Klimafreundlich mit grünem Wasserstoff heizen – diese Vision wird Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern mit Gasheizung gerne als zukunftsfähige Lösung verkauft. Tatsächlich lassen manche sogenannte H2-ready-Gaskessel installieren – im Glauben, dass diese später überwiegend mit Wasserstoff betrieben werden können. Auch vom wasserstofftauglichen Umbau des Gasnetzes ist vielfach die Rede. Was ist davon zu halten?
Zunächst einmal gibt es sehr große Fragezeichen hinsichtlich der Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Zum Herstellen von grünem Wasserstoff – und nur der ist wirklich klimaneutral – mittels Wasserelektrolyse ist sehr viel Strom aus Wind und Sonne nötig. Allein für die klimaneutrale Produktion in der Stahl- und Chemieindustrie in Deutschland braucht es gewaltige Mengen an Wasserstoff. Obendrein wird Wasserstoff künftig auch für Reservekraftwerke benötigt, die einspringen sollen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Auch der klimafreundliche Antrieb von Schiffen und Flugzeugen braucht Wasserstoff. Angesichts der Knappheit sollte man Wasserstoff nur dort einzusetzen, wo es keine Alternativen gibt. Beim Heizen gibt es andere und deutlich bessere Optionen, insbesondere in Form der Wärmepumpe, die um ein Vielfaches effizienter ist. Eine „grüne“ Wasserstoffheizung benötigt im Endeffekt vier- bis sechsmal so viel Strom wie eine Wärmepumpe.
Wasserstoff muss importiert werden
Wenn aber in Deutschland nicht genügend Wind- und Sonnenenergie zur Verfügung steht, um ausreichend grünen Wasserstoff herzustellen, kann dieser ja aus dem Ausland importiert werden, wird bisweilen argumentiert. Tatsächlich ist in der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung geplant, zwei Drittel des grünen Wasserstoffs über Importe abzudecken. Dabei ist noch weitgehend unklar, wie dies effizient, kostengünstig und emissionsfrei gelingen kann. Die europäischen Nachbarländer werden den von ihnen produzierten Wasserstoff selbst benötigen.
Der Import von weit entlegenen Ländern wie Australien, Chile oder Namibia, wo es viel Sonne und Wind für die Wasserstoffproduktion gäbe, erscheint nur mit Schiffen realisierbar zu sein. Dafür müsste aber der Wasserstoff angesichts seiner geringen Energiedichte zuerst in Ammoniak oder Methanol umgewandelt werden, damit sich der lange Transportweg überhaupt lohnt. Dieser Umwandlungsprozess ist energieaufwendig. Zudem muss Ammoniak für den Transport in flüssiger Form auf einem Temperaturniveau von minus 33 Grad gehalten werden. Es braucht spezielle Schiffe dafür. Effizienter wäre der Transport über Pipelines. Diese sind aber in ferne Regionen wie Australien, Chile oder Namibia nicht vorstellbar. Immerhin ist eine Wasserstoff-Pipeline von Europa nach Nordafrika geplant.
H2-ready-Heizungen vertragen nur 20 Prozent Wasserstoff
Dazu kommt ein ganz anderes Problem: Die heute vertriebenen H2-ready-Heizungen sind auf eine Beimischung von 20 Volumenprozent Wasserstoff ausgelegt und können nicht mit reinem Wasserstoff betrieben werden. Sprich: Diese Heizungen müssten bis 2040, wenn Bayern laut Klimaschutzgesetz klimaneutral sein will, erneut ausgetauscht oder umgebaut werden. In nennenswertem Umfang Biogas beizumischen, scheidet angesichts des geringen Produktionspotenzials in Deutschland aus.
Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass die Zahl der Haushalte, die mit Gas heizen, abnehmen wird. Entsprechend werden die Netzentgelte auf immer weniger Schultern verteilt, die Kosten steigen für die einzelnen Haushalte. Alles deutet darauf hin, dass Heizen mit Wasserstoff nicht nur ein teures, sondern auch ein leeres Versprechen ist – in der nationalen Wasserstoffstrategie ist Wasserstoff für die Gebäudeheizung nicht vorgesehen.
Zum Autor: Martin Sambale ist Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums Allgäu, kurz eza!.