In der kulinarischen Welt lässt sich schon seit einiger Zeit der Trend ausmachen, längst in Vergessenheit geratene Zutaten zurück auf unsere Teller zu bringen: Wildkräuter. Nicht nur in Form von Salaten erleben sie eine Renaissance. Sie werden auch als Basis für Limonaden oder Liköre, zum Verfeinern herkömmlicher Gerichte, Soßen, Suppen, Smoothies und Konfitüren oder als Beilage verwendet. Doch was macht Wildkräuter so besonders? Sollten wir ihnen, die oft als Unkraut beschimpft werden, mehr Beachtung schenken?
Wildkräuter sind, wie der Name schon sagt, wild wachsende essbare Pflanzen. Man findet sie oft am Wegesrand, in Wäldern, auf Wiesen und Äckern oder in Flussauen. Auch der heimische Garten bietet oft eine Vielzahl dieser „wilden Gesellen“. Ihr Vorteil: Sie sind züchterisch nicht bearbeitet, robust und anpassungsfähig. Zudem wachsen Wildkräuter in der Regel ohne menschliches Zutun, benötigen keine Pflanzenschutzmittel oder Dünger und dienen unter anderem Insekten als Nahrungsquelle.
Brennesseln haben viel mehr Vitamin C als Orangen
Schon bevor es die heutige Vielfalt gezüchteter Sorten gab, bereicherten Wildkräuter den Speiseplan unserer Vorfahren. Brennnesseln, Löwenzahn, Giersch oder Bärlauch stecken voller Vitamine, Mineralstoffe, sekundären Pflanzen- und Bitterstoffen. Sie enthalten oft höhere Konzentrationen davon als Kulturpflanzen. Der Vitamin-C-Gehalt in Brennnesseln etwa ist mehr als sechsmal höher als in Orangen.
Löwenzahnblätter sind reich an Vitamin A, C, B1 und E sowie Kalium und Calcium. All diese Nährstoffe sind wichtig für unsere Gesundheit, zum Beispiel um das Immunsystem und unsere Knochen zu stärken, unsere Sicht zu erhalten, den Stoffwechsel zu unterstützen und das Risiko von bestimmten Krebsarten oder für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Wildkräuter enthalten außerdem eine Vielzahl an sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenole und Flavonoide, die oft antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften haben. Bitterstoffe, die gezüchteten Sorten häufig fehlen, wirken ähnlich und sind eine wichtige Unterstützung für unsere Verdauung.
Wildkräuter sind nicht nur gesund, sondern auch kulinarisch vielseitig. Den meisten bekannt sind Brennnessel, Löwenzahn, Gänseblümchen, Kamille, Sauerampfer, Schafgarbe oder Bärlauch. Aber auch Gundermann, Taubnessel, Vogelmiere, Mohn, Margeriten oder Veilchen können jahreszeitliche Highlights auf unsere Teller zaubern. Die unterschiedlichen Aromen der Kräuter – von bitter über scharf bis hin zu süßlich – eröffnen neue Geschmackshorizonte. Kombiniert mit klassischen Zutaten, Nüssen, Früchten oder einem selbstgemachten Dressing entstehen außergewöhnliche Gerichte, die sowohl Auge als auch Gaumen erfreuen.
Nur so viel sammeln, wie man auch verbraucht
Sicher geht, wer bereits gesammelte oder verpackte Wildkräuter im Handel oder auf Märkten kauft. Sammelt man selbst, lässt sich Verpackungsmüll sparen und Bewegung an der frischen Luft in den Alltag integrieren. Bevor man jedoch loszieht, sollte man einige wichtige Punkte beachten. Nicht alle Wildkräuter sind essbar, einige können sogar giftig sein. Daher ist es ratsam, sich vorab gründlich zu informieren oder an geführten Kräuterwanderungen teilzunehmen. Zudem sollte man beim Sammeln darauf achten, nur so viel zu nehmen, wie man tatsächlich benötigt, um die Bestände zu schonen.
Auch wichtig: Wildkräuter dürfen nicht in Naturschutzgebieten gesammelt werden, um die empfindlichen Ökosysteme nicht zu stören. Hinsichtlich der Belastung mit Schadstoffen ist es sicherer, fernab von stark befahrenen Verkehrswegen zu sammeln. An beliebten „Gassiwegen“ sollte man aus hygienischen Gründen auch besser darauf verzichten. Wer einmal in die Welt der Wildkräuter eintaucht, wird schnell merken, welche Vielfalt die Natur uns zu bieten hat. Es lohnt sich, diese Schätze zu entdecken!
Zur Person: Anja Schwengel-Exner ist Fachberaterin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Bayern.
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