Eltern, die regelmäßig Bilder ihrer Kinder in sozialen Netzwerken teilen - jeder hat sie in seinem virtuellen Freundeskreis. Manche zeigen ihre Kleinen halbwegs anonymisiert nur von hinten, andere stellen auch den peinlichen Schnappschuss ins Netz, der den Nachwuchs auf dem Töpfchen zeigt.
Geht es nach dem Deutschen Kinderhilfswerk, gibt es gerade von der zweiten Sorte Eltern viel zu viele. Aus diesem Grund startete der gemeinnützige Verein am Donnerstag eine Facebook-Kampagne: Eltern sollen dafür sensibilisiert werden, dass ihre Kinder selbst das Recht am eigenen Bild besitzen - ohne ihr Einverständnis dürfe theoretisch kein einziges Bild veröffentlicht werden.
"Kinder besitzen ihre Persönlichkeitsrechte auch im digitalen Raum", sagt Isabell Rausch-Jarolimek vom Deutschen Kinderhilfswerk. Mit der Kampagne unterstelle der Verein niemandem eine böse Absicht, aber Eltern müssten für das Thema sensibilisiert werden. Denn nicht nur könnten den Kindern die privaten Bilder später peinlich sein, sie könnten auch in falsche Hände geraten.
Unter bestimmten Punkten spricht nichts dagegen, Fotos zu posten
"Kinder sind Teil des eigenen Lebens", sagt Rausch-Jarolimek. Eltern seien stolz auf den eigenen Nachwuchs und soziale Netzwerke sowie Nachrichtendienste wie Whatsapp seien eine gute Gelegenheit, um mit Bekannten in Kontakt zu bleiben. Unter bestimmten Voraussetzungen spreche ja auch nichts dagegen, private Bilder zu posten. Befolgt man die Ratschläge, die das Netzwerk über seine Facebook-Kampagne und über seine Website verbreitet, kann man aus Sicht des Kinderhilfswerks auch nichts falsch machen.
Das rät das Deutsche Kinderhilfswerk zu Fotos im Netz
1. Beziehen Sie Ihr Kind ein.
Bevor Sie ein Bild Ihres Kindes über Soziale Online-Netzwerke oder über Apps veröffentlichen, fragen Sie es nach seiner Zustimmung und respektieren Sie diese Entscheidung. Wichtig ist es, das Kind möglichst früh in die Bildauswahl einbeziehen und mit ihm über Gründe für oder gegen das Onlinestellen von Fotos zu besprechen.
2. Vermeiden Sie möglichst die Preisgabe personenbezogener Daten des Kindes im Zusammenhang mit einem Foto.
Posten Sie niemals den vollständigen Namen des Kindes im Zusammenhang mit einem Foto. Das verringert die Möglichkeit der Auffindbarkeit des Fotos über Suchmaschinen. Vermeiden Sie möglichst auch Fotos, die Rückschlüsse auf Orte erlauben, wie z.B. den Kindergarten, die Schule oder sogar das Wohnhaus.
3. Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Sicherheits- bzw. Privatsphäre-Einstellungen in Sozialen Online-Netzwerken.
Das Einschränken des Empfängerkreises der eigenen geposteten Inhalte ist mehr als sinnvoll, wenn das Risiko verringern möchte, dass eigene Inhalte und Fotos unkontrolliert im Netz kursieren. Kontrollieren Sie regelmäßig die eigenen Privatsphäre- und Sicherheitseinstellungen, um sicher zu gehen, wer Ihre Posts sehen kann.
4. Posten Sie keine Fotos von Kindern in peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situationen.
Was für Eltern oder Erwachsene im ersten Moment witzig oder lustig erscheint, ist den Kindern in einigen Jahren vielleicht höchst unangenehm. Prüfen Sie auch, was noch auf dem Foto zu sehen ist, z.B. eventuell unangenehme Dinge im Hintergrund. Sind noch andere Kinder auf dem Foto zu sehen, holen Sie sich das Einverständnis der Eltern ein.
5. Überlegen Sie, ob es für die Bildaussage des Fotos zwingend notwendig ist, das Gesicht des Kindes zu zeigen.
Es gibt viele Alternativen, Kinderfotos zu posten, ohne die Persönlichkeitsrechte von Kindern zu verletzen. Gesichter können durch gezielte Platzierung von Emojis oder durch Verpixelung/Unschärfe unkenntlich gemacht werden. Fotos, die Kinder von hinten zeigen oder mit Detailaufnahmen (z.B. Hände oder Füße) arbeiten, sind in der Regel unbedenklich.
6. Nehmen Sie Ihre Vorbildfunktion wahr.
Als Erwachsene, insbesondere als Eltern oder Großeltern, haben Sie eine Vorbildfunktion für Kinder. Wenn Sie verantwortungsbewusst mit Fotos von sich und Ihren Kindern in Sozialen Medien umgehen, profitieren auch Ihre Kinder davon.
Drei Wochen lang wird der Facebook-Auftritt des Vereins nun von der Kampagne bestimmt. "Liebe Mama, lieber Papa, denkt nach, bevor ihr postet!", lautet der Satz, mit dem Kinderbilder versehen werden, die Kinder in genau den Situationen zeigen, die Eltern demnach gerne online teilen. Isabell Rausch-Jarolimek und ihre Kollegen vom Kinderhilfswerk hoffen, dass möglichst viele Menschen die Posts der Kampagne teilen und sich den Aufruf auch selbst zu Herzen nehmen.
Rein rechtlich gilt, dass ein Kind ab dem Alter von 14 Jahren den Eltern ausdrücklich die Erlaubnis geben muss, ein Bild vom ihm zu posten. Dann, so argumentiert die Justiz, könne es die Folgen abschätzen. Aber auch jüngere Kinder besitzen das Recht am eigenen Bild selbst.
Es ist erst ein Jahr her, dass eine 18-jährige Österreicherin ihre Eltern verklagt haben soll. Der Grund: Vater und Mutter hatten über Jahre hinweg mehr als 500 Fotos auf Facebook hochgeladen. Hauptsächlich Kinderfotos, die die Kleine zum Beispiel auf dem Töpfchen sitzend zeigten oder wie sie nackt im Kinderbett lag. Der Fall rückte die Persönlichkeitsrechte von Kindern in den medialen Fokus.
Auch Whatsapp birgt Gefahren
In der Kampagne des Deutschen Kinderhilfswerks geht es hauptsächlich um das Teilen von Bildern in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram. "Hier besteht das Risiko, dass sich die Bilder weiterverbreiten", sagt Rausch-Jarolimek. Aber auch im Nachrichtendienst Whatsapp bestehe diese Gefahr. Da der Dienst aber ein Mittel zur Individual-Kommunikation sei, sei die Gefahr dort nicht ganz so hoch.
Wohl aus diesem Grund benutzen viele Eltern, die auf Facebook keine Bilder des Nachwuchses posten, Schnappschüsse ihrer Kinder aber trotzdem auf ihren Profilbildern beim Whatsapp. Und vergessen dabei, dass sie mit der Nutzung von Whatsapp auch den Geschäftsbedingungen des Dienstes zugestimmt haben. Und in denen steht, dass Whatsapp, genau wie Facebook, verwendete Fotos unentgeltlich selbst nutzen und zum Beispiel zu Werbungszwecken weitergeben darf. Wer also wirklich sicher gehen möchte, achtet auch bei Whatsapp darauf, dass die Kinder nicht eindeutig zu identifizieren sind. fino
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