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Essen und Trinken: Weshalb man bei Schokolade auf den Ursprung achten sollte

Essen und Trinken

Weshalb man bei Schokolade auf den Ursprung achten sollte

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    Schokolade ist in jeder Variante eine süße Versuchung – doch die Kakaobohnen sind erst mal gar nicht süß.
    Schokolade ist in jeder Variante eine süße Versuchung – doch die Kakaobohnen sind erst mal gar nicht süß. Foto: stock.adobe.com

    Schon mal ein Schokoladen-Tasting mitgemacht? Bei Konditormeisterin Julia Moser sind alle Sinne gefragt. Gaumen, Nase, Augen und sogar die Ohren! "Jede Tafel knackt und knistert anders, wenn man ein Stück davon abbricht", macht die Schoko-Sommelière aus Bergneustadt bei Köln ihre Besucher aufmerksam: "Schokolade ist eben nicht gleich Schokolade." Was sowohl am Rohstoff, der Kakaobohne, als auch an ihrer Verarbeitung liegt. Ähnlich wie guter Wein können hochwertige Bohnen viele unterschiedliche Geschmacksnoten in sich tragen. Fruchtig, malzig, rauchig oder gar pfeffrig. Auch bei Duft, Farbe und Glanz gibt es Unterschiede. 

    Schokolade ist nicht nur Versuchung und Seelenwärmer, sondern auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Deutschland ist einer der großen Exporteure weltweit. Der Pro-Kopf-Verbrauch wächst ebenso wie das Angebot. Immer neue Sorten kommen dazu, industriell oder in kleinen Serien von Konditorenhand sorgsam gefertigt. Auch preislich – von einem bis 10 Euro pro 100 Gramm – ist der Bogen weit gespannt.

    Julia Moser mit Früchten. Ab Januar wird geerntet. Unter der roten Schale befinden sich die köstlichen Kakaobohnen.
    Julia Moser mit Früchten. Ab Januar wird geerntet. Unter der roten Schale befinden sich die köstlichen Kakaobohnen. Foto: Mike Moser, Chocolia

    An und für sich ist die Kakaobohne ja gar nicht süß. Deshalb nannten die Azteken, ihre Entdecker, Kakao "xocolate". Das heißt "bitteres Wasser". Erst durch Fermentation und Röstung entfaltet die Bohne ihre Aromen und durch Zugabe von Zucker wird sie süß.

    Unglaublich, dass gerade die Menschen, die den meisten Kakao anbauen, kaum wissen, wie Schokolade schmeckt. Weil die Kakaobohnen in den allermeisten Fällen nicht vor Ort, sondern erst bei uns in Europa verarbeitet werden, erzählt Kerstin Weber, Agrarökologin bei der Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). Für die Kleinbauern ist die Süßigkeit in der Regel unerschwinglich. Die Mehrheit lebt unter dem Existenzminimum, vor allem in Westafrika, wo etwa 70 Prozent der Welternte herkommen. Die Not ist einer der Gründe, weshalb Missstände wie Kinderarbeit, schlechte Arbeitsbedingungen und Raubbau an der Natur immer noch an der Tagesordnung sind.

    Kakaofarmer in Afrika verdienen immer weniger Geld für harte Handarbeit

    Bei den Farmern landen nur ein paar Cent. Das meiste stecken Zwischenhändler, die großen Produzenten und Supermarktketten ein. Statt höhere Kakaopreise zu zahlen, womit den Farmer-Familien direkt geholfen wäre, setzen die großen Unternehmen auf Aufklärungskampagnen, lautet die Kritik. Dabei wäre eine Erhöhung möglich, heißt es auf der Webseite von "Gemeinsam für Afrika". Der Kaufpreis pro Tonne Kakao betrage nur halb so viel wie noch in den 1970er Jahren. 

