Wer ist nach der Flutkatastrophe für Soforthilfe berechtigt? Wie beantragt man sie? Und wie kann man sich vor Hochwasser schützen? Um diese Fragen ging es am Dienstagabend beim Treff im Foyer. Das Expertengespräch stand unter dem Thema "Schwaben nach der Flut – so beseitigen Sie die Schäden und schützen Ihr Haus in der Zukunft". Hans Reichhart (Landrat des Landkreises Günzburg), Sascha Straub (Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bayern), Andreas Hörmann (Diplom-Ingenieur und Heizungsfachmann, Rexroth Heizungsbau Augsburg) und Jan Demharter (unabhängiger Versicherungsmakler) beantworteten alle Fragen der Leserinnen und Leser. Das sind die wichtigsten Antworten.
Wer ist für die Soforthilfe berechtigt und wie kann man sie beantragen?
Reichhart: Wir haben verschiedene Kategorien der Soforthilfe. Haushalte können Soforthilfe bis zu 5000 Euro beantragen. Der volle Beitrag wird gezahlt, wenn Versicherungsschutz bestanden hat oder die Wohnung einfach nicht versicherbar war. Bis zu 2500 Euro werden gezahlt, wenn eine Versicherung möglich gewesen wäre, aber keine abgeschlossen wurde. Bei Ölschäden geht die Hilfe bis zu 10.000 Euro, wenn jemand versichert war oder keine Versicherung möglich war. Wenn dagegen eine Versicherung möglich gewesen wäre, aber keine abschlossen wurde, sind es 5000 Euro. Daneben gibt es Hilfen für Landwirte, Unternehmen, Vereine oder Organisationen.
Wo kann man die Soforthilfe beantragen?
Reichhart: Bei Privathaushalten sind die Landratsämter zuständig. Auf unserer Homepage gibt es eine Eingabemaske, über die man Soforthilfe beantragen kann. Man muss eine Wohnungsbescheinigung oder ein Ausweisdokument hochladen, damit man sieht, dass diese Person dort auch wohnt und antragsberechtigt ist. Es gibt auch Papieranträge, die hat jede Gemeindeverwaltung bei sich liegen. Man hat noch einige Wochen Zeit, um Soforthilfe zu beantragen.
Muss man einen Nachweis vorlegen, wofür man die Soforthilfe verwendet? Besteht die Gefahr, dass man Hilfen zurückzahlen muss?
Reichhart: Man ist frei, das Geld so zu investieren, wie es erforderlich ist. Wir haben ein paar Fälle von Menschen, die definitiv nicht im Hochwassergebiet waren, aber Anträge gestellt haben. Bei denen, die versucht haben zu betrügen, wird man das Geld zurückfordern. Wer Hochwasser hatte, bekommt die Förderung – ganz egal, wofür man die Förderung ausgibt.
Welche Versicherung kommt für die Hochwasserschäden auf?
Straub: Eine Wohngebäudeversicherung greift nur bei Schäden wie Sturm, Hagel, Feuer und Leitungswasserschäden. Für einen Schutz gegen Hochwasser ist eine Erweiterung um eine Elementarschadenversicherung nötig.
Greifen die Soforthilfen und Versicherungen auch, wenn die Schäden durch Grundwasser entstanden sind?
Straub: Wenn das Wasser von außen hereinreinkommt, ist es Oberflächenwasser. Dann greifen die Soforthilfen als auch die Versicherung. Schäden gegen Grundwasser, das durch die Wände oder die Bodenplatte eintritt, sind dagegen nicht versicherbar. Man kann aber oft nicht erkennen, ob es Grund- oder Oberflächenwasser ist. Es kann auch Grundwasser sein, dass sich oben angesammelt hat und dann in den Keller gekommen ist. Da sollte man sich von der Versicherung nicht abwimmeln lassen.
Wie schaut die Beweisführung aus, um zwischen Oberflächen- und Grundwasser zu unterscheiden?
Demharter: In dem Moment, in dem Grundwasser an die Oberfläche tritt, ist es ein Überschwemmungsschaden. Der ist versichert. Die Durchmischung von Oberflächen- und Grundwasser ist dann erst einmal sekundär. Das Wasser darf aber nicht nur vom Grundwasser durch die Wände gedrückt worden sein. Am besten ist ein Foto, auf dem das Wasser raussprudelt, auf dem es an die Oberfläche drückt. Ob ein Gutachter kommen muss, entscheidet die Versicherung. Er wird aber nicht kommen, um zwischen Oberflächen- und Grundwasser zu entscheiden.
Unter welchen Voraussetzungen kann man einen Rückstauschaden über die Versicherung abrechnen?
Demharter: In dem Moment, in dem ich eine sprudelnde Öffnung aus der Kanalisation habe, ob bei einer Toilette oder einem Gulli im Keller, spielt es keine Rolle, ob es durch einen Rückstau oder Oberflächenwasser ausgelöst wurde. Den Rückstau aus der Kanalisation haben eigentlich alle Versicherungen im Versicherungswerk.
Hörmann: Es gibt technische Vorschriften. Die Versicherung wird nach Entwässerungsplänen, nach der Rückstauebene fragen. Da ist nicht das Gelände entscheidend, sondern die Kanalhöhe. Die Versicherung wird auch nach der Wartung von Rückstauventilen fragen. Man muss beim Kauf eines Bestandsgebäudes auf solche Dinge achten.
Was sind die wichtigsten Vorkehrungen, um ein Haus vor Hochwasser zu schützen?
Hörmann: Einfache Mittel, die man als Hausbesitzer tun kann, sind Gullis und Dachrinnenüberläufe reinigen oder Flachdächer im Blick haben. Das sollte man regelmäßig tun. Wenn sich ein Hochwasser abzeichnet, kann man Dinge rechtzeitig aus dem Keller schaffen. Langfristig kann man Lichtschächte oder Kellerabgangstüren mit sogenannten Schotts sichern, die einen gewissen Wasserwiderstand aushalten. Die großen Maßnahmen müssen allerdings von den Kommunen kommen.
Wie kann man die Heizung schützen, wenn das Wasser in den Keller läuft?
Hörmann: Wenn der Wassereindrang nicht mehr zu stoppen ist, sollte man den Strom abschalten. Bei der Heizung hat man wenig Möglichkeiten, etwas zu tun. Wer technisch fit ist, kann etwas abklemmen oder Elektronikbauteile nach oben schaffen. Wenn Dämme brechen und man nur noch eine Stunde Zeit hat, sollte man das Haus verlassen und nicht mehr in den Keller gehen.
Eine Elementarschadenversicherung ist oft sehr teuer. Warum ist das so?
Straub: Es gibt vier Zonen, in denen die Hochwassergefahr eingeordnet wird. Eins heißt, es gibt keine Hochwassergefahr, vier heißt große Gefahr. Dementsprechend sind auch die Risikobewertungen der Versicherungen. 98,5 Prozent der Häuser liegen in Zone eins und zwei, nur 1,5 Prozent in drei und vier. Wenn man in Zone eins oder zwei eine Wohngebäudeversicherung hat, ist man von 100 bis 500 Euro Zusatzbeitrag im Jahr bei einer Elementarschadenversicherung dabei. In Zone drei können es 500 bis 6000 Euro zusätzlich sein. Die Spannweite ist extrem abhängig von der Versicherung.