Anschnitte von Möhre, Lauch oder Salat landen beim Kochen meist im Biomüll. Doch dafür sind sie eigentlich viel zu schade. Was früher selbstverständlich war, wird jetzt wieder Trend: „Regrowing“, das Nachzüchten von Gemüse, Obst und Kräutern aus Pflanzenresten. Marianne Scheu-Helgert, Leiterinder Bayerischen Gartenakademie an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim, erklärt, wie aus vermeintlich wertlosen Gemüseresten mit einfachen Tricks auf der heimischen Fensterbank neue Pflanzen wachsen.
Salat braucht sein Wachstumszentrum
Einsteigerinnen und Einsteigern empfiehlt Marianne Scheu-Helgert, ihr Glück erst einmal mit dem Nachzüchten von Salat zu probieren. Am besten eigneten sich Pflücksalate, die noch Wurzelballen haben. Die gibt es mittlerweile in vielen Supermärkten. Auch bereits abgeschnittene Salatköpfe würden sich eignen, sagt Scheu-Helgert: „Allerdings erreiche ich damit nicht mehr die gleiche Masse wie vorher.“ Damit das Regrowing klappt, ist beim Ernten der Salatblätter Vorsicht geboten: „Wenn ich beim Abschneiden der Blätter darauf achte, dass der Wachstumsmittelpunkt unversehrt bleibt, kann die Pflanze super weiterwachsen“, sagt die Expertin. Das Wachstumszentrum ist der untere Bereich des Salatkopfes, wo die Blattstrukturen ganz fein und zart werden. Den mehrere Zentimeter hohen Anschnitt dann einfach samt Ballen in ein Gefäß mit Wasser stellen, sagt Scheu-Helgert. Und warnt: „Die Tasse aber bitte nicht voll machen, sonst säuft die Wurzel ab.“ Als Standort für nachwachsenden Salat würden sich relativ kühle, aber sehr helle Südfenster eignen, etwa im Treppenhaus. Nach einigen Tagen sollten sich dann die ersten neuen Blättchen zeigen.
Vorsicht vor Fäulnis bei Frühlingszwiebeln und Lauch
Auch Lauch und Frühlingszwiebeln sind recht dankbare Regrowing-Kandidaten, sagt die Chefin der Gartenakademie. Sie sollten jedoch bald verwendet werden, bevor sie zu sehr austrocknen. Die Pflanze einfach drei bis fünf Zentimeter über den Wurzelansätzen abschneiden und den unteren Teil in ein Glas mit Wasser an einen möglichst hellen Standort stellen. Dann treiben die Anschnitte recht schnell neues Grün nach, das immer wieder abgeschnitten und verwendet werden kann, sagt Scheu-Helgert. Bilden sich weitere Wurzeln, können die Pflanzen auch wieder in die Erde gesetzt werden. Allerdings seien die Schnittflächen besonders anfällig für Fäulnis, warnt die Expertin: „Frische Schnittflächen sind eine super Nährfläche für Bakterien und Pilze aller Art.“ Ihr Tipp: „Nicht mit allzu viel Wasser arbeiten.“
Karotten, Rote Bete und Sellerie: Frisches Grün für Salate
Wer Wurzelgemüse weiter verwenden will, sollte schon beim Kauf einiges beachten, sagt die Pflanzenexpertin: „Wenn oben an der Spitze etwas fehlt oder da ein weicher, brauner Fleck ist, dann ist die Vegetationsspitze abgefallen oder abgestorben. Das erschwert den neuen Austrieb.“ Ist die Spitze unversehrt und hat noch Reste von Blättern, kann der Teil mehrere Millimeter dick abgetrennt und in eine Untertasse oder ein anderes flaches Gefäß mit Wasser gestellt werden. Die Schnittflächen vorher am besten gut abtrocknen lassen oder mit Holzkohle bestäuben, um Fäulnisvorzubeugen, rät Scheu-Helgert. Neue Knollen bilden sich aus den Anschnitten zwar nicht, das nachtreibende Grün eignet sich jedoch sehr gut als Topping für Salate und Suppen.
Basilikum und Minze: Triebe wurzeln neu
Basilikum-, Minze- und Schnittlauch-Stöcke kann man am einfachsten vermehren, indem man die Stöcke teilt und in größere Töpfe umtopft, erklärt die Expertin. Für das Regrowing von Basilikum und Minze eignen sich aber auch einzelne kräftige Triebe der Pflanzen. Dafür einen Stängel etwa fünf bis sieben Zentimeter unter den Triebspitzen abschneiden und in ein Wasserglas stellen. Dabei darauf achten, dass die unteren Blätter nicht unter Wasser sind. „Dann bilden sich bald neue Wurzeln und man kann sie wieder in einen Blumentopf einpflanzen“, sagt Scheu-Helgert. „Das funktioniert quasi idiotensicher“.
Aus Knoblauch lassen sich neue Rosetten oder Stängel für Suppen züchten
Knoblauch eignet sich gleich in doppelter Hinsicht für das Regrowing. Wenn Knoblauchzehen zu lange in der Küche herumliegen, bilden sich manchmal bereits neue grüne Triebe. Wird die Zehe in flaches Wassergestellt, begünstigt das das Wachstum. Der Trieb kann dann abgeschnitten und zum Beispiel zum Garnieren von Suppen und Salaten oder im Kräuterquark verwendet werden. Wer ganze Knollen nachziehen möchte, kann dies etwa in einem Balkonkasten tun, sagt Marianne Scheu-Helgert: „Einfach so viele Zehen, wie man entbehren will, in einen Blumenkasten stecken.“ Die Zehen sollten etwa drei Zentimeter tief und ungeschält eingepflanzt werden. Im Laufe des Sommers bildet sich dann oberirdisch der grüne Knoblauchstängel, unterirdisch wächst eine neue Rosette mit Zehen. Ernten kann man diese aber erst „so ab August, September“, sagt die Gartenexpertin.
Die Regrowing-Exotin Ananas lässt sich gerne Zeit
Wer sich beim Nachzüchten an eine echte Exotin wagen möchte, kann es mit der Ananas versuchen: „Den Schopf großzügig abschneiden, überflüssiges Fruchtfleisch seitlich entfernen, den Stumpf antrocknen lassen oder in Aktivkohle- oder Kohlepulver leicht eindrücken“, erklärt die Expertin. Ist alles gut abgetrocknet, setzt man den Stumpf in eher nährstoffarme Erde. „Und keinesfalls zu feucht halten, sondern eher einen Tick zu trocken“, rät Marianne Scheu-Helgert. Dann könnte der Strunk neue Wurzeln bilden und so über mehrere Jahre eine neue Pflanze heranwachsen. Die Chance auf essbare Früchte ist jedoch gering, sagt Scheu-Helgert: „Das ist eher so eine kleine, zähe Masse“. Aber immerhin: Eine dekorative Ananas-Pflanze lasse sich so gewinnen.
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