Im Bodensee könnte Forschern zufolge ein massenhaftes Stichlingssterben stattgefunden haben. Bei einer Bestandsaufnahme von Fischen im See seien nur wenige der kleinen stacheligen Fische gefunden worden, sagte der Leiter der Fischereiforschungsstelle in Langenargen, Alexander Brinker. «Eigentlich müssten die Netze voll mit Stichlingen sein. Aber wir haben erst nur ein paar wenige Exemplare aus dem Wasser gezogen.» Laut Fischereiforschungsstelle machte der Stichling bis Anfang des Jahres noch mehr als 90 Prozent der Fische im Freiwasser aus.
Der Stichling war Anfang der 50er-Jahre erstmals im Bodensee nachgewiesen worden und hatte sich ab 2012 überraschend vermehrt. So richtig erklären können sich die Wissenschaftler die ersten Ergebnisse ihrer Inventur nicht. Nichts habe auf ein massenhaftes Fischsterben im Bodensee hingedeutet, erklärte Brinker. Im Frühjahr seien die kleinen Fische, die den Bodensee-Felchen zu schaffen machten, zuhauf mit dem Echolot ortbar gewesen. «Wir haben bei den letzten Befischungen hunderte von Stichlingen gefangen, jetzt sind es insgesamt keine 50.»
Parasit oder Pandemie?
«Eine Pandemie könnte für den Tod der Fische verantwortlich sein», sagt Brinker. Aber auch ein Parasit sei denkbar. «Wenn die Population einer Art überhandnimmt, reguliert sich der Bestand oft von allein.» Die Dichte sei dann so hoch, dass es eine große Übertragungswahrscheinlichkeit gebe. Auch die aktuelle Hochwasserlage im Frühjahr und Sommer könnte eine Rolle spielen. Die genaue Ursache für das Fehlen der Fische sei rückwirkend schwer zu ermitteln.
Für Forscher und Fischer wäre das Verschwinden der Stichlinge eine tolle Nachricht. Die wohl aus Aquarien in den See eingebrachte Art sorgte seit Jahren für ein Ungleichgewicht im Ökosystem. Den Bodensee-Felchen fraßen die Stichlinge das Plankton weg und machten sich auch über ihre Eier und Larven her. Der Bestand der Felchen, die eigentlich die Leitart im Bodensee sind, ging immer weiter zurück. «Wenn sich das massenhafte Verschwinden der Stichlinge bestätigt, könnte das ein wirklicher Gamechanger für eine Erholung der Felchenbestände sein», sagt Brinker.
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