In den bayerischen Kitas ist der Anteil an pädagogischen Fachkräften laut einer Studie so niedrig wie in keinem anderen Bundesland. So kamen im vergangenen Jahr nach dem «Ländermonitoring frühkindliche Bildung» der Bertelsmann Stiftung nur rund drei Prozent der Kita-Teams auf eine hohe Fachkraft-Quote, bei der mehr als acht von zehn Mitarbeitenden mindestens über einen Fachschulabschluss verfügen. Der bundesweite Durchschnitt liegt demnach bei 32 Prozent.
Bayern ist damit das Schlusslicht im Ländervergleich, gefolgt von Hamburg mit 16 Prozent. Auf die höchste Fachkraft-Quote kommt demnach Thüringen mit 89 Prozent. Das Bundesfamilienministerium empfiehlt laut der Studie, die Fachkraft-Quote zunächst auf 72,5 Prozent in jedem Kita-Team anzuheben, perspektivisch sogar auf 85 Prozent.
Seit Jahren geringe Quoten
Der Wert in Bayern stagniert dagegen der Studie zufolge seit Jahren bei rund drei Prozent. Der Anteil an Kita-Teams in Bayern, in denen nur 50 bis unter 70 Prozent des pädagogischen Personals als Fachkraft qualifiziert sind, ging sogar von 59 Prozent im Jahr 2017 auf knapp 56 Prozent im vergangenen Jahr zurück.
«In Bayern verfügt bereits seit Jahren ein großer Anteil des Kita-Personals nicht über die fachlich einschlägige Qualifikation», teilte die Bildungsexpertin Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann Stiftung mit. Deshalb brauche das Bundesland eine Aus- und Fortbildungsoffensive für ein zukunftsfähiges frühkindliches Bildungssystem.
Die Folge könnte der Verlust weiterer Fachkräfte sein: In einer Studie der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Bertelsmann Stiftung sagt fast die Hälfte der befragten Kita-Mitarbeitenden, sich täglich oder fast täglich im beruflichen Alltag überlastet zu fühlen. Viele Beschäftigte halten es weiter für sehr wahrscheinlich, ihren Beruf kurz- bis mittelfristig aufzugeben. «Auch in Bayern besteht das Risiko, dass Fachkräfte das Berufsfeld verlassen», sagt Bock-Famulla. Denn je häufiger sich jemand überlastet fühle, umso eher denke er an einen Wechsel.
Kritik von Verdi
Harsche Kritik kam angesichts der Zahlen von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die bayerische Staatsregierung müsse sich endlich entscheiden: «Geht es um Betreuungsqualität oder nur mehr Köpfe, also Bildung oder Aufbewahrung der Kinder», teilte Martina Meyer vom Landesvorstand Erziehung, Bildung, Soziale Arbeit mit. Inzwischen seien aufgrund der Situation viele Kolleginnen und Kollegen überlastet und frustriert und würden deshalb die Kitas verlassen. Verdi sieht Bund und Länder in der Pflicht, für bessere Rahmenbedingungen in den Kitas und den Ausbau der Ausbildung zu sorgen.
Ministerin: Geben mehr Geld ins System der Kinderbetreuung
Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf teilte mit, die Staatsregierung habe mit dem Nachtragshaushalt eine Richtungsentscheidung für Familien getroffen und gebe mehr Geld ins System der Kinderbetreuung. Das komme insbesondere dem Kita-Personal zugute. Auch stärke man die Weiterbildung der Ergänzungskräfte zu Fachkräften, verdoppele die Teamkräfte zur Entlastung des pädagogischen Personals in den Kitas und schaffe mehr Fachakademien, teilte die CSU-Politikerin mit. Bis 2028 entstünden weitere 200 Studienplätze für Soziale Arbeit und Kindheitspädagogik.
Forderungen von Grünen und SPD
Die Grünen im Landtag kritisierten die Staatsregierung für ihre Kita-Politik. «Seit Jahren warnen Studien, dass die Betreuungsqualität in bayerischen Kitas sinkt. Seit Jahren ist Bayern Schlusslicht im bundesweiten Vergleich. Die pädagogischen Fachkräfte in den Kitas können bei ihrem Arbeitspensum die Kinder nur noch versorgen – für Bildungs- und Förderangebote bleibt da keine Zeit mehr», sagte die Abgeordnete Eva Lettenbauer laut Mitteilung. «Die Söder-Regierung weigert sich, die Arbeitsbedingungen in den Kitas zu verbessern.»
Die Grünen forderten unter anderem einen besseren Personalschlüssel, einen flächendeckenden Ausbau der Pädagogischen Qualitätsbegleitung, Zeit für Fortbildungsmöglichkeiten und bessere Aufstiegschancen für Mitarbeitende in den Kitas. «Wir brauchen eine Entbürokratisierung bei der Anerkennung von ausländischen Qualifikationen und Ausbau von Anpassungs- und Einstiegskursen», sagte Lettenbauer weiter.
Die SPD will die Staatsregierung im Sozialausschuss des Landtags am Donnerstag dazu auffordern, die Finanzierung der Kitas neu zu regeln. Die Betriebskostenförderung für die Kitas müsse angehoben werden. Denn: Die Lücke zwischen den tatsächlichen Kosten und der staatlichen Finanzierung gingen immer weiter auseinander, teilte die sozialpolitische Sprecherin, Doris Rauscher, mit. Die Folgen seien höhere Kosten für die Kommunen oder höhere Elterngebühren. Zudem fordert die SPD ein Sonderinvestitionsprogramm, um den Kommunen beim Kita-Ausbau zu helfen. «Bayernweit fehlen rund 70.000 Plätze – was das bedeutet, wissen alle Eltern, die von Kita zu Kita rennen, nur um wieder zu hören, dass alles belegt ist», sagte Rauscher.
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