Ein neuer Bürgersteig, helle Lampen und viel Grün - das sieht jeder Anwohner gerne. Bis dann die Rechnung kommt. Denn Anlieger-Beiträge im fünfstelligen Bereich sind beim Straßenausbau keine Seltenheit. Das Geld müssen oft die Eigentümer aufbringen. Es gibt aber Möglichkeiten, sich zu wehren.
Gemeinde und Kommunen können ihre Bürger am Bau von Straßen und Abwasserkanäle beteiligen. Noch im 19. Jahrhundert gab es sogenannte Hand- und Spanndienste im Straßenbau - so wurden Bürger zum Anpacken verpflichtet. Der zentrale Gedanke hat sich gehalten: "Wer die Möglichkeit hat, die Straße zu benutzen oder sein Grundstück durch das Anlegen der Straße zu bebauen, soll sich an den Herstellungskosten beteiligen", erklärt Birgit Wagner, Verwaltungsdirektorin des hessischen Städte- und Gemeindebunds.
Städte und Gemeinde bestimmen in ihren Satzungen, wie sie die Kostenbeteiligung gestalten. Im ersten Kostenblock unterscheiden sie zwischen der Erschließung, dem Ausbau und der Erneuerung einer Straße. Für die Erschließung können sie bis zu 90 Prozent der umlagefähigen Kosten auf die Eigentümer entfallen. "Beim Straßenausbau sind es bis zu 75 Prozent", sagt Holger Becker vom Verband der Deutschen Grundstücksnutzer (VDGN). Als umlagefähig gelten das Anlegen von Fahrbahnen, Geh- und Radwegen sowie von Entwässerung, Beleuchtung, Bäumen und Sträuchern. Brücken, Stützmauern oder das Entfernen alter Bürgersteige gehören nicht dazu.
Zweiter wichtiger Punkt ist die Grundstücksgröße. Die Kommunen schlüsseln die Kosten auf die einzelnen Eigentümer laut Becker fast ausnahmslos nach bebaubarer Fläche auf. Manchmal ziehen sie zusätzlich die erlaubte Geschosshöhe, der Nutzungsfaktor, als Multiplikator mit heran.
Höhe des Beitrags hängt von den Baukosten der Straße ab
Nach Erfahrungen des VDGN reicht die Spanne praktisch von 3 bis 50 Euro pro Quadratmeter. "Je nachdem, ob Kommunen günstig oder weniger günstig bauen lassen." Die Bandbreite erklärt, warum sich manche Eigentümer Forderungen im fünfstelligen Bereich erhalten: Ein Anliegerbeitrag von nur 8 Euro pro Quadratmeter summieret sich schnell - für ein 1000 Quadratmeter großes Grundstück ergeben sich dann 8000 Euro. Bei Eckgrundstücken kann der Betrag noch deutlich höher ausfallen. Wenn Eigner etwa Pech haben, dass alle ans Grundstück grenzenden Straßen erneuert werden, können sie mehrfach zur Kasse gebeten werden. Dafür finden sich in den kommunalen Satzungen meist Härtefallregelungen.
Oft müssen Eigentümer auch zahlen, wenn ihre Fläche nicht direkt an die Straße angrenzt, das Grundstück aber von dort aus zugänglich ist. Auch Wohnungseigentümergemeinschaften erhalten Beitragsbescheide. Maßgeblich für deren Anteil ist die in der Teilungserklärung festgelegte Verteilung der Fläche, erläutert Becker.
Dritter Punkt ist die Lage des Grundstücks. Als Faustregel gilt: "Je höher der Anteil der Fremdnutzer, desto niedriger der Anteil der Anlieger", erläutert Sibylle Barent vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Das bedeutet: Je stärker es Richtung ruhiges Wohnviertel und Anliegerstraße geht, desto teurer kann es werden. Doch wer an einer Durchgangsstraße wohnt, muss meist absolut gesehen mehr als seine Nachbarn zahlen. Denn Straßen, die viel befahren sind, müssen meist aufwendiger hergerichtet werden.
Anliegerbeiträge sind meist innerhalb eines Monats an die Kommune zu überweisen. Teils können Anlieger auch mit Kommunen eine Stundung oder Ratenzahlung vereinbaren. Ein Rechtsanspruch besteht aber nicht. "Im schlimmsten Fall muss das Haus verkauft oder ein Kredit aufgenommen werden", sagt Barent.
So wehren Sie sich gegen den Beitrag zum Straßenausbau
Wer sich gegen den Beitragsbescheid wehren will, muss zunächst bei der Kommune Widerspruch einlegen - innerhalb eines Monats. Achtung: "Dieser Schritt entbindet nicht von der Zahlungspflicht", warnt der Frankfurter Rechtsanwalt Sven Ludwig. Er hat früher in der Stadtverwaltung von Marburg Beitragsbescheide bearbeitet und rät: Parallel zum Widerspruch sollten Betroffene unbedingt einen Antrag auf Aussetzung der Beitragsvollziehung einreichen. So schaffen Eigner die Basis für ein Eilverfahren - laut Ludwig die schnellere und billigere Variante als eine klassische Klage. Ohne diesen Antrag nehmen die Verwaltungsgerichte keinen Eilantrag an.
Grundstückseigentümer profitieren dann auch von einem Zahlungsaufschub. "Während des Verfahrens lassen die Kommunen in der Regel nicht vollstrecken", sagt Ludwig. Die Richter schätzen ab, ob der kommunale Bescheid rechtswidrig ist. Wenn ja, ändert die Kommune meistens ihren Bescheid. Die während des Eilverfahrens verlangten Säumniszuschläge bekommen Eigentümer von der Gemeinde nur zurück, wenn das Gericht den Zahlungsaufschub rückwirkend gewährt.
Eigentümer eines Privatgrundstückes können versuchen, die Anlieger- und Erschließungsbeiträge beim Finanzamt geltend zu machen, erklärt Bettina Bethge von der Bundessteuerberaterkammer. Ob der Fiskus die Aufwendungen als abzugsfähige Handwerkerleistung anerkennt, hängt vom jeweiligen Amt ab. Laut einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums sollten sie dies nicht tun. Anders sieht es beim Verkauf des Grundstückes aus: Die Anliegerbeiträge können die Steuerlast mindern, die durch den Veräußerungsgewinn anfällt. dpa/tmn