Vorweg meine persönliche Einschätzung: Die allermeisten Tierbesitzer sind grundvernünftige Menschen. Sie besprechen so wichtige Themen wie Impfungen mit dem Tierarzt und lassen sich aufklären, welche Schutzspritze wann notwendig ist. Eine gute Durchimpfungsrate hat beispielsweise dazu geführt, dass eine auch für Menschen tödliche Viruserkrankung wie Tollwut in unseren Breiten gar nicht mehr vorkommt. Und wer je einen kleinen Hund mit Parvovirose gesehen hat, wie er mit quälendem Erbrechen, blutigem Durchfall und hohem Fieber um sein Leben kämpft, der kann kein Gegner dieser Impfung mehr sein.
Dennoch: Die Tatsache, einem gesunden Tier eine Spritze geben zu lassen, verunsichert Menschen. Das ist verständlich. Entscheidend ist aber die Frage: Wem vertrauen verunsicherte Menschen, wenn sie sich näher informieren? Bei einigen Besitzern bilden abstruse Geschichten aus den sozialen Medien die Grundlage ihrer Entscheidung. So kam es, dass ich kürzlich eine Diskussion darüber führen durfte, ob Impfungen beim Welpen zu Hundeautismus führen würden.
Hund impfen: Warum wird so oft über Zusammenhänge zwischen Impfungen und Autismus geredet?
Gewiss, es gibt sehr spezielle Hundecharaktere. Solche, die mit anderen Hunden nichts am Hut haben, die nur mit Gegenständen anstatt mit Artgenossen spielen, die minutenlang in die Weite starren, sich kaum ansprechen lassen und in ihrer ganz eigenen Welt zu leben scheinen. Ob solche sonderbaren Hunde aber nun autistisch sind, lässt sich nicht beantworten. Es fehlt an wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem speziellen Thema.
Was es aber gibt, ist die Geschichte, weshalb so oft über Zusammenhänge zwischen Impfungen und Autismus erzählt wird: Alles begann Ende der 1990er Jahre in Großbritannien. Der Human-Mediziner Andrew Wakefield hatte mit einem Team erstmals die Hypothese veröffentlicht, dass Autismus bei Kindern durch eine spezielle Impfung entstanden sei. Zwölf Fälle führte er in seiner Publikation an. Daraufhin wurden größere Studien gestartet, die Hypothese konnte aber nicht bestätigt werden. Wenige Jahre später nahm die Geschichte eine verrückte Wendung. Es kam heraus, dass es sich bei Wakefield um einen Betrüger handelte. Er war für seine Publikation bezahlt worden. Und zwar von Anwälten, die den Impfstoffhersteller im Namen der Eltern verklagen wollten.
Gegen welche Krankheiten sollten Hunde geimpft sein?
Was blieb? Ein Arzt, der 2010 seine Zulassung verlor, Mitautoren, die ihre Interpretationen der Studie zurückzogen – und etliche Falschmeldungen im Internet, die bis heute weiterverbreitet, nun auch noch auf Tiere übertragen und bei einigen gern geglaubt werden.
Tiermedizinisches Fazit: Gegen Parvovirose, Leptospirose, Staupe und Tollwut sollten Hunde jederzeit geschützt sein. Weitere Impfungen gegen andere Krankheiten können individuell ergänzt werden. Über mögliche Nebenwirkungen informiert Sie Ihr Tierarzt.
Zur Autorin: Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.
Mehr hilfreiche Informationen finden Sie hier in unserem Ratgeber zum Thema Haustiere.
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