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Beruf: Bewegung, essen und atmen: Fachleute geben Tipps, wie Pause machen bei der Arbeit gelingt

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Bewegung, essen und atmen: Fachleute geben Tipps, wie Pause machen bei der Arbeit gelingt

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    Um sich während der Mittagspause wirklich zu erholen, empfehlen Fachleute, währenddessen den Arbeitsplatz zu verlassen. Ideal ist es, in die Natur zu gehen.
    Um sich während der Mittagspause wirklich zu erholen, empfehlen Fachleute, währenddessen den Arbeitsplatz zu verlassen. Ideal ist es, in die Natur zu gehen. Foto: C. Jaspersen, dpa (Archiv)

    Überarbeitung ist gut fürs Renommee – Entspanntsein eher nicht. Dieses Vorurteil ist in vielen Köpfen verankert, Arbeitswochen von 55 oder mehr Stunden sind ein globales Problem. Seine Folge sind etwa: Herzinfarkte, Schlaganfälle, Burnout. Um das zu verhindern, brauchen Körper und Geist Pausen. Aber mehr als jeder vierte Beschäftigte in Deutschland arbeitet ohne Pause durch, zeigt eine Erhebung des Bundesarbeitsministeriums. Wie also richtig Pause machen? Drei Fachleute geben Tipps. 

    Julia Scharnhorst, 62, ist Psychologin, Psychotherapeutin und Inhaberin der Unternehmensberatung Health Professional Plus für Gesundheit am Arbeitsplatz im schleswig-holsteinischen Hetlingen. Zudem hat sie das Buch "Pausen machen munter – Kraft tanken am Arbeitsplatz" geschrieben.

    Julia Scharnhorst sagt, es sei ideal, die Mittagspause im Freien zu verbringen.
    Julia Scharnhorst sagt, es sei ideal, die Mittagspause im Freien zu verbringen. Foto: Julia Scharnhorst

    In Pausen ist es hilfreich, etwas anderes zu tun als das, was man bei der Arbeit macht. Wer den ganzen Tag gesessen hat, sollte sich bewegen. Wer die meiste Zeit auf den Beinen war, dem tut es gut, sich hinzusetzen. Wenn jemand viel mit Menschen zu tun hatte, dann rate ich ihm, sich in der Pause auch einmal zurückzuziehen. Und Menschen, die den ganzen Tag am Bildschirm arbeiten, sollten in den Pausen nicht zum Handy greifen. 

    Wichtig ist, dass eine Pause wirklich eine Pause ist. Deshalb sollte man unbedingt den Arbeitsplatz verlassen. Die Natur ist ein wunderbarer Gegenpol zu Stress. Wenn man sich mit Kolleginnen und Kollegen zum Spazierengehen verabredet, ist es aber wichtig, die Vereinbarung zu treffen, nicht über die Arbeit zu sprechen. 

    Beschäftigte sollten Pausen unbedingt einhalten

    Jeweils nach eineinhalb Stunden sollten kurze Pausen eingelegt werden. Es reicht, sich ein wenig zu strecken oder einen Kaffee zu holen. Ich rate dringend, die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen auch zu nehmen. Pausen ausfallen zu lassen, um womöglich früher in den Feierabend zu gehen, ist keine gute Idee. Wir können Pausen nicht verschieben. Wir sind nicht in der Lage dazu, uns stundenlang am Stück zu konzentrieren. Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Verspannungen oder Gereiztheit sind nur einige von zahlreichen Symptomen, die sonst auftreten können. 

    Menschen, die in Bürojobs arbeiten, empfehle ich Entspannungsübungen. Etwa die sogenannte Venenpumpe. Sie regt sowohl den Kreislauf als auch die Durchblutung an. Dazu hebt man die Unterschenkel, zieht die Füße Richtung Schienbein und entspannt dann wieder. Macht man das mehrmals hintereinander, fühlt man sich fitter. Hintergrund ist, dass sich dadurch der Rückfluss des Blutes verbessert. Das ist eine Übung, die man im Büro gut umsetzen kann, da sie keiner mitbekommt. 

    Johannes Wendsche, 41, ist Psychologe an der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dresden im Fachbereich Arbeit und Gesundheit. Er hat zur Wirkung von Kurzpausen promoviert. 

    Johannes Wendsche von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sagt, der Mensch schaffe mehr, wenn er mehr Pausen mache.
    Johannes Wendsche von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sagt, der Mensch schaffe mehr, wenn er mehr Pausen mache. Foto: Bundesanstalt Für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin/baldauf & Baldauf Fotografie

    Pausen haben verschiedene Funktionen. Arbeiten wir, wird der Körper beansprucht. Pausen helfen, die Folgen wie Müdigkeit oder Langeweile abzubauen. Sie sind auch dazu da, um Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst oder sozialen Kontakt zu stillen, etwa wenn man in der Pause kurz die Familie anruft oder sich mit Kolleginnen und Kollegen unterhält. Außerdem können Pausen motivieren und den Tag strukturieren. Wenn der Tag untergliedert ist, wirkt sich das positiv auf den Körper und die Arbeitsleistung aus. 

