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Eltern-Kind-Kur: Kraft schöpfen für den Familienalltag: Wie Eltern-Kind-Kuren funktionieren

Eltern-Kind-Kur

Kraft schöpfen für den Familienalltag: Wie Eltern-Kind-Kuren funktionieren

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Eine Mutter-Kind-Kur ist dafür da, Zeit zusammen zu verbringen, ohne dass die Belastungen des Alltags da sind.
    Eine Mutter-Kind-Kur ist dafür da, Zeit zusammen zu verbringen, ohne dass die Belastungen des Alltags da sind. Foto: Ramona Heim, stock.adobe.com

    Frische Luft weht über die weiten, grünen Wiesen und durch den Wald rund um die Kurklinik. Ein leichter Nebelschleier unterstreicht heute die Ruhe, die das große weiße Gebäude umgibt. Hier, am Gesundheitszentrum an der Höhle im baden-württembergischen Eberstadt, fühlt man sich sofort wohl. Eine große Glasscheibe ermöglicht von außen einen Blick in einen der Gruppenräume: Mehrere Erwachsene sitzen in einem Stuhlkreis beisammen. Sie alle verbringen hier ihre Mutter- oder Vater-Kind-Kur.

    Einige Eltern sind im familiären Alltag vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Damit sich diese nicht langfristig auf ihre Gesundheit auswirken, kann ein Kuraufenthalt das Richtige sein. Mütter und Väter können in einer spezialisierten Klinik unterschiedliche medizinische Behandlungen bekommen, die sich aus ihren persönlichen und individuellen Situationen ergeben. Häufige Gründe für Überlastungen stellen Zeitdruck, beruflicher Stress, Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Kindern und Beruf oder bei der Erziehung dar. Eltern können dann unter Erschöpfungs- und Angstzuständen, Schlafstörungen oder körperlichen Auswirkungen wie Rückenschmerzen oder Migräne leiden.

    Rund ein Viertel der Mütter gilt als kurbedürftig

    Im Eingangsbereich der Klinik sitzt eine junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter und es scheint, als warten sie auf jemanden. Das schwarzhaarige Mädchen spielt mit einem grauen Plüschkätzchen auf dem Boden. Sie wirken gelassen, während freundliche Pflegeschwestern vorbeigehen und sie grüßen. Durch die große Glasfront am Eingang strömt Tageslicht in das Gebäude und helle Grün- und Gelbtöne verzieren die Wände. Alles lädt zum Bleiben ein.

    Personen, die Sorgearbeit leisten, sich also um jemand anderen kümmern, haben im Gegensatz zu Menschen, die beispielsweise keine Kinder haben, eine ganz besondere gesundheitliche Situation, so Yvonne Bovermann, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks, eine der größten deutschen gemeinnützigen Stiftungen für die Gesundheit von Eltern. Laut dem Müttergenesungswerk sind in Deutschland 24 Prozent der Mütter und 14 Prozent der Väter kurbedürftig. Im Jahr 2021 nahmen insgesamt 42.000 Mütter und 2.200 Väter an einer Kur teil.

    Hier können Eltern und Kinder einmal durchschnaufen: Ausblick von der Kurklinik Höhle.
    Hier können Eltern und Kinder einmal durchschnaufen: Ausblick von der Kurklinik Höhle. Foto: Meike Schulig

    Die AOK Familienstudie 2022 zeigt, dass sich der Gesundheitszustand von Eltern um 12 Prozent im Vergleich zu vor der Pandemie verschlechtert hat. Fehlende Kinderbetreuung, häusliche Isolierung und Homeoffice haben zu zusätzlichen seelischen Belastungen der Eltern geführt. Dabei ist es wichtig, dass sich Eltern nicht nur um die Gesundheit der Kinder sorgen. „Nur wer sich um sich selbst gut kümmert, kann sich auch um andere kümmern“, sagt Anja Kohles, Abteilungsleitung für den Bereich Gesundheit und Familie der AWO Ober- und Mittelfranken. 

    Ein Schwerpunkt der dreiwöchigen Kur kann Erziehung oder psychische Gesundheit sein

    Am Ende eines langen Ganges sitzt Steffen Kreß in seinem Büro und erledigt die tägliche Arbeit. Auf seinem Schreibtisch liegen geordnet Dokumente: Unterlagen der Familien, um die individuellen Therapiepläne für die Kurzeit zu erstellen. Etwa 110 Familien wohnen pro Kurgang in der Kurklinik an der Höhle. "Jeder oder jede kommt hier mit seinem Päckchen", sagt der stellvertretende Geschäftsleiter der Klinik. Darum sei es so wichtig, den Fokus während der dreiwöchigen Kur auf einen bestimmten Behandlungsschwerpunkt, beispielsweise die psychische Gesundheit oder Familie und Erziehung zu legen.

    Der übliche Weg bis zu einem Kuraufenthalt beginnt bei einer Beratungsstelle von kirchlichen Trägern oder Verbänden wie der AWO, dem Roten Kreuz oder der Caritas. Diese Stellen unterstützen und begleiten den Elternteil auf dem Weg bis zu einem Klinikplatz. Die Mutter oder der Vater benötigt zunächst ein ärztliches Attest des Hausarztes oder der Hausärztin, welches dann bei der zuständigen Krankenkasse eingereicht wird. Da der Anspruch auf eine Vorsorgemaßnahme wie einer Kur für Eltern im Sozialgesetzbuch geregelt ist, übernehmen Krankenkassen bis auf einen kleinen Selbstbeteiligungsanteil die Kosten des Kuraufenthalts. "Wenn alle benötigten Dokumente richtig ausgefüllt sind, werden erstmalige Anträge so gut wie nie abgelehnt", sagt Kurberaterin Anneliese Meier von der

    Mit Eltern-Kind-Kuren kann man Abstand vom Trubel gewinnen

    Steffen Kreß blickt in seinen Terminkalender. Heute findet wieder eine der drei wöchentlichen Fallkonferenzen statt. Er bespricht hier mit seinem medizinischen und therapeutischen Team die Situation und Fortschritte der Eltern. "Die Kur ist kein Urlaub", so Kreß. Es gehe darum, an den eigenen Themen und Problemen zu arbeiten, voranzukommen und vor allem auch über die Kur hinaus etwas zu bewirken. 

    Die Kur gibt es auch für Väter mit ihren Kindern.
    Die Kur gibt es auch für Väter mit ihren Kindern. Foto: Meike Schulig

    Eine Kur ist ein kompletter Tapetenwechsel. Rahmenbedingungen wie Haushaltstätigkeiten, Arbeit oder andere tägliche Verpflichtungen fallen weg und Mütter oder Väter haben Zeit, um Veränderungen anzugehen und sich zu erholen. "Eltern sollen mit ihren Kindern Dinge machen können, die in schönen Situationen stattfinden, um sich gegenseitig auch mal wieder von einer anderen Seite kennenzulernen", so Kreß. Dies stärke die Beziehung und spende neue Kraft.

    Kreß blickt aus dem Fenster seines Büros. Das Besondere an dem ländlichen Standort der Klinik, im Gegensatz zu Kliniken in Kurorten oder an der See, sei der Platz und der Abstand vom ganzen Trubel, den die Eltern dringend brauchen.

    Dieser Text ist im Rahmen eines Kooperationsprojekts unserer Redaktion mit dem Master-Studiengang Fachjournalismus der TH Würzburg-Schweinfurt entstanden.

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