezeichnung auf dem E-Rezept. Die Folge sei, dass Apotheken das E-Rezept zuweilen erst Stunden später vom Server abrufen können oder sogar auf eine Neuausstellung des E-Rezeptes durch die Arztpraxis drängen müssten. Der Anteil der E-Rezepte, die komplett hängen blieben, sei jedoch minimal.
Karte, App, Ausdruck: Wie nutzen die Patienten die neuen Möglichkeiten?
Laut KBV wählen die meisten Patienten die elektronische Gesundheitskarte, um das Rezept einzulösen. Dann folgt die App, die die KBV gerade für viele ältere Patienten als "sicherlich nicht praktikabel" bewertet. Die Möglichkeit eines Ausdrucks wählen die wenigsten.
Ist etwas Besonderes zu beachten, wenn man mit der Gesundheitskarte das E-Rezept einlöst?
Nein. Beim Einsatz mit der Karte wird das Rezept nicht auf der Karte gespeichert. Die ist vielmehr nur der Schlüssel, mit dem die Apotheken dann Zugang zum Server bekommen, auf dem quasi der nun eben digitalisierte rosa Zettel gespeichert ist. Man braucht keinen PIN oder eine Geheimzahl. Die Karte muss nur gültig sein, dann kann der Apotheker loslegen. Heißt aber auch: Wer seine Karte verliert, sollte sie sofort bei der Krankenkasse sperren lassen.
Wie wird ein Rezept ausgestellt, wenn Ärzte Hausbesuche machen?
Stand heute können laut KBV Ärzte die E-Rezepte nur in den Praxisräumen ausstellen, weil sie an die dafür vorgesehene Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein müssen. Ein mobiler Einsatz, zum Beispiel bei Heimvisiten oder aber auch bei Hausbesuchen, sei erst möglich, heißt es weiter, wenn eine mobile Software-Lösung angeboten wird.
Was, wenn der Arzt des Vertrauens noch keine E-Rezepte ausstellt?
Das Digitalisierungsgesetz sieht vor, dass zwei Monate nach seinem Inkrafttreten Arztpraxen, die dann immer noch keine E-Rezepte ausstellen können, mit Bußgeldern sanktioniert werden.
Welche Arzneimittel bekommt man mit dem E-Rezept?
Laut Bundesgesundheitsministerium bekommen Patientinnen und Patienten zu Beginn nur apothekenpflichtige Arzneimittel. Weitere Verschreibungsarten – etwa Rezepte für Betäubungsmittel – würden nach und nach folgen.