    Mit jeder Arbeitsstunde steigt die Ermüdung an. Also sollte man unbedingt Pause machen, bevor eine extreme Übermüdung einsetzt. Vor allem zu Beginn einer Pause erholt man sich. Deswegen: am besten eine Ruhepause von 15 bis 30 Minuten um mehrere Kurzpausen, die über den Tag verteilt liegen, ergänzen. Bei einer Dauer von etwa drei bis 14 Minuten spricht man von einer Kurzpause. Die bringen viel. 

    Durch Pausen kann die Kreativität steigen

    Es ist gut belegt, dass man durch Kurzpausen mehr schafft und bessere Arbeitsergebnisse erlangt, obwohl man zeitlich gesehen weniger gearbeitet hat. Es gibt Befunde, die zeigen, dass durch regelmäßige Pausen die Kreativität und das Problemlösevermögen gefördert werden. Kurzpausen sind gesetzlich nicht vorgeschrieben. Man sollte sie mit seinem Arbeitgeber absprechen oder durch Dienstvereinbarungen regeln. 

    Welche Pause guttut, hängt stark von den Arbeitsaufgaben ab. Wer eine komplexere Tätigkeit hat, sollte längere Pausenintervalle wählen. So gelingt es, die Aufgabe noch zu beenden. Das menschliche Gehirn hat den Wunsch, eine Aufgabe zu Ende zu bringen, bevor es eine neue beginnt. Schafft man das nicht, bleibt das im Arbeitsgedächtnis verhaftet und wir erholen uns nicht so gut. 

    Olaf Hars, 53, ist systemischer Business Coach, wissenschaftlicher Berater und promovierter Humanbiologe in Berlin. Er berät seine Klientinnen und Klienten unter anderem im Zeit- und Ressourcenmanagement sowie beim Thema Work-Life-Balance.

    Olaf Hars empfiehlt, in Pausen bestimmte Dinge umzusetzen: eine wirkliche Pause einlegen, sich bewegen, trinken, Sauerstoff tanken und eine Kleinigkeit essen.
    Olaf Hars empfiehlt, in Pausen bestimmte Dinge umzusetzen: eine wirkliche Pause einlegen, sich bewegen, trinken, Sauerstoff tanken und eine Kleinigkeit essen. Foto: Eva Radünzel

    Wir leben in einer Welt, in der ganz viele Dinge linear ablaufen. Die Glühbirne leuchtet, bis sie kaputtgeht. Das Auto fährt, bis es kein Benzin oder keinen Strom mehr hat. Lebewesen funktionieren anders: Sie sind zyklisch. Das heißt, es gibt Kreisläufe von Anspannung und Entspannung. Wenn Energie in Form von Leistung erbracht wurde, leitet der Körper einen Regenerationszyklus ein. Der Mensch stemmt sich oft dagegen. Wenn wir das Signal aber immer wieder missachten, können wir es irgendwann nicht mehr richtig wahrnehmen. Das kann gefährlich werden. 

    Ich empfehle, alle guten Dinge, die zu einer schnellen Regeneration beitragen, zu bündeln und sie sich bei jeder kleinen Pause als Routine anzugewöhnen. Die "Big Five" nenne ich das. Der erste Punkt ist, sich um wirkliche Pausen zu kümmern. Dann Bewegung: aufstehen, sich recken und strecken, wenn möglich, Entspannungsübungen machen. Was völlig unterschätzt wird: trinken. Wenn nur ein winziger Wassermangel im Körper ist, schaltet er auf Sparmaßnahme. Dann wird das Gehirn als energiehungrigstes Organ heruntergedimmt. 

    In Deutschland ist Leistung eines der höchsten Güter

    Der nächste wichtige Faktor ist Sauerstoff. Wir sind darauf getrimmt, draußen zu sein. Tendenziell haben wir in der heutigen Zeit aber immer zu wenig Sauerstoff. Daher sollte man in jeder kurzen Pause das Fenster aufreißen und tiefe Luftzüge nehmen. Der letzte wichtige Punkt ist, etwa in jeder zweiten kurzen Pause eine Kleinigkeit zu essen. Aber auf gar keinen Fall etwas Süßes, sondern etwas, wobei der Körper eine Weile braucht, um die Energie herauszuholen. Einen Müsliriegel oder einen Joghurt zum Beispiel.

    In Deutschland ist Leistung eines der höchsten Güter. Wenn man sagt, man sei sehr im Stress und habe wenig Zeit, ist das gesellschaftlich ein akzeptierter, sogar honorierter Zustand. Wenn man dagegen entspannt ist und früher Feierabend macht, denken viele, man sei faul und habe innerlich gekündigt. Das muss sich ändern. Führungskräfte sollten die Pioniere einer gesunden Pausenkultur sein.

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