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Foto: Angelika Warmuth, dpa (Symbolbild)
Foto: Angelika Warmuth, dpa (Symbolbild)

Oft geht es bei Schulden bei Klarna und Paypal um relativ geringe Beträge. Trotzdem ist bei manchen Fällen der Gang zur Schuldenberatung nötig.

Geld
10.08.2022

Schuldenfalle Paypal: Wie eine 25-Jährige über 22.000 Euro Schulden angehäuft hat

Von Quirin Hönig

Anbieter wie Paypal oder Klarna bieten bequeme Zahlungsmodelle für Online-Einkäufe. Weil man nicht sofort bezahlen muss, rutschen aber viele in die roten Zahlen. Lea häufte so einen großen Schuldenberg an – und will nun andere warnen.

Sofort kaufen, später bezahlen – das versprechen Zahlungsdienstleister wie Klarna oder Paypal. Für viele junge Menschen wird dieses Konzept zur Schuldenfalle. Unter dem Kürzel „Klarna-Schulden“ teilen sie ihre Erfahrungen in Sozialen Netzwerken. Eine von ihnen ist die 25-jährige Lea aus Hamburg. Sie hat mehr als 22.000 Euro Schulden angehäuft. Schuldnerberater sehen eine Verbindung zwischen vermeintlich bequemen Zahlungsmodellen und der wachsenden Verschuldung unter jungen Menschen.

Das Zahlprinzip lässt sich mit dem klassischen Rechnungskauf vergleichen, wie man ihn auch von Bestellungen in Versandkatalogen kennt. Die Käufer müssen nicht sofort beim Einkauf zahlen. Das hat den Vorteil, dass jemand, der sich etwa ein Kleidungsstück online bestellt, dieses erst einmal anprobieren kann. Wenn es nicht passt, kann es ohne komplizierte Rückerstattung zurückgeschickt werden. Wer die Ware behält, muss innerhab einer Frist bezahlen. Geschieht das nicht, fallen zusätzliche Gebühren an. Viele Dienstleister bieten auch Ratenzahlung an. Solche Möglichkeiten wurden Lea zum Verhängnis.

Bis zu drei Bestellungen am Tag: Hamburger Mode-Influencerin verschuldet

Die zahnmedizinische Fachangestellte ist auch Influencerin auf Instagram und TikTok. Ihr Thema ist Mode. Durch den Kauf von immer neuen Kleidungsstücken hat sie sich bei Klarna, Paypal und anderen Dienstleistern verschuldet. Jetzt will sie andere aufklären, damit sie nicht in die gleiche Falle tappen.

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Foto: Privat
Foto: Privat

Influencerin Learicheri hat über Zahlungsanbieter wie Klarna und Paypal über 22.000 Euro Schulden gemacht.

Leas Schuldengeschichte begann 2019. Beim Bestellen von Kleidung entdeckte sie in einem Onlineshop, dass sie nicht sofort bezahlen musste. Die junge Frau rutschte in eine Kaufsucht. „Irgendwann wurde mir auch eine Ratenzahlung angeboten und das kam für jemanden wie mich, der jeden Tag ein- bis dreimal bestellt hat, ideal. Ich konnte mir den ganzen Kram ja eigentlich gar nicht sofort leisten“, erzählt sie. Lea machte mehr und mehr Schulden. Sie rutschte auf Raten in ihre persönliche Finanzkrise. Als die Hamburgerin mal zusammenrechnete, wie hoch ihre Verbindlichkeiten waren, standen unter dem Strich mehr als 22.000 Euro. „Meine Familie war natürlich geschockt.“

Zahlungsdienstleister sind nicht die Hauptursache für Schulden

In München bieten zum Beispiel die Arbeiterwohlfahrt oder der Deutsche Gewerkschaftsbund eine Jugendschuldnerberatung für 18- bis 25-Jährige an. Hier erleben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welch wachsende Rolle Zahlungsanbieter bei der Verschuldung von jungen Erwachsenen spielen. „Die Zunahme der Angebote hat mittlerweile auch zu einer deutlichen Zunahme von offenen Forderungen in diesem Bereich geführt“, sagt eine Sprecherin der Beratungsstelle. „Insbesondere Zahlungen über Raten führen hier häufig zu einer deutlichen Erhöhung der Forderungssummen, weil Zinsen und Inkassokosten sehr hoch sind.“

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Allerdings gibt es noch viele andere Faktoren, die junge Menschen in die Verschuldung führen. Die häufigsten sind Arbeitslosigkeit, eine Erkrankung oder eine Sucht, längerfristiges Niedrigeinkommen, die Gründung eines eigenen Haushalts oder die Geburt eines Kindes.

Video: Learicheri
Lea hat über 22.000 Euro Schulden

Oft geht es bei Klarna-Schulden um relativ geringe Beträge

Bei der Schuldnerberatung der Caritas in Augsburg sind etwa zehn Prozent aller Klienten zwischen 18 und 30 Jahren, erzählt Berater Rainer Storf. Das Hauptklientel sei aber zwischen Mitte 30 und Mitte 50. Das liege daran, dass viele junge Leute nicht an die Kredite kommen, mit denen sie sich richtig hoch verschulden würden.

Die Summen, die bei Klarna oder Paypal anfallen, sind meist nicht besonders hoch. Das eigentliche Problem liegt woanders, wie Experte Storf erklärt: „Wenn man in Zahlungsrückstand gerät: horrende Zinsen und ganz schnelle Weitergabe an Inkassounternehmen.“ Dadurch würden zusätzliche Gebühren draufgeschlagen.

Fakt ist: Immer mehr Menschen nutzen die bequemen Zahlungsmöglichkeiten in Online-Shops – auch Käuferinnen und Käufer, die mehr ausgeben, als sie haben. „Was früher über Giro-Konto-Überziehungen gemacht wurde, läuft jetzt halt über das Paypal-Konto“, sagt Storf. „Oder über Klarna.“

Auch Lea musste sich Oktober 2021 an eine Schuldnerberatung wenden. Es sei ihr letzter Ausweg gewesen. Aktuell gehe es ihr „ganz gut“. Verschuldet ist sie immer noch. Ihren Followern in den Sozialen Netzwerken sagt sie: „Hört auf, euch Klamotten massenweise und auf Raten zu kaufen.“ Paypal und Klarna nutzt sie immer noch, allerdings zahlt sie jetzt sofort.

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