    In Südamerika sieht die Sache noch etwas anders aus. Länder wie Ecuador, Kolumbien und Peru liefern traditionell eher Edelkakao, der bei uns zu hochwertigerer Schokolade verarbeitet wird. Der Anteil des Edelkakaos am Weltmarkt ist allerdings gering. Doch nimmt auch in diesen Ländern der Anteil besonders ertragreichen Hybridkakaos zu, wie Weber berichtet. Sie betreut vor Ort Projekte. Der WWF berät die Farmerinnen und Farmer, wie durch geschickten Anbau und Pflege alter Pflanzen der Ertrag gesteigert werden kann. Anbau in Mischkultur und im Schatten anderer Bäume, unter Urwald ähnlichen Bedingungen und unter Einhaltung der Richtlinien für den Bio-Anbau. Außerdem unterstützt die Umweltorganisation ein Pilotprojekt zur Entwicklung eines Monitoring-Systems: Satelliten-gestützt wird überwacht, dass keine Plantagen sich in den Regenwald im Amazonas-Gebiet hineinfressen. Ziel ist entwaldungsfreier Anbau und die Erhaltung von Artenvielfalt. Solche Projekte kosten viel Zeit und viel Geld.

    Agrarökologin Kerstin Weber ist für den WWF auf Kakaoplantagen in Südamerika unterwegs.
    Agrarökologin Kerstin Weber ist für den WWF auf Kakaoplantagen in Südamerika unterwegs. Foto: Julia Thiemann, WWF

    Kakaobohnen brauchen im Anbau besonders viel Wasser. Auch deshalb ist Schokolade für Kerstin Weber ein besonderes Luxusgut. Sollten Verbraucherinnen und Verbraucher nun besser auf die geliebte "Schoggi" verzichten? Nein, sagt sie. "Genießen Sie Ihre Schokolade in Maßen. Schätzen Sie sie wert und achten Sie auf den Ursprung."

    Das ist gar nicht so leicht: Konsumenten verlassen sich beim Kauf oft auf Nachhaltigkeitssiegel, wie sie auf vielen Supermarktprodukten zu finden sind. Doch die Siegel geben laut Weber keine Garantie für nachhaltigen Schokoladengenuss. Zertifizierungen und Standards könnten zwar eine Orientierung bieten, aber sie seien nur ein kleiner Baustein für die Lösung der Probleme des Kakaosektors.

    Bio-Schokolade: Warum das schwarze Siegel besser ist

    Eine Möglichkeit ist der Kauf von Bio-Schokolade in Kombination mit anderen Siegeln wie Rainforest Alliance und Fairtrade. Bei Fairtrade gibt es zwei verschiedenfarbige Siegel. Besser ist ein Produkt mit dem schwarzen Siegel – hier gibt es nicht die Möglichkeit des umstrittenen Mengenausgleichs mit konventionell hergestellten Rohstoffen. Anders als die Rainforest Alliance garantiert das Fairtrade-Siegel den Bäuerinnen und Bauern einen Mindestpreis pro Tonne Kakao, also eine Art Absicherung in Zeiten niedriger Weltmarktpreise. Rainforest Alliance hat wiederum ein Kriterium zum Schutz der Wälder. 

    Je mehr Angaben der Hersteller zur Kakaosorte, dem Anbau und der Herstellung macht, desto besser. Und auch das ist ein Weg zum nachhaltigeren Genuss: Beim Kauf der Schokolade kann man auf Initiativen achten, bei denen der Großteil der Wertschöpfung vor Ort stattfindet. Bei Fairafric und Pacari beispielsweise wird die Schokolade in den Anbauländern Ghana oder Ecuador selbst hergestellt. Laut Webseite von Fairafric bleiben somit 70 Cent pro Tafel im Land. Pacari, dessen Schokoladen mehrfach bei Wettbewerben ausgezeichnet wurden, ist mit dem WWF eine Kooperation zum Schutz des Regenwalds eingegangen. Ebenfalls in Sachen Nachhaltigkeit engagiert ist das österreichische Label Zotter mit mehr als 500 Sorten im Programm. Auch preisgekrönt: das kleine Label Peru Puro. 

    Für Schokolade aus Edelkakao muss man zwar etwas tiefer ins Portemonnaie greifen. Doch zu Weihnachten als Geschenk auf dem Gabentisch – das wäre doch mal eine Alternative. Besonders, wenn man damit auch noch einen guten Zweck verfolgt.

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