Viele Arbeitnehmer müssen in diesen Tagen ihren Urlaub für 2021 festlegen. Planen ist allerdings durch die Corona-Pandemie kompliziert geworden - vor allem, wenn es ums Reisen geht. Wohl kaum einer will seinen Urlaub auf mögliche Lockdown-Phasen legen. Wer noch dazu verreisen möchte, könnte auf die Idee kommen, seinen Urlaub bevorzugt in der zweiten Jahreshälfte zu nehmen - schließlich könnte die Bekämpfung der Pandemie dann endlich soweit sein, dass Reisen leichter möglich sind.
Die Befürchtung der Arbeitgeber: Wenn im Frühjahr niemand Urlaub nehmen will, drohen später leere Büros. Deshalb machen einige ihren Mitarbeitern die Vorgabe, den Urlaub über das Jahr zu verteilen. Doch ist so eine Vorgabe überhaupt erlaubt?
Muss ich den Urlaub wegen Corona über das Jahr verteilen?
Das weiß Professorin Martina Benecke, die an der Uni Augsburg den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht innehat. Entscheidend ist ihrzufolge das Bundesurlaubsgesetz, sie gibt aber zu bedenken: "Dessen Regelungen können durch Tarifverträge und gegebenenfalls auch Betriebsvereinbarungen modifiziert werden." Die Regeln können in bestimmten Branchen und Firmen also abweichen.
Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber kann eine Genehmigung des eingereichten Urlaubes verweigern, wenn "dringende betriebliche Belange" dem entgegenstehen, zitiert Benecke aus dem Gesetzestext. Sie sagt: "Solche können sich natürlich auch aus Corona, staatlichen Maßnahmen und Lockdownbeschlüssen ergeben."
Der Arbeitgeber muss den Urlaub außerdem zusammenhängend genehmigen. Doch es gibt eine Einschränkung: Das gilt nur, "wenn - auch hier - nicht dringende betriebliche Belange dagegensprechen", sagt Benecke. "Dringend heißt aber mehr als für den Arbeitgeber praktischer oder günstiger" erläutert die Professorin. "Es muss eine Zwangslage bestehen." Wenn es sich um ein Unternehmen mit Betriebsrat handelt, darf dieser mitbestimmen.
Darf ich meinen Urlaub für die nächsten Jahre aufsparen?
Arbeitnehmer könnten wegen der unsicheren Reise-Lage auch auf die Idee kommen, sich Urlaub aufzusparen. Das ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich. "Der Urlaub ist eigentlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, damit der Erholungszweck auch erreicht wird", sagt Benecke. "Ausnahmen gelten aus - man ahnt es - dringenden betrieblichen Gründen oder solchen in der Person des Arbeitnehmers." Als dringender persönlicher Grund seitens des Angestellten genügt es nicht, dass man nicht reisen kann. Das Bundesurlaubsgesetz regelt den Anspruch auf Urlaub, einen Anspruch auf Reisen gibt es hingegen nicht.
Aus demselben Grund kann ein Arbeitnehmer seinen schon genehmigten Urlaub nicht einfach verschieben, wenn eine geplante Reise platzt. Nicht genommene Urlaubstage aus dem vergangenen Jahr sind laut Gesetz nur bis Ende März gültig. Wenn sie bis dahin nicht genommen wurden, verfallen sie - bevor das passiert muss der Arbeitgeber aber darauf hinweisen. Benecke merkt an, dass viele Tarifverträge darüber hinausgehende Regeln enthalten.
Urlaub im Corona-Risikogebiet: Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, wohin ich fahre?
Noch etwas hat sich durch die Pandemie in Sachen Reiseurlaub geändert: Bisher konnte es dem Arbeitgeber relativ gleichgültig sein, ob sein Mitarbeiter die freie Zeit in Italien, auf Bali, in den USA oder in Brasilien verbracht hat. Jetzt ist der Urlaubsort plötzlich ein Thema - schließlich könnte es sich dabei um ein Corona-Risikogebiet handeln. "Das Reiseziel geht den Arbeitgeber eigentlich nichts an und muss auch nicht genannt werden", verdeutlicht Benecke. Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Reiseziel mit einem sehr hohen Risiko verbunden ist, dass man bei seiner Rückkehr die Kollegen anstecken könnte. Denn der Arbeitgeber hat eine Schutzpflicht für deren Gesundheit. Das, so schätzt Benecke, komme aber nur bei Urlaubszielen in Betracht, "die wesentlich gefährlicher sind als der Urlaub daheim."
Der Arbeitgeber darf seinen Angestellten bei dessen Rückkehr übrigens nicht in Quarantäne schicken: "Der Arbeitgeber darf überhaupt keine Quarantäne anordnen, das darf nur das Gesundheitsamt", erklärt die Professorin. Wenn der Arbeitgeber einen Corona-Fall befürchtet, darf er dem Mitarbeiter allerdings verbieten, das Büro oder das Betriebsgelände zu betreten - denn hier hat er Hausrecht. Er kann den Mitarbeiter zudem anweisen, im Homeoffice zu arbeiten, wenn das dem Schutz der anderen Angestellten dient.
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